Ich lese viel und schreibe bei vielen Büchern eine Rezension, die hier veröffentlicht ist. Ich schreibe solche Kritiken auch für mehrere Verlage und deren Bücher. |
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2021 |
Freund, René 2021. @book{Freund2021, title = {Das Vierzehn-Tage Date}, author = {René Freund}, year = {2021}, date = {2021-08-06}, abstract = {FREUND, René: „Das Vierzehn-Tage Date“, Wien 2021 In der Pandemie und ihren Lock Down hatten alle viel Zeit. Auch Schriftsteller. Einer nützte es, um sich dem aktuellen Thema zu widmen: René Freund. Er tat es mit einer Quarantäne-Geschichte. In der Internetplattform „Tinder“ kann man sich ein Date ausmachen. So tat auch es auch David und es meldete sich Corinna. Sie kam zum Treffen in der Wohnung von David zu spät. Die Beiden waren so unterschiedlich, dass Corinna nach kurzer Zeit schon wieder gehen wollte. Sie blieb aber zu einem Abendessen. Sie bestellten eine Pizza und Wein. Gebracht wurde sie von Corinnas Chef (sie arbeitete in einer Pizzeria als Kellnerin). Er küsste sie und schenkte dem Tinder-Paar das Gebrachte. Corinna war nervös. Ihr Gegenüber war ihr intellektuell überlegen. Ein Musiker, ein Musiklehrer aus gutem Haus. Sie eine einfache Frau. So trank sie viel Alkohol, um dieses Minderwertigkeitsgefühl zu überspielen. Das führte zu einer starken Trunkenheit und sie blieb eine Nacht, an die sie sich aber nachher nicht mehr erinnern kann. An diesem Folgetag erschien ein in Plastikgewand geschützter Beamter und teilte den beiden mit, dass der Pizzamann positiv auf Covid19 getestet wurde und sie beide daher 14 Tage in Quarantäne bleiben müssen. Ein Schock. Und darauf baut dieser Roman auf. Diese, so unterschiedlichen Menschen müssen zusammenleben. Irgendwie wird es aber doch eine Freundschaft, auch wenn es nicht zu Sex kam. Ganz im Gegenteil. Corinna berät David, wie er zu einer Kollegin, die er sehr verehrt, Kontakt knüpfen kann. Sie wird im Laufe der 14 Tage die Lieferantin für Essen und Getränke. Der Autor legt den beiden isolierten Menschen auch gesellschaftspolitische Diskussionen in den Mund. Corinna etwa klassifiziert fünf Typen von Männern. Sie bringt dabei ihre Erfahrung mit Männern ein, wie bindungsfähig sie sind: • Der Einser ist der Perfekte. • Der Zweier ist der verkappte Frauenhasser • Der Dreier ist verheiratet und hat Kinder. • Der Vierer ist das große Kind. • Der Fünfer ist der Kumpeltyp. Viel diskutieren sie über diese Pandemie und ihre Bekämpfung. Einerseits kommen negative Argumente. Andererseits sieht ein Partner auch etwas Positives in der Situation, auch wenn es für die Beiden im Augenblick des Geschehens nicht so ist. Ungewöhnlich dann der Ausgang, den ich hier aber nicht verrate. Nur so viel: es wird kein kitschiges Happy End. Auch bei den Namen der Proponenten hat sich René Freund etwas überlegt: Davids Tinder Name ist David19. Kombiniert mit den Anfangsbuchstaben von Corinna und dem zweiten Teil von Davids Namen ergibt dies Co-vid19 }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } FREUND, René: „Das Vierzehn-Tage Date“, Wien 2021 In der Pandemie und ihren Lock Down hatten alle viel Zeit. Auch Schriftsteller. Einer nützte es, um sich dem aktuellen Thema zu widmen: René Freund. Er tat es mit einer Quarantäne-Geschichte. In der Internetplattform „Tinder“ kann man sich ein Date ausmachen. So tat auch es auch David und es meldete sich Corinna. Sie kam zum Treffen in der Wohnung von David zu spät. Die Beiden waren so unterschiedlich, dass Corinna nach kurzer Zeit schon wieder gehen wollte. Sie blieb aber zu einem Abendessen. Sie bestellten eine Pizza und Wein. Gebracht wurde sie von Corinnas Chef (sie arbeitete in einer Pizzeria als Kellnerin). Er küsste sie und schenkte dem Tinder-Paar das Gebrachte. Corinna war nervös. Ihr Gegenüber war ihr intellektuell überlegen. Ein Musiker, ein Musiklehrer aus gutem Haus. Sie eine einfache Frau. So trank sie viel Alkohol, um dieses Minderwertigkeitsgefühl zu überspielen. Das führte zu einer starken Trunkenheit und sie blieb eine Nacht, an die sie sich aber nachher nicht mehr erinnern kann. An diesem Folgetag erschien ein in Plastikgewand geschützter Beamter und teilte den beiden mit, dass der Pizzamann positiv auf Covid19 getestet wurde und sie beide daher 14 Tage in Quarantäne bleiben müssen. Ein Schock. Und darauf baut dieser Roman auf. Diese, so unterschiedlichen Menschen müssen zusammenleben. Irgendwie wird es aber doch eine Freundschaft, auch wenn es nicht zu Sex kam. Ganz im Gegenteil. Corinna berät David, wie er zu einer Kollegin, die er sehr verehrt, Kontakt knüpfen kann. Sie wird im Laufe der 14 Tage die Lieferantin für Essen und Getränke. Der Autor legt den beiden isolierten Menschen auch gesellschaftspolitische Diskussionen in den Mund. Corinna etwa klassifiziert fünf Typen von Männern. Sie bringt dabei ihre Erfahrung mit Männern ein, wie bindungsfähig sie sind: • Der Einser ist der Perfekte. • Der Zweier ist der verkappte Frauenhasser • Der Dreier ist verheiratet und hat Kinder. • Der Vierer ist das große Kind. • Der Fünfer ist der Kumpeltyp. Viel diskutieren sie über diese Pandemie und ihre Bekämpfung. Einerseits kommen negative Argumente. Andererseits sieht ein Partner auch etwas Positives in der Situation, auch wenn es für die Beiden im Augenblick des Geschehens nicht so ist. Ungewöhnlich dann der Ausgang, den ich hier aber nicht verrate. Nur so viel: es wird kein kitschiges Happy End. Auch bei den Namen der Proponenten hat sich René Freund etwas überlegt: Davids Tinder Name ist David19. Kombiniert mit den Anfangsbuchstaben von Corinna und dem zweiten Teil von Davids Namen ergibt dies Co-vid19 |
FRISCHMUTH, Barbara Dein Schatten tanzt in der Küche Buch 2021. @book{FRISCHMUTH2021b, title = {Dein Schatten tanzt in der Küche}, author = {Barbara FRISCHMUTH}, year = {2021}, date = {2021-08-01}, abstract = { FRISCHMUTH, Barbara: „Dein Schatten tanzt in der Küche“, Erzählungen, Berlin 2021 Bereits in der ersten Geschichte dieses Buches zeigt sich Barbara Frischmuth als große Meisterin der Erzählkunst. Es ist eine Geschichte, die mit dem Buben Adnan beginnt und mit ihm endet. Darya flüchtet mit ihrem (inoffiziell) Verlobten. Ein Bub – Adnan - testet sein Messer am Schlauchboot, in dem sie flüchten und das Boot sinkt. Dabei stellt sich heraus, dass der Verlobte von Darya nicht schwimmen kann. Darya versucht ihn zu schleppen, scheitert aber und kommt bewusstlos an Land. Sie ist traumatisiert. Trotzdem fasst sie schnell Fuß. Integriert sich. Lernt die deutsche Sprache und bekommt einen Job. Um ihre Familie zu Hause nicht in Schwierigkeiten zu bringen, hält sie keinen Kontakt. Als sie dann Adnan, den Buben, der das Boot zum Sinken brachte, als Schüler bekommt, aktiviert sie wieder ihre arabische Muttersprache. Die Vergangenheit holt sie wieder ein. Sie telefoniert mit der Mutter. Vieles hat sich zu Hause verändert. Der Vater ist gestorben. Darya versucht mit Jemandem darüber zu reden, aber auch ein Freund hat keine Zeit. Sie nimmt Schlafpulver, um zu testen, wem sie abgehen würde. Leider wird sie nur mehr tot gefunden. Auch in der folgenden Erzählung bewegt sie sich im Thema der Migration. Bei „Enkelhaft“ sucht eine Tochter das Ursprungsland der Mutter auf und hinterlässt ihr das Kind des Freundes zum Babysitten. In „Kein Engel vor der Tür“ verliert eine mittelmäßige Schauspielerin ihre gesamte Familie. Nahe am Notstand lebend lernt sie im Alter von über 70 Jahren einen ehemaligen Freund und Liebhaber kennen. Die beiden verlieben sich und verbringen bereits die erste Nacht in der Wohnung der Frau. Am Morgen muss sie feststellen, dass der Liebhaber in ihrem Bett gestorben ist. Das Buch umfasst fünf Geschichten. In der vorletzten – „Die Katze, die im Sprung gefror“ – wird das Leben einer Frau erzählt, wie sie aus der Stadt aufs Land zu einem Bauern zieht. Die Landwirtschaft ist nicht mehr lukrativ und er muss als Nebenerwerbsbauer weitermachen. Für seinen Sohn wird Feld für Feld und Acker für Acker verkauft, um sein Studium und dann seine wissenschaftlichen Expeditionen zu unterstützen. Letztlich wird auch das Haus verkauft und daneben ein kleines, für das alternde Paar, gebaut. Der Mann lebt nur mehr kurze Zeit und die Frau bringt sich allein durchs Leben. Ein Frauenschicksal, das es sicher oft gibt und hier von Barbara Frischmuth auf die literarische Bühne gebracht wird Die längste Geschichte dieses Buchs ist die letzte: „Die Rötung der Tomate im Winter“. Es geht um das Paar Doris und Ödon. Jeder Person wird ein Kapitel gewidmet und so kommen die Blickwinkel dieser beiden Menschen und ihrem Schicksal zum Vorschein. Doris verlor im sechsten Monat ihr Kind, das von Ödon stammte. Die Hochzeit war schon angesagt, als Ödon aus einer Dienstreise einen Brief schickte, um mitzuteilen, dass er glaube, sie sei nicht die richtige Frau. Die Hochzeit wurde abgesagt. Doris versuchte wieder Tritt zu fassen. Änderte Jobs und landete in einer Gärtnerei. Auch ihr Vater hatte eine Gärtnerei. In den taubstummen Sohn des Arbeitgebers verliebte sie sich. Ja, sie wurde von ihm schwanger. Als sie gemeinsam mit dem Rad unterwegs waren kam es zu einem Unfall, bei dem sie starb. Nun die Geschichte von Ödon. Sein Vater war Alleinerzieher. Ein Künstler. Sie flüchteten aus Ungarn und zogen zu einem Onkel in Wien. Er war homosexuell und förderte das Leben des jungen Ödon. In der Schule verliebte er sich in ein junges Mädchen, das mit ihren Eltern aus Lateinamerika zurückkam und – so wie er – schlecht Deutsch sprach. Er studierte später Wirtschaft und verbrachte einen Teil der Studienzeit in England. Bedingt durch seine Sprachkenntnisse fasste er Fuß in einem Immobilienbüro. Das Paar verlor sich. Die Freundin heiratete einen Gärtner. Bei einem Begräbnis trafen sie sich wieder und er wurde eingeladen. Die ehemalige Freundin hatte ein vierjähriges Mädchen. Das Kind wuchs heran und Ödon kümmerte sich immer mehr um sie. Er war 25 Jahre älter. Trotzdem fanden sie zusammen. Und hier treffen sich die beiden Geschichten wieder. Sie wurde von ihm schwanger und verlor das Kind im sechsten Monat. Er sagte die Hochzeit ab, weil er in seinem Geburtsland in eine alte Depression zurückgefallen war und Selbstmord beging, den er aber überlebte. Er will wieder zu seiner Doris. „Bis der Tod uns scheidet!, sagte er mehrmals laut vor sich hin. Vielleicht würde es ihnen sogar gelingen, sich auch vom Tod nicht scheiden zu lassen, sondern ihm in unverbrüchlicher Gemeinsamkeit entgegenzutreten, wenn es so weit war“ (Seite 222) Mit diesem Satz endet das Buch. Ob Ödon da schon wusste, dass „seine“ Doris schon tot war? Für den Leser bleibt es offen. Barbara Frischmuth ist nicht eine Dichterin mit gutem Namen, die eben weiter Bücher produziert, sondern jedes neue Werk ist ein Meisterwerk. Sie beruft sich nicht auf den Erfolg ihrer Vergangenheit, sie stellt ihn immer wieder neu unter Beweis. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } FRISCHMUTH, Barbara: „Dein Schatten tanzt in der Küche“, Erzählungen, Berlin 2021 Bereits in der ersten Geschichte dieses Buches zeigt sich Barbara Frischmuth als große Meisterin der Erzählkunst. Es ist eine Geschichte, die mit dem Buben Adnan beginnt und mit ihm endet. Darya flüchtet mit ihrem (inoffiziell) Verlobten. Ein Bub – Adnan - testet sein Messer am Schlauchboot, in dem sie flüchten und das Boot sinkt. Dabei stellt sich heraus, dass der Verlobte von Darya nicht schwimmen kann. Darya versucht ihn zu schleppen, scheitert aber und kommt bewusstlos an Land. Sie ist traumatisiert. Trotzdem fasst sie schnell Fuß. Integriert sich. Lernt die deutsche Sprache und bekommt einen Job. Um ihre Familie zu Hause nicht in Schwierigkeiten zu bringen, hält sie keinen Kontakt. Als sie dann Adnan, den Buben, der das Boot zum Sinken brachte, als Schüler bekommt, aktiviert sie wieder ihre arabische Muttersprache. Die Vergangenheit holt sie wieder ein. Sie telefoniert mit der Mutter. Vieles hat sich zu Hause verändert. Der Vater ist gestorben. Darya versucht mit Jemandem darüber zu reden, aber auch ein Freund hat keine Zeit. Sie nimmt Schlafpulver, um zu testen, wem sie abgehen würde. Leider wird sie nur mehr tot gefunden. Auch in der folgenden Erzählung bewegt sie sich im Thema der Migration. Bei „Enkelhaft“ sucht eine Tochter das Ursprungsland der Mutter auf und hinterlässt ihr das Kind des Freundes zum Babysitten. In „Kein Engel vor der Tür“ verliert eine mittelmäßige Schauspielerin ihre gesamte Familie. Nahe am Notstand lebend lernt sie im Alter von über 70 Jahren einen ehemaligen Freund und Liebhaber kennen. Die beiden verlieben sich und verbringen bereits die erste Nacht in der Wohnung der Frau. Am Morgen muss sie feststellen, dass der Liebhaber in ihrem Bett gestorben ist. Das Buch umfasst fünf Geschichten. In der vorletzten – „Die Katze, die im Sprung gefror“ – wird das Leben einer Frau erzählt, wie sie aus der Stadt aufs Land zu einem Bauern zieht. Die Landwirtschaft ist nicht mehr lukrativ und er muss als Nebenerwerbsbauer weitermachen. Für seinen Sohn wird Feld für Feld und Acker für Acker verkauft, um sein Studium und dann seine wissenschaftlichen Expeditionen zu unterstützen. Letztlich wird auch das Haus verkauft und daneben ein kleines, für das alternde Paar, gebaut. Der Mann lebt nur mehr kurze Zeit und die Frau bringt sich allein durchs Leben. Ein Frauenschicksal, das es sicher oft gibt und hier von Barbara Frischmuth auf die literarische Bühne gebracht wird Die längste Geschichte dieses Buchs ist die letzte: „Die Rötung der Tomate im Winter“. Es geht um das Paar Doris und Ödon. Jeder Person wird ein Kapitel gewidmet und so kommen die Blickwinkel dieser beiden Menschen und ihrem Schicksal zum Vorschein. Doris verlor im sechsten Monat ihr Kind, das von Ödon stammte. Die Hochzeit war schon angesagt, als Ödon aus einer Dienstreise einen Brief schickte, um mitzuteilen, dass er glaube, sie sei nicht die richtige Frau. Die Hochzeit wurde abgesagt. Doris versuchte wieder Tritt zu fassen. Änderte Jobs und landete in einer Gärtnerei. Auch ihr Vater hatte eine Gärtnerei. In den taubstummen Sohn des Arbeitgebers verliebte sie sich. Ja, sie wurde von ihm schwanger. Als sie gemeinsam mit dem Rad unterwegs waren kam es zu einem Unfall, bei dem sie starb. Nun die Geschichte von Ödon. Sein Vater war Alleinerzieher. Ein Künstler. Sie flüchteten aus Ungarn und zogen zu einem Onkel in Wien. Er war homosexuell und förderte das Leben des jungen Ödon. In der Schule verliebte er sich in ein junges Mädchen, das mit ihren Eltern aus Lateinamerika zurückkam und – so wie er – schlecht Deutsch sprach. Er studierte später Wirtschaft und verbrachte einen Teil der Studienzeit in England. Bedingt durch seine Sprachkenntnisse fasste er Fuß in einem Immobilienbüro. Das Paar verlor sich. Die Freundin heiratete einen Gärtner. Bei einem Begräbnis trafen sie sich wieder und er wurde eingeladen. Die ehemalige Freundin hatte ein vierjähriges Mädchen. Das Kind wuchs heran und Ödon kümmerte sich immer mehr um sie. Er war 25 Jahre älter. Trotzdem fanden sie zusammen. Und hier treffen sich die beiden Geschichten wieder. Sie wurde von ihm schwanger und verlor das Kind im sechsten Monat. Er sagte die Hochzeit ab, weil er in seinem Geburtsland in eine alte Depression zurückgefallen war und Selbstmord beging, den er aber überlebte. Er will wieder zu seiner Doris. „Bis der Tod uns scheidet!, sagte er mehrmals laut vor sich hin. Vielleicht würde es ihnen sogar gelingen, sich auch vom Tod nicht scheiden zu lassen, sondern ihm in unverbrüchlicher Gemeinsamkeit entgegenzutreten, wenn es so weit war“ (Seite 222) Mit diesem Satz endet das Buch. Ob Ödon da schon wusste, dass „seine“ Doris schon tot war? Für den Leser bleibt es offen. Barbara Frischmuth ist nicht eine Dichterin mit gutem Namen, die eben weiter Bücher produziert, sondern jedes neue Werk ist ein Meisterwerk. Sie beruft sich nicht auf den Erfolg ihrer Vergangenheit, sie stellt ihn immer wieder neu unter Beweis. |
Rauscher, Johann Drei ungewöhnliche Reisen Buch 2021. @book{Rauscher2021, title = {Drei ungewöhnliche Reisen}, author = {Johann Rauscher}, year = {2021}, date = {2021-07-29}, abstract = {RAUSCHER, Johann: „Drei ungewöhnliche Reisen“, Munderfing 2018 Meine Erfahrungen mit dem Thema Tibet und dem Verhältnis zu China sind zwar andere, aber das vorliegende Buch von Johann Rauscher ist gut und interessant geschrieben. Natürlich steckt da auch viel Propaganda dahinter. Sowohl von chinesischer, aber auch von westlicher Seite. Die im Buch vertretenen Standpunkte in Bezug auf Tibet sind typisch westlicher Politik entnommen. Inzwischen hat sich aber viel verändert und Minderheiten wie die Tibeter werden sehr bevorzugt behandelt. Mönche bekommen ein Grundeinkommen vom Staat und Tibeter haben Steuererleichterungen. Johann Rauscher erzählt hier von einer Reise nach Indien, wo er tibetische Einrichtungen besucht hat und letztlich sogar die Patenschaft für ein Mädchen übernommen hat. Nach 14 Jahren macht er wieder eine Reise und besucht das Patenkind, das an einer Krankenschwesternschule in Südindien studiert. Gemeinsam besuchen sie einen Onkel, der Mönch ist, in einem Kloster. So bekommt der Autor einen Einblick in das Leben der Tibeter in Indien. Eine gute Sache, wenn man so Entwicklungshilfe leistet und die Gelder direkt ankommen. Vielleicht kommt das Mädchen mit ihrer guten Ausbildung wieder nach Tibet, der ursprünglichen Heimat zurück. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } RAUSCHER, Johann: „Drei ungewöhnliche Reisen“, Munderfing 2018 Meine Erfahrungen mit dem Thema Tibet und dem Verhältnis zu China sind zwar andere, aber das vorliegende Buch von Johann Rauscher ist gut und interessant geschrieben. Natürlich steckt da auch viel Propaganda dahinter. Sowohl von chinesischer, aber auch von westlicher Seite. Die im Buch vertretenen Standpunkte in Bezug auf Tibet sind typisch westlicher Politik entnommen. Inzwischen hat sich aber viel verändert und Minderheiten wie die Tibeter werden sehr bevorzugt behandelt. Mönche bekommen ein Grundeinkommen vom Staat und Tibeter haben Steuererleichterungen. Johann Rauscher erzählt hier von einer Reise nach Indien, wo er tibetische Einrichtungen besucht hat und letztlich sogar die Patenschaft für ein Mädchen übernommen hat. Nach 14 Jahren macht er wieder eine Reise und besucht das Patenkind, das an einer Krankenschwesternschule in Südindien studiert. Gemeinsam besuchen sie einen Onkel, der Mönch ist, in einem Kloster. So bekommt der Autor einen Einblick in das Leben der Tibeter in Indien. Eine gute Sache, wenn man so Entwicklungshilfe leistet und die Gelder direkt ankommen. Vielleicht kommt das Mädchen mit ihrer guten Ausbildung wieder nach Tibet, der ursprünglichen Heimat zurück. |
von Schirach, Ferdinand Gott Buch 2021. @book{vonSchirach2021, title = {Gott}, author = {Ferdinand von Schirach}, year = {2021}, date = {2021-07-27}, abstract = {SCHIRACH, Ferdinand von: „Gott“, München 2020 Es ist dies ein Theaterstück, in dem es um Sterbehilfe geht. Ein 78-jähriger Mann, dessen Frau verstorben war, findet keinen Sinn mehr im Leben und will dieses beenden. Er ist völlig gesund und auch psychisch OK, aber er will „in Würde“ aus dem Leben scheiden. Dazu fragte er seine Ärztin, ihm das Medikament zur Vergiftung zu verschreiben. Das Stück spielt in einer Sitzung der Ethikkommission, in der der Präsident der Ärztekammer, ein Bischof, die den Mann behandelnde Augenärztin, ein Rechtssachverständiger und der Rechtsanwalt von Herrn Gärtner – so heißt der sterben Wollende - auftreten. Der Ort der Handlung ist der Saal der Akademie der Wissenschaften in Berlin. Der Autor, Herr Schirach, hat in diesem zweiaktigen Stück alle Ansichten sehr gut dargestellt und keiner ein Übergewicht gegeben. Der Ethikrat will dieses Thema thematisieren und zu einer öffentlichen Diskussion führen. Deswegen die vorhin aufgezählte Zusammensetzung der Teilnehmer. Das deutsche Strafgesetzbuch aus dem Jahr 1872 verbietet eine derartige Hilfe nicht und „was das Gesetz nicht verbietet, ist erlaubt.“ (Seite 29) Die Situation verschärft sich aber, wenn ein junger Mensch, der Liebeskummer hat sich töten will. Gedacht wird auch der 300.000 körperlich oder geistig behinderten Menschen, die während des Naziregimes ermordet wurden. Die gesetzliche Freigabe der Beihilfe zur Tötung könnte, aus der Sicht der Gegner, wieder zu solchen Auswüchsen führen. Auch religiöse Gründe können nicht ins Treffen geführt werden. Es gibt zwar die Freiheit zum Glauben und zur Religionsausübung, aber „Gott ist keine Person, keine Institution, keine Firma bürgerlichen Rechts oder etwas Ähnliches. Gesetze können ihn weder verpflichten noch ihm Rechte zusprechen.“ (Seite 41) Obwohl viele westliche Staaten ihre Werte auf christlichem Denken aufbauen. Diese sind aber nur eine Präambel und drücken Demut aus. Sterbehilfe gibt es in der Schweiz, den Niederlanden, Schweden, Belgien, Luxemburg, Kanada und verschiedenen US-Bundesstaaten. In Deutschland hat das Bundesverfassungsgesetz 2020 Suizidhilfe grundsätzlich erlaubt. Der medizinische Sachverständige beruft sich auf den Hippokrates Eid der Ärzte, der sich grundsätzlich nur auf Heilung der Patienten bezieht und eine Tötung verbietet. Die Argumente des Mediziners beeindrucken den Rechtsanwalt nicht, denn auch bei der Einführung der Antibabypille gab es ärztliche Proteste. Auch der Bischof lehnt die Tötung ab und bezieht sich auf die 2500 Jahre lange „Übereinkunft, solche Akte der Gewalt, die das eigene Leben beenden, abzulehnen.“ (Seite 74) Er sieht in diesem Gesetz einen Druck, der auf alte Menschen ausgeübt wird, sich umzubringen, weil sie eine Belastung für die Gesellschaft oder die eigene Familie sind. „Ich will nur niemandem zur Last fallen.“ (Seite 78) Obwohl es einer harten Diskussion zwischen dem Theologen und dem Rechtsanwalt kommt, bleiben die Argumente doch stehen. Alle Experten dieses fiktiven Stücks kommen mit ihren Argumenten voll zur Geltung. Kein Standpunkt wird bevorzugt vorgestellt. Das Stück ist demnach eine neutrale Abhandlung des Problems, in dem jeder seine eigene Meinung finden muss. Im Publikum kommt es nach einer Pause auch zu einer Abstimmung. Jeder deklariert sich ob dieses Gesetz exekutiert werden soll oder nicht. Im zweiten Akt kommt das Schlussplädoyer, ohne einem Abstimmungsergebnis, ob diese Selbsttötung erlaubt werden soll oder nicht. Die Vorsitzende lässt auch hier alles offen und spricht einerseits von der persönlichen Freiheit der westlichen Welt, zu der auch die Selbstbestimmung über das eigene Leben gehört und andererseits sei es kein gesellschaftlicher Fortschritt, sondern eine Perversion. Es geht um die zentrale Frage „Wem gehört unser Leben?“ Niemand könne diese Frage beantworten. „Wir können nie letztgültig wissen, was richtig und was falsch ist, absolute Urteile über die Welt gibt es nicht.“ (Seite 117) So muss sich auch der Leser selbst eine Antwort geben. Der Autor des Stücks bietet nur die Argumente. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } SCHIRACH, Ferdinand von: „Gott“, München 2020 Es ist dies ein Theaterstück, in dem es um Sterbehilfe geht. Ein 78-jähriger Mann, dessen Frau verstorben war, findet keinen Sinn mehr im Leben und will dieses beenden. Er ist völlig gesund und auch psychisch OK, aber er will „in Würde“ aus dem Leben scheiden. Dazu fragte er seine Ärztin, ihm das Medikament zur Vergiftung zu verschreiben. Das Stück spielt in einer Sitzung der Ethikkommission, in der der Präsident der Ärztekammer, ein Bischof, die den Mann behandelnde Augenärztin, ein Rechtssachverständiger und der Rechtsanwalt von Herrn Gärtner – so heißt der sterben Wollende - auftreten. Der Ort der Handlung ist der Saal der Akademie der Wissenschaften in Berlin. Der Autor, Herr Schirach, hat in diesem zweiaktigen Stück alle Ansichten sehr gut dargestellt und keiner ein Übergewicht gegeben. Der Ethikrat will dieses Thema thematisieren und zu einer öffentlichen Diskussion führen. Deswegen die vorhin aufgezählte Zusammensetzung der Teilnehmer. Das deutsche Strafgesetzbuch aus dem Jahr 1872 verbietet eine derartige Hilfe nicht und „was das Gesetz nicht verbietet, ist erlaubt.“ (Seite 29) Die Situation verschärft sich aber, wenn ein junger Mensch, der Liebeskummer hat sich töten will. Gedacht wird auch der 300.000 körperlich oder geistig behinderten Menschen, die während des Naziregimes ermordet wurden. Die gesetzliche Freigabe der Beihilfe zur Tötung könnte, aus der Sicht der Gegner, wieder zu solchen Auswüchsen führen. Auch religiöse Gründe können nicht ins Treffen geführt werden. Es gibt zwar die Freiheit zum Glauben und zur Religionsausübung, aber „Gott ist keine Person, keine Institution, keine Firma bürgerlichen Rechts oder etwas Ähnliches. Gesetze können ihn weder verpflichten noch ihm Rechte zusprechen.“ (Seite 41) Obwohl viele westliche Staaten ihre Werte auf christlichem Denken aufbauen. Diese sind aber nur eine Präambel und drücken Demut aus. Sterbehilfe gibt es in der Schweiz, den Niederlanden, Schweden, Belgien, Luxemburg, Kanada und verschiedenen US-Bundesstaaten. In Deutschland hat das Bundesverfassungsgesetz 2020 Suizidhilfe grundsätzlich erlaubt. Der medizinische Sachverständige beruft sich auf den Hippokrates Eid der Ärzte, der sich grundsätzlich nur auf Heilung der Patienten bezieht und eine Tötung verbietet. Die Argumente des Mediziners beeindrucken den Rechtsanwalt nicht, denn auch bei der Einführung der Antibabypille gab es ärztliche Proteste. Auch der Bischof lehnt die Tötung ab und bezieht sich auf die 2500 Jahre lange „Übereinkunft, solche Akte der Gewalt, die das eigene Leben beenden, abzulehnen.“ (Seite 74) Er sieht in diesem Gesetz einen Druck, der auf alte Menschen ausgeübt wird, sich umzubringen, weil sie eine Belastung für die Gesellschaft oder die eigene Familie sind. „Ich will nur niemandem zur Last fallen.“ (Seite 78) Obwohl es einer harten Diskussion zwischen dem Theologen und dem Rechtsanwalt kommt, bleiben die Argumente doch stehen. Alle Experten dieses fiktiven Stücks kommen mit ihren Argumenten voll zur Geltung. Kein Standpunkt wird bevorzugt vorgestellt. Das Stück ist demnach eine neutrale Abhandlung des Problems, in dem jeder seine eigene Meinung finden muss. Im Publikum kommt es nach einer Pause auch zu einer Abstimmung. Jeder deklariert sich ob dieses Gesetz exekutiert werden soll oder nicht. Im zweiten Akt kommt das Schlussplädoyer, ohne einem Abstimmungsergebnis, ob diese Selbsttötung erlaubt werden soll oder nicht. Die Vorsitzende lässt auch hier alles offen und spricht einerseits von der persönlichen Freiheit der westlichen Welt, zu der auch die Selbstbestimmung über das eigene Leben gehört und andererseits sei es kein gesellschaftlicher Fortschritt, sondern eine Perversion. Es geht um die zentrale Frage „Wem gehört unser Leben?“ Niemand könne diese Frage beantworten. „Wir können nie letztgültig wissen, was richtig und was falsch ist, absolute Urteile über die Welt gibt es nicht.“ (Seite 117) So muss sich auch der Leser selbst eine Antwort geben. Der Autor des Stücks bietet nur die Argumente. |
von WOLZOGEN, Ernst Der Kraft-Mayr Buch 2021. @book{vonWOLZOGEN2021, title = {Der Kraft-Mayr}, author = {Ernst von WOLZOGEN}, year = {2021}, date = {2021-07-21}, abstract = {WOLZOGEN, Ernst von: „Der Kraft-Mayr“, Erster Band, Stuttgart 1897 Florian Mayr ist die zentrale Figur des Romans „Der Kraft-Mayr“. Er ist ein junger Pianist, der sich sein Geld mit Unterrichtsstunden verdient. Er ist in seiner Stadt gut eingeführt und unterrichtet Töchter von angesehenen Häusern. Durch verschiedene Missverständnisse kommt er in Misskredit und verliert fast alle seine Schüler. Er lebt nur mehr von Ersparnissen und muss sich nun auf die Möglichkeit von Konzerten konzentrieren. Dazu fährt er nach Weimar und mietet sich dort ein Zimmer und sucht den Kontakt zu Franz Liszt, der jedes Jahr dort für längere Zeit absteigt. Viele Anhänger kamen im Tross von Liszt mit nach Weimar. Florian Mayr lernt neue Gesellschaftsschichten kennen. Er hat Glück und bekommt einen Zugang zu Liszt, ja er wird sein Assistent. Daneben verliebt er sich in eine Ungarin, der er, auf Anweisung von Liszt, Unterricht gibt. Das Buch handelt in der Zeit von Liszt und beschreibt den genialen Komponisten durch seinen Schüler Mayr. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } WOLZOGEN, Ernst von: „Der Kraft-Mayr“, Erster Band, Stuttgart 1897 Florian Mayr ist die zentrale Figur des Romans „Der Kraft-Mayr“. Er ist ein junger Pianist, der sich sein Geld mit Unterrichtsstunden verdient. Er ist in seiner Stadt gut eingeführt und unterrichtet Töchter von angesehenen Häusern. Durch verschiedene Missverständnisse kommt er in Misskredit und verliert fast alle seine Schüler. Er lebt nur mehr von Ersparnissen und muss sich nun auf die Möglichkeit von Konzerten konzentrieren. Dazu fährt er nach Weimar und mietet sich dort ein Zimmer und sucht den Kontakt zu Franz Liszt, der jedes Jahr dort für längere Zeit absteigt. Viele Anhänger kamen im Tross von Liszt mit nach Weimar. Florian Mayr lernt neue Gesellschaftsschichten kennen. Er hat Glück und bekommt einen Zugang zu Liszt, ja er wird sein Assistent. Daneben verliebt er sich in eine Ungarin, der er, auf Anweisung von Liszt, Unterricht gibt. Das Buch handelt in der Zeit von Liszt und beschreibt den genialen Komponisten durch seinen Schüler Mayr. |
KLEMM, Gertraud herzmilch Buch 2021. @book{KLEMM2021b, title = {herzmilch}, author = {Gertraud KLEMM}, year = {2021}, date = {2021-07-15}, abstract = {KLEMM, Gertraud: „Herzmilch“, Wien 2014 Das Buch erzählt von einem Mädchen und wie es eine Frau wird. Das Buch – und damit auch der Kreis - schließt damit, wie diese Frau selbst ein Kind bekommt und wie sich dieses Kind verhält. Immer aber steht das Weibliche im Mittelpunkt, ohne dass es aufdringlich feministisch ist. In sehr schönem Stil beschreibt die Autorin das „Frauwerden“. Sie beginnt mit der Kindheit in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts. „Ich wachse auf im Gelbton der Siebzigerjahre. Ich laufe neben dem Leben der Eltern her. Die warten nicht, bis ich mir alles ganz genau angesehen habe. Die ziehen mich weiter.“ (Seite 9/10) Das Mädchen wächst in einem Mehrfamilienhaus auf, das der Großvater für seine Kinder gekauft hatte. So wohnt das Mädchen mit seinen Eltern, Onkeln und Tanten und Cousinen gemeinsam auf. Durch ihren Bruder erlebt sie erstmals den Unterschied, wie Buben und Mädchen behandelt und erzogen werden. „Wir Mädchen weinen, wenn uns der harte Völkerball trifft, und wir haben bessere Noten. Wir haben Handarbeiten statt Werken und wir prügeln uns nicht.“ (Seite 42/43) Die Eltern sind berufstätig. Als Schulmädchen erlebt sie Mütter von Freundinnen, die immer zu Hause sind. Dann kommt das Erwachsenwerden. Die Brüste wachsen und die Menstruation setzt ein. „Erwachsensein ist ein trüber Schwall; der mir aus der Zukunft entgegenschwappt: du musst, du sollst, du wirst einmal, du wirst schon noch.“ (Seite 61) Mit dem Satz „Eine Frau ist man aber erst, wenn man sich einen Penis in die Vagina stecken lässt.“ (Seite 69) bringt sie eine Definition, wie sie von Pubertierenden gesehen wird. In der Mittelschulzeit kommen erste emanzipatorischen Züge auf. Burschen spielen eine immer bedeutendere Rolle. Auch während des Studium. Nach abgeschlossenem Studium bekommt sie – durch Protektion ihres Vaters – einen Job als Assistentin an der Universität. Sie ist damit zufrieden. Sie merkt erst nach einem Mitarbeitergespräch, dass ihr „vierzig Wochenstunden, 10 Stunden Überstundenpauschale, 5 Wochen Urlaub, 14 Monatsgehälter“ (Seite 128) ausreichend sind. Mehr will sie nicht. Obwohl: ja. Da fehlt ihr ein Mann. Sie kritisiert ihr Aussehen. Männerbekanntschaften kommen und gehen „Die Männer spült der Alltag in mein Leben und er spült sie auch wieder hinaus aus meinem Leben.“ (Seite 134) Alle Freundinnen haben Familie und Kinder und ihr Alter schreitet ohne dem fort. Viele Männerfreundschaften währen nur kurz. Von einem wird sie schwanger. Er will aber kein Kind und drängt zur Abtreibung. Sie verlässt ihn und zieht ihr Kind – eine Tochter – allein auf. Die Probleme mit Kindern umzugehen, werden bei einer alleinerziehenden Mutter noch stärker und sie werden hier sehr gut beschrieben. Das Mädchen kommt in die Schule und merkt zunehmend, dass ein Vater fehlt. Sie fordert ihn ein und es kommt zum Zusammentreffen. Letztlich führt es auch die Eltern wieder zusammen und es endet mit einer Familie. Einer heilen Familie? Sie hadert immer noch und stellt Vergleiche an. Was würde geschehen, wenn keine Mädchen mehr zur Welt kommen würden? Oder wie würde diese Welt aussehen, wenn keine Buben mehr gezeugt würden? Ein interessantes Gedankenspiel. Ihre Parole aber lautet „Die Frau braucht einen Knochen im Herz. Damit der das Herz hart macht. Das Herz darf nicht so weich sein, weil sonst die Männer und die Kinder das Herz in die Faust nehmen und es drücken.“ (Seite 229) Das Buch ist kritisch den Frauen gegenüber und zeigt auch deren Benachteiligungen auf. Es ist aber auch kritisch gegenüber den Emanzen und Politikerinnen, die für mehr Frauenrechte kämpfen – oder so tun als würden sie kämpfen. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } KLEMM, Gertraud: „Herzmilch“, Wien 2014 Das Buch erzählt von einem Mädchen und wie es eine Frau wird. Das Buch – und damit auch der Kreis - schließt damit, wie diese Frau selbst ein Kind bekommt und wie sich dieses Kind verhält. Immer aber steht das Weibliche im Mittelpunkt, ohne dass es aufdringlich feministisch ist. In sehr schönem Stil beschreibt die Autorin das „Frauwerden“. Sie beginnt mit der Kindheit in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts. „Ich wachse auf im Gelbton der Siebzigerjahre. Ich laufe neben dem Leben der Eltern her. Die warten nicht, bis ich mir alles ganz genau angesehen habe. Die ziehen mich weiter.“ (Seite 9/10) Das Mädchen wächst in einem Mehrfamilienhaus auf, das der Großvater für seine Kinder gekauft hatte. So wohnt das Mädchen mit seinen Eltern, Onkeln und Tanten und Cousinen gemeinsam auf. Durch ihren Bruder erlebt sie erstmals den Unterschied, wie Buben und Mädchen behandelt und erzogen werden. „Wir Mädchen weinen, wenn uns der harte Völkerball trifft, und wir haben bessere Noten. Wir haben Handarbeiten statt Werken und wir prügeln uns nicht.“ (Seite 42/43) Die Eltern sind berufstätig. Als Schulmädchen erlebt sie Mütter von Freundinnen, die immer zu Hause sind. Dann kommt das Erwachsenwerden. Die Brüste wachsen und die Menstruation setzt ein. „Erwachsensein ist ein trüber Schwall; der mir aus der Zukunft entgegenschwappt: du musst, du sollst, du wirst einmal, du wirst schon noch.“ (Seite 61) Mit dem Satz „Eine Frau ist man aber erst, wenn man sich einen Penis in die Vagina stecken lässt.“ (Seite 69) bringt sie eine Definition, wie sie von Pubertierenden gesehen wird. In der Mittelschulzeit kommen erste emanzipatorischen Züge auf. Burschen spielen eine immer bedeutendere Rolle. Auch während des Studium. Nach abgeschlossenem Studium bekommt sie – durch Protektion ihres Vaters – einen Job als Assistentin an der Universität. Sie ist damit zufrieden. Sie merkt erst nach einem Mitarbeitergespräch, dass ihr „vierzig Wochenstunden, 10 Stunden Überstundenpauschale, 5 Wochen Urlaub, 14 Monatsgehälter“ (Seite 128) ausreichend sind. Mehr will sie nicht. Obwohl: ja. Da fehlt ihr ein Mann. Sie kritisiert ihr Aussehen. Männerbekanntschaften kommen und gehen „Die Männer spült der Alltag in mein Leben und er spült sie auch wieder hinaus aus meinem Leben.“ (Seite 134) Alle Freundinnen haben Familie und Kinder und ihr Alter schreitet ohne dem fort. Viele Männerfreundschaften währen nur kurz. Von einem wird sie schwanger. Er will aber kein Kind und drängt zur Abtreibung. Sie verlässt ihn und zieht ihr Kind – eine Tochter – allein auf. Die Probleme mit Kindern umzugehen, werden bei einer alleinerziehenden Mutter noch stärker und sie werden hier sehr gut beschrieben. Das Mädchen kommt in die Schule und merkt zunehmend, dass ein Vater fehlt. Sie fordert ihn ein und es kommt zum Zusammentreffen. Letztlich führt es auch die Eltern wieder zusammen und es endet mit einer Familie. Einer heilen Familie? Sie hadert immer noch und stellt Vergleiche an. Was würde geschehen, wenn keine Mädchen mehr zur Welt kommen würden? Oder wie würde diese Welt aussehen, wenn keine Buben mehr gezeugt würden? Ein interessantes Gedankenspiel. Ihre Parole aber lautet „Die Frau braucht einen Knochen im Herz. Damit der das Herz hart macht. Das Herz darf nicht so weich sein, weil sonst die Männer und die Kinder das Herz in die Faust nehmen und es drücken.“ (Seite 229) Das Buch ist kritisch den Frauen gegenüber und zeigt auch deren Benachteiligungen auf. Es ist aber auch kritisch gegenüber den Emanzen und Politikerinnen, die für mehr Frauenrechte kämpfen – oder so tun als würden sie kämpfen. |
EVERETT, Daniel Das glücklichste Volk. Sieben Jahre bei den Praha-Indianern am Amazonas Buch 2021. @book{EVERETT2021, title = {Das glücklichste Volk. Sieben Jahre bei den Praha-Indianern am Amazonas}, author = {Daniel EVERETT}, year = {2021}, date = {2021-07-10}, abstract = {EVERETT, Daniel: „Das glücklichste Volk. Sieben Jahre bei den Praha-Indianern am Amazonas“, München 2010 Ein guter Freund hatte mir das Buch schon mehrmals empfohlen. Ich hatte es auf meiner Wunschliste, konnte aber mit dem Titel nicht viel anfangen. Letztlich kaufte und las ich es doch und ich war begeistert. Ein amerikanischer Missionar übersiedelt mit seiner Familie – zwei kleinen Kindern und Frau – zu Indianern am Amazonas. Er versucht deren Sprache zu lernen. Seine Auftraggeber erwarten sich eine Bibelübersetzung in diese Sprache, um auf diese Art die Eingeborenen von ihrer Religion zu überzeugen. Sieben Jahre hat der Wissenschaftler und Missionar bei den Indianern in einer Hütte in deren Dorf gelebt. Dabei musste er Abschied nehmen von einer westlichen Zivilisation und damit auch viele Risiken eingehen. Etwa, als seine Frau und ein Kind krank wurden. Niemand konnte in der Wildnis helfen. Der nächste Arzt war weit weg. Er versuchte sie mit dem Boot und zu Fuß in die nächste Stadt zu bringen. Fast wären sie dabei gestorben. Mühen, die wir in unserer zivilisierten Welt nicht kennen. Als Leser stellt man sich auch die Frag „Warum macht das ein Mensch, der aus einem gut entwickelten Land kommt?“ Als Linguist war es primär die Sprache, die ihn interessierte. Wobei sein Zugang ein anderer war. Er sah Sprache und Kultur als eine Einheit. Nur wer die Kultur einer Gesellschaft versteht, kann auch deren Sprache verstehen. Das Lachen ist so ein wichtiges Kulturgut. Die Einheimischen lachen über alles, auch wenn es traurig ist. „Sie lachen über ihr eigenes Missgeschick. Wenn ein Unwetter eine Hütte umlegt, lachen die Bewohner selbst darüber lauter als alle anderen. Sie lachen, wenn sie viele Fische gefangen haben. Sie lachen, wenn sie keine Fische gefangen haben. Sie lachen, wenn sie satt sind und sie lachen, wenn sie Hunger haben.“ (Seite 135) Das große Problem ist es, dass ihre Sprache und ihr Denken nur die Gegenwart kennt. Es gibt keine Vergangenheit und keine Zukunft. Sie leben im Jetzt. Nur was sie oder einer von ihnen selbst gesehen hat gilt. Alles Vergangene hat keine Bedeutung. Sie können daher an einen, vor langer Zeit verstorbenen Jesus nicht glauben. Ja, der Linguist findet keine Worte, wie er diese Vergangenheit, die heute keiner mehr selbst gesehen hat, beschreiben soll. „Alle Aussagen der Pirahä sind unmittelbar im Augenblick des Sprechens verankert und nicht zu irgendeinem anderen Zeitpunkt.“ (Seite 200) Sie legen auch keine Lebensmittelvorräte für die Zukunft an. Sie leben nur im Jetzt. In Träumen erscheinen ihnen Geister und Träume und Realität haben denselben Stellenwert. Sie haben keine Zahlen. Als Everett seine Kinder unterrichtete nahm er auch Einheimische in den Unterricht auf. Es war unmöglich ihnen das Zählen zu lernen. In einem Jahr konnten sie immer noch nicht von eins bis zehn zählen. Zahlen und Mengenangaben gibt es in ihrer Kultur nicht. Die Erzählungen machen auch mit der Weite des Amazonasgebiets vertraut. „Der Amazonas fließt über fast 7000 Kilometer von Peru in den Atlantik. An der Mündung ist er etwa 250 Kilometer breit, und die Insel Marajo in seinem Delta ist etwa so groß wie die Schweiz. Viele indigene Völker leben hier. Eines davon sind die Pirahä. Nur mehr einige hundert Menschen sprechen ihre Sprache. Everett versucht diese zu dokumentieren und für die Nachwelt festzuhalten. Auch für ein Reservat der Pirahä setzt er sich ein. Der zweite Teil des Buches widmet sich der Sprache. Es ist eine wissenschaftliche Abhandlung, die für Linguisten sicher von Bedeutung ist. Ich als Laie habe sie nur quergelesen. Nicht die Sprache selbst, sondern die Kultur wurde dem Missionar zum Verhängnis. Sie sagten ihm, er solle seine „Ware anderswo verhökern“. Seine religiöse Botschaft habe für sie keinen Wert. „Es gibt bei den Pirahä kein Gefühl der Sünde und kein Bedürfnis, die Menschheit oder auch nur sich selbst – in Ordnung zu bringen. Im Großen und Ganzen akzeptiert man Dinge so wie sie sind. Vor dem Tod hat man keine Angst. Ihr Glaube ist der Glaube an sich selbst. Es war nicht das erste Mal, dass ich meine religiösen Überzeugungen in Frage gestellt hatte.“ (Seite 396) Nicht er, der Missionar, hat die Einheimischen bekehrt, sondern sie ihn. Er nennt es „Entkehrung“. Er war zwar ein anerkannter Linguist an großen amerikanischen Universitäten geworden, aber er verlor seine Familie und viele seiner Freunde durch diese Umkehr und Abkehr vom Glauben. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } EVERETT, Daniel: „Das glücklichste Volk. Sieben Jahre bei den Praha-Indianern am Amazonas“, München 2010 Ein guter Freund hatte mir das Buch schon mehrmals empfohlen. Ich hatte es auf meiner Wunschliste, konnte aber mit dem Titel nicht viel anfangen. Letztlich kaufte und las ich es doch und ich war begeistert. Ein amerikanischer Missionar übersiedelt mit seiner Familie – zwei kleinen Kindern und Frau – zu Indianern am Amazonas. Er versucht deren Sprache zu lernen. Seine Auftraggeber erwarten sich eine Bibelübersetzung in diese Sprache, um auf diese Art die Eingeborenen von ihrer Religion zu überzeugen. Sieben Jahre hat der Wissenschaftler und Missionar bei den Indianern in einer Hütte in deren Dorf gelebt. Dabei musste er Abschied nehmen von einer westlichen Zivilisation und damit auch viele Risiken eingehen. Etwa, als seine Frau und ein Kind krank wurden. Niemand konnte in der Wildnis helfen. Der nächste Arzt war weit weg. Er versuchte sie mit dem Boot und zu Fuß in die nächste Stadt zu bringen. Fast wären sie dabei gestorben. Mühen, die wir in unserer zivilisierten Welt nicht kennen. Als Leser stellt man sich auch die Frag „Warum macht das ein Mensch, der aus einem gut entwickelten Land kommt?“ Als Linguist war es primär die Sprache, die ihn interessierte. Wobei sein Zugang ein anderer war. Er sah Sprache und Kultur als eine Einheit. Nur wer die Kultur einer Gesellschaft versteht, kann auch deren Sprache verstehen. Das Lachen ist so ein wichtiges Kulturgut. Die Einheimischen lachen über alles, auch wenn es traurig ist. „Sie lachen über ihr eigenes Missgeschick. Wenn ein Unwetter eine Hütte umlegt, lachen die Bewohner selbst darüber lauter als alle anderen. Sie lachen, wenn sie viele Fische gefangen haben. Sie lachen, wenn sie keine Fische gefangen haben. Sie lachen, wenn sie satt sind und sie lachen, wenn sie Hunger haben.“ (Seite 135) Das große Problem ist es, dass ihre Sprache und ihr Denken nur die Gegenwart kennt. Es gibt keine Vergangenheit und keine Zukunft. Sie leben im Jetzt. Nur was sie oder einer von ihnen selbst gesehen hat gilt. Alles Vergangene hat keine Bedeutung. Sie können daher an einen, vor langer Zeit verstorbenen Jesus nicht glauben. Ja, der Linguist findet keine Worte, wie er diese Vergangenheit, die heute keiner mehr selbst gesehen hat, beschreiben soll. „Alle Aussagen der Pirahä sind unmittelbar im Augenblick des Sprechens verankert und nicht zu irgendeinem anderen Zeitpunkt.“ (Seite 200) Sie legen auch keine Lebensmittelvorräte für die Zukunft an. Sie leben nur im Jetzt. In Träumen erscheinen ihnen Geister und Träume und Realität haben denselben Stellenwert. Sie haben keine Zahlen. Als Everett seine Kinder unterrichtete nahm er auch Einheimische in den Unterricht auf. Es war unmöglich ihnen das Zählen zu lernen. In einem Jahr konnten sie immer noch nicht von eins bis zehn zählen. Zahlen und Mengenangaben gibt es in ihrer Kultur nicht. Die Erzählungen machen auch mit der Weite des Amazonasgebiets vertraut. „Der Amazonas fließt über fast 7000 Kilometer von Peru in den Atlantik. An der Mündung ist er etwa 250 Kilometer breit, und die Insel Marajo in seinem Delta ist etwa so groß wie die Schweiz. Viele indigene Völker leben hier. Eines davon sind die Pirahä. Nur mehr einige hundert Menschen sprechen ihre Sprache. Everett versucht diese zu dokumentieren und für die Nachwelt festzuhalten. Auch für ein Reservat der Pirahä setzt er sich ein. Der zweite Teil des Buches widmet sich der Sprache. Es ist eine wissenschaftliche Abhandlung, die für Linguisten sicher von Bedeutung ist. Ich als Laie habe sie nur quergelesen. Nicht die Sprache selbst, sondern die Kultur wurde dem Missionar zum Verhängnis. Sie sagten ihm, er solle seine „Ware anderswo verhökern“. Seine religiöse Botschaft habe für sie keinen Wert. „Es gibt bei den Pirahä kein Gefühl der Sünde und kein Bedürfnis, die Menschheit oder auch nur sich selbst – in Ordnung zu bringen. Im Großen und Ganzen akzeptiert man Dinge so wie sie sind. Vor dem Tod hat man keine Angst. Ihr Glaube ist der Glaube an sich selbst. Es war nicht das erste Mal, dass ich meine religiösen Überzeugungen in Frage gestellt hatte.“ (Seite 396) Nicht er, der Missionar, hat die Einheimischen bekehrt, sondern sie ihn. Er nennt es „Entkehrung“. Er war zwar ein anerkannter Linguist an großen amerikanischen Universitäten geworden, aber er verlor seine Familie und viele seiner Freunde durch diese Umkehr und Abkehr vom Glauben. |
TROJANOW, Ilija Zu den heiligen Quellen des Islam, Als Pilger nach Mekka und Medina Buch 2021. @book{TROJANOW2021, title = {Zu den heiligen Quellen des Islam, Als Pilger nach Mekka und Medina}, author = {Ilija TROJANOW}, year = {2021}, date = {2021-07-04}, abstract = {TROJANOW, Ilija: „Zu den heiligen Quellen des Islam, Als Pilger nach Mekka und Medina“, München 2009 Der in Wien lebende bulgarische Autor Trojanow folgt einer tausendjährigen Tradition und bringt eine literarische Reiseerzählung über die Hadsch. Man kann so auch als Nichtmusilm miterleben, wie eine Hadsch abläuft. Der Autor beginnt mit seiner einjährigen Vorbereitungszeit, die er in Indien absolvierte. So bekommt man schon einen ersten Zugang zu dieser, vielen Lesern unbekannten Welt. Mit Sachinformation und persönlichen Erlebnissen wird dann von der Anreise bis zum Abflug nach zwei Wochen berichtet. Es ist sowohl ein sehr persönlicher als auch religiöser Bericht, aber auch eine Kritik an den modernen Gegebenheiten, die diese, für Muslime so wichtige Reise verändert hat. Als er zum ersten Mal die Kaaba, das zentrale Heiligtum, sieht, war er tief ergriffen und „meine Augen füllten sich mit Tränen.“ (Seite 29) Arm und reich beteten zusammen. In der Moschee in Mekka gibt es auch keine Trennung von Männern und Frauen. Trojanow beschreibt auch Mitpilger und deren Verhalten und oft tiefe Gläubigkeit. Am Ende sind den Pilgern alle ihre Sünden vergeben. „… wir waren wie neugeborene Kinder und wir durften uns von nun an Hadschis nennen.“ (Seite 98) Vieles kennen wir auch im Christentum. Die Zikra etwa entspricht dem Jesus-Gebet der Athos-Mönche. Es ist die höchste Stufe des Gebets, bei dem man in jedem Atemzug Allahs Namen trägt.“ (Seite 116) Jedes Jahr kommen Millionen Pilger. Eine riesige organisatorische Herausforderung für die Gastgeber, die Saudis. Das Menschengedränge an den wichtigsten Plätzen ist unvorstellbar und letztlich auch gefährlich. Fast jedes Jahr sterben Pilger, die von den Massen erdrückt werden. Jeder Muslime sollte einmal in seinem Leben in Mekka zur Hadsch gewesen sein. „Du hast nicht richtig gelebt, lautet ein alter Spruch, ehe du nicht auf Hadsch warst.“ (Seite 166) Ein interessantes Buch. Sowohl literarisch, als auch sachlich. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } TROJANOW, Ilija: „Zu den heiligen Quellen des Islam, Als Pilger nach Mekka und Medina“, München 2009 Der in Wien lebende bulgarische Autor Trojanow folgt einer tausendjährigen Tradition und bringt eine literarische Reiseerzählung über die Hadsch. Man kann so auch als Nichtmusilm miterleben, wie eine Hadsch abläuft. Der Autor beginnt mit seiner einjährigen Vorbereitungszeit, die er in Indien absolvierte. So bekommt man schon einen ersten Zugang zu dieser, vielen Lesern unbekannten Welt. Mit Sachinformation und persönlichen Erlebnissen wird dann von der Anreise bis zum Abflug nach zwei Wochen berichtet. Es ist sowohl ein sehr persönlicher als auch religiöser Bericht, aber auch eine Kritik an den modernen Gegebenheiten, die diese, für Muslime so wichtige Reise verändert hat. Als er zum ersten Mal die Kaaba, das zentrale Heiligtum, sieht, war er tief ergriffen und „meine Augen füllten sich mit Tränen.“ (Seite 29) Arm und reich beteten zusammen. In der Moschee in Mekka gibt es auch keine Trennung von Männern und Frauen. Trojanow beschreibt auch Mitpilger und deren Verhalten und oft tiefe Gläubigkeit. Am Ende sind den Pilgern alle ihre Sünden vergeben. „… wir waren wie neugeborene Kinder und wir durften uns von nun an Hadschis nennen.“ (Seite 98) Vieles kennen wir auch im Christentum. Die Zikra etwa entspricht dem Jesus-Gebet der Athos-Mönche. Es ist die höchste Stufe des Gebets, bei dem man in jedem Atemzug Allahs Namen trägt.“ (Seite 116) Jedes Jahr kommen Millionen Pilger. Eine riesige organisatorische Herausforderung für die Gastgeber, die Saudis. Das Menschengedränge an den wichtigsten Plätzen ist unvorstellbar und letztlich auch gefährlich. Fast jedes Jahr sterben Pilger, die von den Massen erdrückt werden. Jeder Muslime sollte einmal in seinem Leben in Mekka zur Hadsch gewesen sein. „Du hast nicht richtig gelebt, lautet ein alter Spruch, ehe du nicht auf Hadsch warst.“ (Seite 166) Ein interessantes Buch. Sowohl literarisch, als auch sachlich. |
PAXMANN, Klaus BOVERS Christine Schiffe, Salz und Seen. Besondere Ausflugsziele zwischen Salzburg und Passau Artikel 2021. @article{PAXMANN2021, title = {Schiffe, Salz und Seen. Besondere Ausflugsziele zwischen Salzburg und Passau}, author = {Klaus BOVERS Christine PAXMANN}, year = {2021}, date = {2021-07-02}, abstract = {BOVERS, Klaus; PAXMANN, Christine: „Schiffe, Salz und Seen. Besondere Ausflugsziele zwischen Salzburg und Passau“, Salzburg 2021 Als Rezensent habe ich das Buch nicht nur gelesen, sondern einige der darin beschriebenen Tipps auch selbst ausprobiert. Die Autoren geben diese für „die Landschaft zwischen Salzach und Inn, die sich also zwischen Salzburg, Braunau und Schärding auf der österreichischen sowie Freilassing, Burghausen und Passau auf der bayrischen Seite erstreckt.“ (Seite 10) Bei den Vorschlägen wird darauf geachtet, dass sie in „Slow Motion“ abgearbeitet werden. Deswegen beziehen sich die Tipps auf Wanderungen und Radfahrten. Wie bei einem Adventkalender sind es 24 Stationen, die besucht, beziehungsweise absolviert werden können. Da sich die beschriebene Gegend auf das Grenzgebiet zwischen Bayern und Salzburg bezieht und meist Flüsse die Grenzziehung vornehmen, wird das erste Kapitel den Brücken gewidmet. Achtzehn Brücken gibt es an Salzach und Inn. Die älteste geht auf das 12. Jahrhundert zurück. Der Situation entsprechend heißt es auch „Brücken statt Grenzen“. Oft ging die Grenzziehung hin und her. In 2 ½ Stunden kann man mit dem Fahrrad eine Brückentour absolvieren. Man bekommt beim Lesen auch eine naturgeschichtliche Erklärung für den Unterschied von „Moor“, „Moos“ und „Filz“. Dies zu erforschen, wird mit einer einstündigen Wanderung vorgeschlagen. Nachdem das populäre Weihnachtslied „Stille Nacht, Heilige Nacht“ in Oberndorf entstand, wird dem ein eigenes Kapitel gewidmet. Für Wanderer gibt es dazu „Die Stille-Nacht-Runde“. Da es sich um eine Flusslandschaft handelt, haben und hatten Mühlen große Bedeutung. Wie in Grenzgebieten üblich, entstanden viele Burgen und Verteidigungsanlagen, die in verschiedenen Abschnitten des Buches beschrieben werden. Die größte davon – Burghausen – ist die längste Burg Europas. Bis in diese Gegend zogen sich Gletscher, woraus die vielen Seen entstanden, die zum Baden einladen. Dörfer und Städte wie Schärding werden beschrieben und auf viele Museen hingewiesen. Es ist ein Buch zum Lesen und anschließenden „Abarbeiten“. Mit dem Fahrrad oder zu Fuß. Ich habe mir den Vergleich mit einem Adventkalender erlaubt. Demnach müsste der Abschnitt „Wenn sich drei Flüsse treffen – Stadtrundgang und mehr in Passau“ nicht die Nummer 23 sondern 24 tragen. Aber die Autoren wollten keinen neuen Grenzstreit auslösen und haben – EU-gemäß – die benachbarten Länder gleich behandelt. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {article} } BOVERS, Klaus; PAXMANN, Christine: „Schiffe, Salz und Seen. Besondere Ausflugsziele zwischen Salzburg und Passau“, Salzburg 2021 Als Rezensent habe ich das Buch nicht nur gelesen, sondern einige der darin beschriebenen Tipps auch selbst ausprobiert. Die Autoren geben diese für „die Landschaft zwischen Salzach und Inn, die sich also zwischen Salzburg, Braunau und Schärding auf der österreichischen sowie Freilassing, Burghausen und Passau auf der bayrischen Seite erstreckt.“ (Seite 10) Bei den Vorschlägen wird darauf geachtet, dass sie in „Slow Motion“ abgearbeitet werden. Deswegen beziehen sich die Tipps auf Wanderungen und Radfahrten. Wie bei einem Adventkalender sind es 24 Stationen, die besucht, beziehungsweise absolviert werden können. Da sich die beschriebene Gegend auf das Grenzgebiet zwischen Bayern und Salzburg bezieht und meist Flüsse die Grenzziehung vornehmen, wird das erste Kapitel den Brücken gewidmet. Achtzehn Brücken gibt es an Salzach und Inn. Die älteste geht auf das 12. Jahrhundert zurück. Der Situation entsprechend heißt es auch „Brücken statt Grenzen“. Oft ging die Grenzziehung hin und her. In 2 ½ Stunden kann man mit dem Fahrrad eine Brückentour absolvieren. Man bekommt beim Lesen auch eine naturgeschichtliche Erklärung für den Unterschied von „Moor“, „Moos“ und „Filz“. Dies zu erforschen, wird mit einer einstündigen Wanderung vorgeschlagen. Nachdem das populäre Weihnachtslied „Stille Nacht, Heilige Nacht“ in Oberndorf entstand, wird dem ein eigenes Kapitel gewidmet. Für Wanderer gibt es dazu „Die Stille-Nacht-Runde“. Da es sich um eine Flusslandschaft handelt, haben und hatten Mühlen große Bedeutung. Wie in Grenzgebieten üblich, entstanden viele Burgen und Verteidigungsanlagen, die in verschiedenen Abschnitten des Buches beschrieben werden. Die größte davon – Burghausen – ist die längste Burg Europas. Bis in diese Gegend zogen sich Gletscher, woraus die vielen Seen entstanden, die zum Baden einladen. Dörfer und Städte wie Schärding werden beschrieben und auf viele Museen hingewiesen. Es ist ein Buch zum Lesen und anschließenden „Abarbeiten“. Mit dem Fahrrad oder zu Fuß. Ich habe mir den Vergleich mit einem Adventkalender erlaubt. Demnach müsste der Abschnitt „Wenn sich drei Flüsse treffen – Stadtrundgang und mehr in Passau“ nicht die Nummer 23 sondern 24 tragen. Aber die Autoren wollten keinen neuen Grenzstreit auslösen und haben – EU-gemäß – die benachbarten Länder gleich behandelt. |
HESSE, Hermann Wir nehmen die Welt nur zu ernst. Heitere Texte Buch 2021. @book{HESSE2021b, title = {Wir nehmen die Welt nur zu ernst. Heitere Texte}, author = {Hermann HESSE}, year = {2021}, date = {2021-07-01}, abstract = {HESSE, Hermann: „Wir nehmen die Welt nur zu ernst, Heitere Texte“, Berlin 2019 Hermann Hesse wurde nachgesagt, dass er ein melancholischer Mensch ohne Humor gewesen sei. Der Herausgeber des vorliegenden Buches, Volker Michels, hat Erzählungen, Gedichte und Anekdoten zusammengetragen, mit denen er dieses Vorurteil widerlegen will. Im Nachwort meint er „Er bringt es fertig, über sich selbst zu lachen, ohne Zynismus oder Bitterkeit, sondern mit heiterer Würde und echter Selbstironie.“ (Seite 298) Platz wird auch den Gedichten eingeräumt. Hesse liebte es Gedichte zu verfassen, war damit aber kommerziell nicht so erfolgreich. Er wollte immer schon primär Gedichte publizieren, hatte dabei aber Probleme mit den Verlegern, die lieber Romane publizierten. Im Kapitel „Aus dem Briefwechsel eines Dichters“ wird das sehr anschaulich dargestellt. Manche seiner Erzählungen haben nichts an Aktualität verloren, wie etwa das Verhältnis von Städtern zur Natur in „Die Fremdenstadt im Süden“: „Bekanntlich schwärmt der Großstädter für nichts so sehr wie für die Natur, für Idylle, Friede und Schönheit.“ (Seite 149) Umgekehrt könne er aber damit nicht umgehen, weil er es nicht gewohnt ist. Daher baut für Tourismusbranche für die Städter eine Scheinnatur. Auch die Geschichte „Bericht aus Normalien“ passt zu manchen politischen Vorgängen unserer Zeit. Er stellt darin ein Land vor, das aus einer Irrenanstalt heraus entwickelt wurde. Irr zu sein ist da normal. „Das Anwachsen dieser Anstalt zu einem ganzen Staat und Lande wird von den offiziellen Historikern daraus erklärt, dass infolge der Angst- und Massenpsychosen seit dem Beginn der Gloriosen Epoche jene weitbekannte Anstalt einen solchen Zustrom an Patienten zu bewältigen hatte, dass aus der Siedlung ein Dorf, ein Komplex von Dörfern, endlich ein Komplex von Landschaften und Städten, kurz unser jetziges Land entstanden sei.“ (Seite 129) Den Unterschied zwischen verrückt und normal definiert er mit einem Zoo, wo man als Affe hinter Gittern sei oder als Besucher durch die Gitter blicke. Neben Werken von Hermann Hesse kommen im Buch auch andere Autoren zu Wort und schreiben über ihn. So etwa Briefe und Auszüge aus dem Tagebuch seiner Mutter.}, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } HESSE, Hermann: „Wir nehmen die Welt nur zu ernst, Heitere Texte“, Berlin 2019 Hermann Hesse wurde nachgesagt, dass er ein melancholischer Mensch ohne Humor gewesen sei. Der Herausgeber des vorliegenden Buches, Volker Michels, hat Erzählungen, Gedichte und Anekdoten zusammengetragen, mit denen er dieses Vorurteil widerlegen will. Im Nachwort meint er „Er bringt es fertig, über sich selbst zu lachen, ohne Zynismus oder Bitterkeit, sondern mit heiterer Würde und echter Selbstironie.“ (Seite 298) Platz wird auch den Gedichten eingeräumt. Hesse liebte es Gedichte zu verfassen, war damit aber kommerziell nicht so erfolgreich. Er wollte immer schon primär Gedichte publizieren, hatte dabei aber Probleme mit den Verlegern, die lieber Romane publizierten. Im Kapitel „Aus dem Briefwechsel eines Dichters“ wird das sehr anschaulich dargestellt. Manche seiner Erzählungen haben nichts an Aktualität verloren, wie etwa das Verhältnis von Städtern zur Natur in „Die Fremdenstadt im Süden“: „Bekanntlich schwärmt der Großstädter für nichts so sehr wie für die Natur, für Idylle, Friede und Schönheit.“ (Seite 149) Umgekehrt könne er aber damit nicht umgehen, weil er es nicht gewohnt ist. Daher baut für Tourismusbranche für die Städter eine Scheinnatur. Auch die Geschichte „Bericht aus Normalien“ passt zu manchen politischen Vorgängen unserer Zeit. Er stellt darin ein Land vor, das aus einer Irrenanstalt heraus entwickelt wurde. Irr zu sein ist da normal. „Das Anwachsen dieser Anstalt zu einem ganzen Staat und Lande wird von den offiziellen Historikern daraus erklärt, dass infolge der Angst- und Massenpsychosen seit dem Beginn der Gloriosen Epoche jene weitbekannte Anstalt einen solchen Zustrom an Patienten zu bewältigen hatte, dass aus der Siedlung ein Dorf, ein Komplex von Dörfern, endlich ein Komplex von Landschaften und Städten, kurz unser jetziges Land entstanden sei.“ (Seite 129) Den Unterschied zwischen verrückt und normal definiert er mit einem Zoo, wo man als Affe hinter Gittern sei oder als Besucher durch die Gitter blicke. Neben Werken von Hermann Hesse kommen im Buch auch andere Autoren zu Wort und schreiben über ihn. So etwa Briefe und Auszüge aus dem Tagebuch seiner Mutter. |
EL-ADL, Doaa Die Welt der Frau Buch 2021. @book{EL-ADL2021, title = {Die Welt der Frau}, author = {Doaa EL-ADL}, year = {2021}, date = {2021-06-20}, abstract = {EL-ADL, Doaa: „Die Welt der Frau“, Linz 2020 Doaa El-Adl ist eine bekannte ägyptische Karikaturistin. Im vorliegenden Buch zeigt sie 50 Cartoons aus ihrer Heimat über Frauen. Bei den einzelnen Thematisierungen wird dem Leser (Schauer) bewusst gemacht, dass die Welt im arabischen Raum nicht viel besser oder schlechter ist als im Westen. Viele, der aufgezeigten Diskriminierungen passieren auf allen Ländern der Welt. Etwa wie Männer, wenn sie verheiratet sind, ihre Frauen anders sehen. Ein Teil der Karikaturen bezieht sich auf die unterschiedliche Behandlung von Frauen und Männern. Wie für ein und dieselbe Tat das Strafausmaß für Frauen höher ist als für Männer und wie generell die Abhängigkeit der Frauen von den Männern ist. Hier trifft das Sprichwort „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ zu. Die Bilder muss man gesehen haben, man kann sie als Rezensent nicht beschreiben. Doaa El-Adl gibt einerseits einen Einblick in die Frauenrolle in ihrem Heimatland Ägypten, gleichzeitig wird dem „Leser“ aber auch bewusst gemacht, dass es in anderen Ländern nicht sehr viel besser ist. Wunderbare Zeichnungen, die das jeweils angesprochene Thema auf den Punkt bringt. Sehr empfehlenswert. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } EL-ADL, Doaa: „Die Welt der Frau“, Linz 2020 Doaa El-Adl ist eine bekannte ägyptische Karikaturistin. Im vorliegenden Buch zeigt sie 50 Cartoons aus ihrer Heimat über Frauen. Bei den einzelnen Thematisierungen wird dem Leser (Schauer) bewusst gemacht, dass die Welt im arabischen Raum nicht viel besser oder schlechter ist als im Westen. Viele, der aufgezeigten Diskriminierungen passieren auf allen Ländern der Welt. Etwa wie Männer, wenn sie verheiratet sind, ihre Frauen anders sehen. Ein Teil der Karikaturen bezieht sich auf die unterschiedliche Behandlung von Frauen und Männern. Wie für ein und dieselbe Tat das Strafausmaß für Frauen höher ist als für Männer und wie generell die Abhängigkeit der Frauen von den Männern ist. Hier trifft das Sprichwort „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ zu. Die Bilder muss man gesehen haben, man kann sie als Rezensent nicht beschreiben. Doaa El-Adl gibt einerseits einen Einblick in die Frauenrolle in ihrem Heimatland Ägypten, gleichzeitig wird dem „Leser“ aber auch bewusst gemacht, dass es in anderen Ländern nicht sehr viel besser ist. Wunderbare Zeichnungen, die das jeweils angesprochene Thema auf den Punkt bringt. Sehr empfehlenswert. |
BOYER, Heinz Setzen, 5! Die pädagogische Herausforderung ist eine andere ... Buch 2021. @book{BOYER2021, title = {Setzen, 5! Die pädagogische Herausforderung ist eine andere ...}, author = {Heinz BOYER}, year = {2021}, date = {2021-06-20}, abstract = {BOYER, Heinz: „Setzen, 5! Die pädagogische Herausforderung ist eine andere …“, Berndorf 2021 Es ist eine Hommage an den Manager, Business Mann, Pädagogen und Bildungseinrichtungsgründer Heinz Boyer. Aber es ist auch wichtig, dass dies verschriftlicht wurde, weil Erfahrungen weitergegeben werden sollen. Die erzählte Geschichte, woher er kommt, welche Wege er gegangen ist und was er geschaffen hat, gibt ein besseres Verstehen der Person. Ich habe selbst einige Zeit mit ihm zusammengearbeitet, aber im Berufsleben besteht keine Zeit zum Zurückschauen und zu fragen „Woher kommt der?“, „Wieso macht er das?“, „Wie schafft er das?“. Im Buch wird sein Werdegang präsentiert. Von der Kindheit, der Schulausbildung, dem Leben im Internat und dem Studium, das er neben seiner früh gegründeten Familie bewerkstelligte. Schon als junger Lehrer bekam er die Chance einen neuen Schultyp, eine Tourismus-Fachschule aufzubauen. Er nützte die Chance und vervielfältigte diese Idee an anderen Standorten und letztlich auch international. Als in den 90er Jahren in Österreich die Fachhochschulen gegründet wurden, war er der Einzige, der so eine Fachhochschule auf privater Basis auf die Beine stellte. Nach dem Erfolg im Higher Education Bereich gründete er einen neuen Grundschultyp. Somit hat er die Bildungskette von den Kindern bis zu den Studenten geschlossen. Er erzählt in diesem Buch aber nicht nur selbst, sondern lässt auch Mitstreiter, Kollegen und Mitarbeiter zu Wort kommen. Seine Ideen, die er auch praktisch umgesetzt hat, stellt er als Forderungen für das Schulsystem auf. Verantwortung, Delegation, Wirtschaft und Bildung sind nur einige. Es war wichtig, dass dieses Buch geschrieben wurde. So können andere darauf aufbauen und lernen. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } BOYER, Heinz: „Setzen, 5! Die pädagogische Herausforderung ist eine andere …“, Berndorf 2021 Es ist eine Hommage an den Manager, Business Mann, Pädagogen und Bildungseinrichtungsgründer Heinz Boyer. Aber es ist auch wichtig, dass dies verschriftlicht wurde, weil Erfahrungen weitergegeben werden sollen. Die erzählte Geschichte, woher er kommt, welche Wege er gegangen ist und was er geschaffen hat, gibt ein besseres Verstehen der Person. Ich habe selbst einige Zeit mit ihm zusammengearbeitet, aber im Berufsleben besteht keine Zeit zum Zurückschauen und zu fragen „Woher kommt der?“, „Wieso macht er das?“, „Wie schafft er das?“. Im Buch wird sein Werdegang präsentiert. Von der Kindheit, der Schulausbildung, dem Leben im Internat und dem Studium, das er neben seiner früh gegründeten Familie bewerkstelligte. Schon als junger Lehrer bekam er die Chance einen neuen Schultyp, eine Tourismus-Fachschule aufzubauen. Er nützte die Chance und vervielfältigte diese Idee an anderen Standorten und letztlich auch international. Als in den 90er Jahren in Österreich die Fachhochschulen gegründet wurden, war er der Einzige, der so eine Fachhochschule auf privater Basis auf die Beine stellte. Nach dem Erfolg im Higher Education Bereich gründete er einen neuen Grundschultyp. Somit hat er die Bildungskette von den Kindern bis zu den Studenten geschlossen. Er erzählt in diesem Buch aber nicht nur selbst, sondern lässt auch Mitstreiter, Kollegen und Mitarbeiter zu Wort kommen. Seine Ideen, die er auch praktisch umgesetzt hat, stellt er als Forderungen für das Schulsystem auf. Verantwortung, Delegation, Wirtschaft und Bildung sind nur einige. Es war wichtig, dass dieses Buch geschrieben wurde. So können andere darauf aufbauen und lernen. |
DÜRRENMATT, Friedrich Labyrinth, Stoffe I – III, Der Winterkrieg in Tibet, Mondfinsternis, Der Rebell Buch 2021. @book{DÜRRENMATT2021, title = {Labyrinth, Stoffe I – III, Der Winterkrieg in Tibet, Mondfinsternis, Der Rebell}, author = {Friedrich DÜRRENMATT}, year = {2021}, date = {2021-05-22}, abstract = {DÜRRENMATT, Friedrich: „Labyrinth, Stoffe I – III, Der Winterkrieg in Tibet, Mondfinsternis, Der Rebell“, Zürich 1998 Der 1921 geborene Dichter Friedrich Dürrenmatt beschäftigte sich mit einer Art Biografie seit 1964. Es ging ihm – neben einer Beschreibung des eigenen Lebens - um Ergänzungen und Argumentationen seiner Werke. Diesem Thema ging er dann ab 1969 intensiver nach. Der Verlag teilt das Manuskript in mehrere Bücher auf. Der hier besprochene Teil erschien 1981 und umfasst 3 Geschichten: „Der Winterkrieg in Tibet“, „Mondfinsternis“ und „Der Rebell“. Alle drei Themen hatten in älteren Werken schon Abhandlungen gefunden. Hier wird versucht die ursprüngliche Idee abzubilden. Der Winterkrieg ist eine Art Dritter Weltkrieg. Aber immer wieder ist das persönliche, eigene Leben eingeflochten. Etwa in der Formulierung „Ich machte eine gutbürgerliche Jugend wie eine Krankheit durch, ohne Kenntnisse der Gesellschaft und ihrer Zusammenhänge, behütet, ohne behütet zu sein, immer wieder gegen einen Zustand anrennend, der nicht zu ändern war.“ (Seite 50) Interessant auch seine Sicht der Position, die die Schweiz während des Zweiten Weltkriegs einnahm. Die Schweiz war isoliert. Er kam als Jugendlicher nur mit dem Fahrrad ins Ausland. Selbst war er dann zum Militärdienst eingezogen, den er mit wenig Überzeugung ableistete. Er sah auch die Gefahr der Schweiz. Einerseits neutral zu sein und andererseits den Deutschen Truppen Transporte durch ihr Land zu erlauben. Die Abweisung der vielen Juden an der Grenze luden Schuld auf das Land. Frieden wäre besser gewesen. Gott sei für den Frieden zuständig, der habe aber „andere Pläne oder war anderswo beschäftigt.“ (Seite 60) In der Mondfinsternis erzählt er vom Vater, der Pfarrer war und dessen Einfluss auf sein Leben. Wie er als Student erstmals von zu Hause weg lebte und wie es ihm dabei erging. In der eigentlichen Geschichte „Mondfinsternis“ geht es um einen, in Kanada reich gewordenen Dorfbewohner, der im Alter zurückkommt, um sich an einem Nebenbuhler zu rächen. In Übersee war er reich geworden und bietet den Bewohnern des kleinen Bergdorfs mehrere Millionen an, wenn sie diesen Mann ermorden. Sie machen es für Geld. Die Konflikte und Streitigkeiten ergeben ein interessantes Thema. Letztlich kommt der Reiche aber selbst um. Im „Rebell“ erzählt er zu Beginn wieder persönlich von seiner Zeit in der Rekrutenschule, um dann zum Thema zu kommen. Ein Bub hat eine alleinerziehende Mutter. Sie geht täglich fein gekleidet aus und kommt erst am Morgen wieder heim. Irgendwann bleibt sie dann ganz weg. Von seinem Vater weiß er nur wenig, forscht aber mit zunehmendem Interesse nach. Er reist den Spuren des Vaters nach und kommt in ein fernes Land, dessen Sprache auch sein Vater sprach und die er sich selbst angelernt hatte. Dort wird er selbst zum Rebell. Wie ein Erlöser wird er erwartet, damit das Volk von einer unterdrückenden Herrschaft befreit würde. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } DÜRRENMATT, Friedrich: „Labyrinth, Stoffe I – III, Der Winterkrieg in Tibet, Mondfinsternis, Der Rebell“, Zürich 1998 Der 1921 geborene Dichter Friedrich Dürrenmatt beschäftigte sich mit einer Art Biografie seit 1964. Es ging ihm – neben einer Beschreibung des eigenen Lebens - um Ergänzungen und Argumentationen seiner Werke. Diesem Thema ging er dann ab 1969 intensiver nach. Der Verlag teilt das Manuskript in mehrere Bücher auf. Der hier besprochene Teil erschien 1981 und umfasst 3 Geschichten: „Der Winterkrieg in Tibet“, „Mondfinsternis“ und „Der Rebell“. Alle drei Themen hatten in älteren Werken schon Abhandlungen gefunden. Hier wird versucht die ursprüngliche Idee abzubilden. Der Winterkrieg ist eine Art Dritter Weltkrieg. Aber immer wieder ist das persönliche, eigene Leben eingeflochten. Etwa in der Formulierung „Ich machte eine gutbürgerliche Jugend wie eine Krankheit durch, ohne Kenntnisse der Gesellschaft und ihrer Zusammenhänge, behütet, ohne behütet zu sein, immer wieder gegen einen Zustand anrennend, der nicht zu ändern war.“ (Seite 50) Interessant auch seine Sicht der Position, die die Schweiz während des Zweiten Weltkriegs einnahm. Die Schweiz war isoliert. Er kam als Jugendlicher nur mit dem Fahrrad ins Ausland. Selbst war er dann zum Militärdienst eingezogen, den er mit wenig Überzeugung ableistete. Er sah auch die Gefahr der Schweiz. Einerseits neutral zu sein und andererseits den Deutschen Truppen Transporte durch ihr Land zu erlauben. Die Abweisung der vielen Juden an der Grenze luden Schuld auf das Land. Frieden wäre besser gewesen. Gott sei für den Frieden zuständig, der habe aber „andere Pläne oder war anderswo beschäftigt.“ (Seite 60) In der Mondfinsternis erzählt er vom Vater, der Pfarrer war und dessen Einfluss auf sein Leben. Wie er als Student erstmals von zu Hause weg lebte und wie es ihm dabei erging. In der eigentlichen Geschichte „Mondfinsternis“ geht es um einen, in Kanada reich gewordenen Dorfbewohner, der im Alter zurückkommt, um sich an einem Nebenbuhler zu rächen. In Übersee war er reich geworden und bietet den Bewohnern des kleinen Bergdorfs mehrere Millionen an, wenn sie diesen Mann ermorden. Sie machen es für Geld. Die Konflikte und Streitigkeiten ergeben ein interessantes Thema. Letztlich kommt der Reiche aber selbst um. Im „Rebell“ erzählt er zu Beginn wieder persönlich von seiner Zeit in der Rekrutenschule, um dann zum Thema zu kommen. Ein Bub hat eine alleinerziehende Mutter. Sie geht täglich fein gekleidet aus und kommt erst am Morgen wieder heim. Irgendwann bleibt sie dann ganz weg. Von seinem Vater weiß er nur wenig, forscht aber mit zunehmendem Interesse nach. Er reist den Spuren des Vaters nach und kommt in ein fernes Land, dessen Sprache auch sein Vater sprach und die er sich selbst angelernt hatte. Dort wird er selbst zum Rebell. Wie ein Erlöser wird er erwartet, damit das Volk von einer unterdrückenden Herrschaft befreit würde. |
KEHLMANN, Daniel 2021. @book{KEHLMANN2021, title = {Mein Algorithmus und ich}, author = {Daniel KEHLMANN}, year = {2021}, date = {2021-05-11}, abstract = {KEHLMANN, Daniel: „Mein Algorithmus und ich“, Hamburg 2021 Stuttgart hatte zu Beginn 2021 eine Vortragsreihe mit dem Titel „Stuttgarter Zukunftsrede“ gestartet. Der erste Redner war Daniel Kehlmann, der über seine Erfahrungen mit einem dichtenden Computer berichtete. Ein Jahr zuvor wurde er ins Silicon Valley eingeladen, um gemeinsam mit einem Rechner zu dichten. Seine erste Erkenntnis war es, dass seinem Gegenüber so etwas wie Bewusstsein fehlte. Da unterschied er sich klar. „Ich weiß, wie es ist, ich zu sein, hier zu stehen, zu sprechen; mein Dasein hat eine Innenseite.“ (Seite 12) In mehreren Beispielen zeigt er seine Dichtererfahrungen, die primär erst in der englischen Sprache funktionierten. Mit den Ergebnissen war er aber nicht zufrieden. Trotzdem ist er zukunftsgläubig und meint „dass die Evolution nicht vorbei“ sei. „Die höhere Stufe muss sich nicht organisch aus der niederen entwickeln, sie kann auch von der niederen technisch, schöpferisch hervorgebracht werden.“ (Seite 50) Selbst wolle er aber die Zukunft nicht erleben. Auch nicht, wenn ihm das eine Zeitmaschine möglich machen würde, denn er denkt, dass es liebgewordene Dinge wie Musik oder Literatur nicht mehr geben wird. Zu seinen Computerdichtungen sagt er sehr klar „Und ich konnte mit ihm keinen Text schreiben, der künstlerisch hätte bestehen können. In dieser Hinsicht ist das Experiment gescheitert.“ (Seite 54) }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } KEHLMANN, Daniel: „Mein Algorithmus und ich“, Hamburg 2021 Stuttgart hatte zu Beginn 2021 eine Vortragsreihe mit dem Titel „Stuttgarter Zukunftsrede“ gestartet. Der erste Redner war Daniel Kehlmann, der über seine Erfahrungen mit einem dichtenden Computer berichtete. Ein Jahr zuvor wurde er ins Silicon Valley eingeladen, um gemeinsam mit einem Rechner zu dichten. Seine erste Erkenntnis war es, dass seinem Gegenüber so etwas wie Bewusstsein fehlte. Da unterschied er sich klar. „Ich weiß, wie es ist, ich zu sein, hier zu stehen, zu sprechen; mein Dasein hat eine Innenseite.“ (Seite 12) In mehreren Beispielen zeigt er seine Dichtererfahrungen, die primär erst in der englischen Sprache funktionierten. Mit den Ergebnissen war er aber nicht zufrieden. Trotzdem ist er zukunftsgläubig und meint „dass die Evolution nicht vorbei“ sei. „Die höhere Stufe muss sich nicht organisch aus der niederen entwickeln, sie kann auch von der niederen technisch, schöpferisch hervorgebracht werden.“ (Seite 50) Selbst wolle er aber die Zukunft nicht erleben. Auch nicht, wenn ihm das eine Zeitmaschine möglich machen würde, denn er denkt, dass es liebgewordene Dinge wie Musik oder Literatur nicht mehr geben wird. Zu seinen Computerdichtungen sagt er sehr klar „Und ich konnte mit ihm keinen Text schreiben, der künstlerisch hätte bestehen können. In dieser Hinsicht ist das Experiment gescheitert.“ (Seite 54) |
HESSE, Hermann Gertrud Buch 2021. @book{HESSE2021, title = {Gertrud}, author = {Hermann HESSE}, year = {2021}, date = {2021-05-10}, abstract = {HESSE, Hermann: „Gertrud“, Frankfurt 2020 Hesse war 33 Jahre alt, als dieses Buch erschien. Ein großartiger Roman. Die Hauptperson – sie erzählt in Ich-Form – ist ein Musiker, ein Komponist. Aber es beginnt mit der Jugend des Protagonisten, der aus einer angesehen und wohlsituierten Familie stammt. Der Vater rechnet damit, dass er, der Nachkomme, den kaufmännischen Betrieb übernimmt. Er aber will Musiker werden. Man lässt ihn gewähren, ohne aber an diese Sache, die ja kein Beruf sei, zu glauben. Während des Musikstudiums in einer entfernten Stadt stellt sich heraus, dass er nur ein mittelmäßiger Musiker werden kann. Aber er genießt die Studentenzeit und verehrt ein Mädchen, mit dem er bei einer verrückten Schlittenfahrt fast sein Bein verliert. Er liegt lange im Krankenhaus und letztlich hinkt er. Er vertieft sich in die Musik und beginnt zu komponieren. Seinem Lehrer zeigt er seine ersten Erfolge. Der aber lobt es nicht, wie er erwartet hatte. Aber er macht es auch nicht schlecht. So kann er mit dem Feed Back nichts anfangen. Er lernt einen Sänger kennen – mit dem ihn später eine innige Freundschaft verbindet -, der von seiner Komposition begeistert ist und diese zur Aufführung bringt. Nachdem der Vater gestorben ist, bleibt er in der Studentenstadt und knüpft eine Beziehung zu einem reichen Musiksponsor. Er bekommt so seine ersten Auftritte und letztlich durch den Sängerfreund auch eine Anstellung im Orchester. Im Haus des Gönners geht er aus und ein. Er ist in die Tochter verliebt, deklariert sich aber nicht, weil er ja „ein Krüppel“ sei. Er führt seinen Freund, den Sänger, ins Haus des Sponsors ein und letztlich heiraten die beiden. Ein schwerer Schlag für den Verliebten und Ungehörten. Er will sich das Leben nehmen. Aber es ergeben sich die Umstände, dass er lebend bleibt. Er hatte eine Oper geschrieben, die mit Hilfe seines Freundes in München aufgeführt wird. Er hat dem Freund viel zu verdanken und er verehrt ihn. Er ist hübsch und attraktiv. Er dagegen ein Krüppel. Trotzdem will er nicht so sein wie er: „Dennoch wünschte ich, wenn ich es auch vielleicht mir vorsagte, nicht zu sein wie er.“ (Seite 73) Oft zweifelt er an sich. „Wozu steht man am Morgen auf, isst, trinkt, legt sich abermals wieder hin? Das Kind, der Wilde, der gesunde junge Mensch, das Tier leidet unter diesem Kreislauf gleichgültiger Dinge und Tätigkeiten nicht. Wer nicht am Denken leidet, den freut das Aufstehen am Morgen und das Essen und Trinken, der findet Genüge darin und will es nicht anders.“ (Seite 118) Für ihn selbst ist es aber nicht so einfach. Er grübelt und denkt und sucht letztlich Zuflucht in der Musik. In der Heimatstadt hat er eine Freundschaft mit einem Musiker und dessen Tochter aufgebaut, der ihm beim Umsetzen und Verfeinern der Oper hilft. Gemeinsam erleben sie die Uraufführung, die ein Erfolg wurde. „Und jetzt erhob sich und erklang vor mir wohlbekannt und doch fremd mein Werk, das meiner nimmer bedurfte und sein eigenes Leben hatte. Lust und Mühe der vergangenen Tage, Hoffnung und schlaflose Nächte, Leidenschaft und Sehnsucht jener Zeit standen losgelöst und verkleidet mir gegenüber, die Erregung heimlicher Stunden klangen frei und werbend in das Haus an tausend fremde Herzen.“ (Seite 155) Bei seinem Besuch musste er, der Komponist, auch feststellen, dass das junge Paar sich zwar liebt und verehrt, aber nicht glücklich ist. Später kommt die Tochter zum Vater zurück, um sich zu erholen. Sie sieht krank aus. Als sie der Ehemann zurückholen will, bittet sie aber noch bleiben zu können. Es kommt zum Streit. Der junge und inzwischen anerkannte Komponist besucht seinen Freund in München. Es kommt zur Aussprache. Er rät dem Freund vom Alkohol zu lassen. Nach einer Aufführung seiner Oper gestaltet der Freund ein Fest. Sie trinken und essen und als Höhepunkt enthüllen sie ein Bild, das der Freund von seiner Frau anfertigen ließ. In der Nacht kommt es zum Unglück: der Sängerfreund beging Selbstmord. Die Witwe bleibt aber verschlossen. Lediglich die Freundschaft bleibt aufrecht. Parallel zu seiner unerwiderten Liebe passierte dasselbe mit der Tochter des Musikerfreundes. Sie ist in ihn verliebt, aber er merkt es nicht. Die Geschichte wird als Lebensrückblick erzählt. Erst als sein Freund tot ist, erkennt er vieles in ihm. „So habe ich in den Jahren, seit Heinrich Muoth begraben ist, ihn mir tausendmal wieder lebendig gemacht und klüger und liebreicher mit ihm reden können als je im Leben.“ (Seite 180) }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } HESSE, Hermann: „Gertrud“, Frankfurt 2020 Hesse war 33 Jahre alt, als dieses Buch erschien. Ein großartiger Roman. Die Hauptperson – sie erzählt in Ich-Form – ist ein Musiker, ein Komponist. Aber es beginnt mit der Jugend des Protagonisten, der aus einer angesehen und wohlsituierten Familie stammt. Der Vater rechnet damit, dass er, der Nachkomme, den kaufmännischen Betrieb übernimmt. Er aber will Musiker werden. Man lässt ihn gewähren, ohne aber an diese Sache, die ja kein Beruf sei, zu glauben. Während des Musikstudiums in einer entfernten Stadt stellt sich heraus, dass er nur ein mittelmäßiger Musiker werden kann. Aber er genießt die Studentenzeit und verehrt ein Mädchen, mit dem er bei einer verrückten Schlittenfahrt fast sein Bein verliert. Er liegt lange im Krankenhaus und letztlich hinkt er. Er vertieft sich in die Musik und beginnt zu komponieren. Seinem Lehrer zeigt er seine ersten Erfolge. Der aber lobt es nicht, wie er erwartet hatte. Aber er macht es auch nicht schlecht. So kann er mit dem Feed Back nichts anfangen. Er lernt einen Sänger kennen – mit dem ihn später eine innige Freundschaft verbindet -, der von seiner Komposition begeistert ist und diese zur Aufführung bringt. Nachdem der Vater gestorben ist, bleibt er in der Studentenstadt und knüpft eine Beziehung zu einem reichen Musiksponsor. Er bekommt so seine ersten Auftritte und letztlich durch den Sängerfreund auch eine Anstellung im Orchester. Im Haus des Gönners geht er aus und ein. Er ist in die Tochter verliebt, deklariert sich aber nicht, weil er ja „ein Krüppel“ sei. Er führt seinen Freund, den Sänger, ins Haus des Sponsors ein und letztlich heiraten die beiden. Ein schwerer Schlag für den Verliebten und Ungehörten. Er will sich das Leben nehmen. Aber es ergeben sich die Umstände, dass er lebend bleibt. Er hatte eine Oper geschrieben, die mit Hilfe seines Freundes in München aufgeführt wird. Er hat dem Freund viel zu verdanken und er verehrt ihn. Er ist hübsch und attraktiv. Er dagegen ein Krüppel. Trotzdem will er nicht so sein wie er: „Dennoch wünschte ich, wenn ich es auch vielleicht mir vorsagte, nicht zu sein wie er.“ (Seite 73) Oft zweifelt er an sich. „Wozu steht man am Morgen auf, isst, trinkt, legt sich abermals wieder hin? Das Kind, der Wilde, der gesunde junge Mensch, das Tier leidet unter diesem Kreislauf gleichgültiger Dinge und Tätigkeiten nicht. Wer nicht am Denken leidet, den freut das Aufstehen am Morgen und das Essen und Trinken, der findet Genüge darin und will es nicht anders.“ (Seite 118) Für ihn selbst ist es aber nicht so einfach. Er grübelt und denkt und sucht letztlich Zuflucht in der Musik. In der Heimatstadt hat er eine Freundschaft mit einem Musiker und dessen Tochter aufgebaut, der ihm beim Umsetzen und Verfeinern der Oper hilft. Gemeinsam erleben sie die Uraufführung, die ein Erfolg wurde. „Und jetzt erhob sich und erklang vor mir wohlbekannt und doch fremd mein Werk, das meiner nimmer bedurfte und sein eigenes Leben hatte. Lust und Mühe der vergangenen Tage, Hoffnung und schlaflose Nächte, Leidenschaft und Sehnsucht jener Zeit standen losgelöst und verkleidet mir gegenüber, die Erregung heimlicher Stunden klangen frei und werbend in das Haus an tausend fremde Herzen.“ (Seite 155) Bei seinem Besuch musste er, der Komponist, auch feststellen, dass das junge Paar sich zwar liebt und verehrt, aber nicht glücklich ist. Später kommt die Tochter zum Vater zurück, um sich zu erholen. Sie sieht krank aus. Als sie der Ehemann zurückholen will, bittet sie aber noch bleiben zu können. Es kommt zum Streit. Der junge und inzwischen anerkannte Komponist besucht seinen Freund in München. Es kommt zur Aussprache. Er rät dem Freund vom Alkohol zu lassen. Nach einer Aufführung seiner Oper gestaltet der Freund ein Fest. Sie trinken und essen und als Höhepunkt enthüllen sie ein Bild, das der Freund von seiner Frau anfertigen ließ. In der Nacht kommt es zum Unglück: der Sängerfreund beging Selbstmord. Die Witwe bleibt aber verschlossen. Lediglich die Freundschaft bleibt aufrecht. Parallel zu seiner unerwiderten Liebe passierte dasselbe mit der Tochter des Musikerfreundes. Sie ist in ihn verliebt, aber er merkt es nicht. Die Geschichte wird als Lebensrückblick erzählt. Erst als sein Freund tot ist, erkennt er vieles in ihm. „So habe ich in den Jahren, seit Heinrich Muoth begraben ist, ihn mir tausendmal wieder lebendig gemacht und klüger und liebreicher mit ihm reden können als je im Leben.“ (Seite 180) |
HANDKE, Peter 2021. @book{HANDKE2021, title = {Mein Tag im anderen Land}, author = {Peter HANDKE }, year = {2021}, date = {2021-05-02}, abstract = {HANDKE, Peter: „Mein Tag im anderen Land“, Berlin 2021 Es geht um einen von Dämonen besessenen Mann. Handke beschreibt ihn in der Ich-Form. Der Besessene erzählt selbst. Er lebt als Obstbauer mit seiner Schwester. Die Leute im Ort meinten „Irgendetwas stimmt nicht mit dir, schon oben von deinem Scheitelwirbel an!“ (Seite 13) Obwohl er ordentlich gekleidet durch das Dorf geht, weichen ihm die Leute aus. Er redet und schreit vor sich hin. Nichts war ihm an der Schöpfung recht. Die Nächte verbringt er in einem Zelt am Friedhof. Die Schwester sorgte sich um ihn. Nicht dass er anderen etwas antut, sondern sich selbst, denn „Schon als Kind hatte ich, im besonderen der Mutter, angekündigt, ich würde eines Tages mit dem Schädel gegen die Felswand hinter dem Haus rennen, mich in die Jauchengrube stürzen, einen Kopfsprung oben aus der Krone des Kirschbaums in der Dorfmitte machen, und solches von mir gegeben mit einer Bestimmtheit, dass nicht allein die Mutter meine Drohungen ernst nehmen musste.“ (Seite 39) Der erste Teil der Erzählung beschränkt sich auf den Zustand des Irren. Im zweiten Teil folgt seine Genesung. Der Anblick eines Mannes verändert ihn: „Was mich weckte und mich zurück zu mir von früher kommen ließ, das waren die Augen des einen Mannes …“ (Seite 41) Er verlässt sein Land. Setzt mit einem Boot über einen See über zu einem anderen Land, in dem niemand seine Vorgeschichte kennt und wo er ein neues Leben beginnen kann. Er erzählt nichts von sich selbst, sondern hört den anderen zu. Dort findet er auch seine Frau, gründet eine Familie und hat Kinder. Hin zu dieser „Normalität“ kommt er durch eine Wanderung. Die Beschreibung einer Wanderung, wie wir sie von Handke aus anderen, neueren Erzählungen kennen. Im letzten und dritten Teil des Buches führt ihn ein Traum wieder zurück zu seinem Schlafplatz am Friedhof. Er sieht die Situation mit seiner Frau, mit der er nichts Massives gebaut hatte; nur Luftschlösser. Auf diesem virtuellen Traum-Friedhof schreit er „Seid ihr alle da?“ }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } HANDKE, Peter: „Mein Tag im anderen Land“, Berlin 2021 Es geht um einen von Dämonen besessenen Mann. Handke beschreibt ihn in der Ich-Form. Der Besessene erzählt selbst. Er lebt als Obstbauer mit seiner Schwester. Die Leute im Ort meinten „Irgendetwas stimmt nicht mit dir, schon oben von deinem Scheitelwirbel an!“ (Seite 13) Obwohl er ordentlich gekleidet durch das Dorf geht, weichen ihm die Leute aus. Er redet und schreit vor sich hin. Nichts war ihm an der Schöpfung recht. Die Nächte verbringt er in einem Zelt am Friedhof. Die Schwester sorgte sich um ihn. Nicht dass er anderen etwas antut, sondern sich selbst, denn „Schon als Kind hatte ich, im besonderen der Mutter, angekündigt, ich würde eines Tages mit dem Schädel gegen die Felswand hinter dem Haus rennen, mich in die Jauchengrube stürzen, einen Kopfsprung oben aus der Krone des Kirschbaums in der Dorfmitte machen, und solches von mir gegeben mit einer Bestimmtheit, dass nicht allein die Mutter meine Drohungen ernst nehmen musste.“ (Seite 39) Der erste Teil der Erzählung beschränkt sich auf den Zustand des Irren. Im zweiten Teil folgt seine Genesung. Der Anblick eines Mannes verändert ihn: „Was mich weckte und mich zurück zu mir von früher kommen ließ, das waren die Augen des einen Mannes …“ (Seite 41) Er verlässt sein Land. Setzt mit einem Boot über einen See über zu einem anderen Land, in dem niemand seine Vorgeschichte kennt und wo er ein neues Leben beginnen kann. Er erzählt nichts von sich selbst, sondern hört den anderen zu. Dort findet er auch seine Frau, gründet eine Familie und hat Kinder. Hin zu dieser „Normalität“ kommt er durch eine Wanderung. Die Beschreibung einer Wanderung, wie wir sie von Handke aus anderen, neueren Erzählungen kennen. Im letzten und dritten Teil des Buches führt ihn ein Traum wieder zurück zu seinem Schlafplatz am Friedhof. Er sieht die Situation mit seiner Frau, mit der er nichts Massives gebaut hatte; nur Luftschlösser. Auf diesem virtuellen Traum-Friedhof schreit er „Seid ihr alle da?“ |
FRISCHMUTH, Barbara Natur und die Versuche, ihr mit Sprache beizukommen Buch 2021. @book{FRISCHMUTH2021, title = {Natur und die Versuche, ihr mit Sprache beizukommen}, author = {Barbara FRISCHMUTH }, year = {2021}, date = {2021-04-28}, abstract = {FRISCHMUTH, Barbara: „Natur und die Versuche, ihr mit Sprache beizukommen“, Wien Salzburg 2021 Frischmuth versucht eine Grenze zwischen Natur und Kultur zu ziehen und bezieht sich dabei auf Literatur. Der Mensch hat immer schon versucht sich die Natur untertan zu machen. Bedingt durch die derzeitige Erderwärmung wird die Ausbeutung der Ressource Natur bewusst. Im vorliegenden Essay versucht Barbara Frischmuth Natur zu definieren und aufzuzeigen, wie sie in der Literatur zu Wort kommt. Aber nicht nur in Literatur, auch in Wissenschaft und Kultur. Gleich zu Beginn wird die Frage gestellt „Was heißt Natur und was bedeutet der Begriff?“ (Seite 9) Die Autorin greift dabei auf das Griechische und Lateinische zurück, wo es um geboren werden und hervorbringen geht. Die Schöpfung, die natürliche Beschaffenheit, ja auch das Wesen eines Gegenstandes bezeichnet sie als Teil der Natur. Die Sprache an sich, die all dies beschreibt sei aber nicht notwendig zur Kommunikation. Tiere wie Hunde und Katzen informieren sich durch andere Formen und auch der Urmensch war keiner Sprache mächtig und konnte sich trotzdem verständigen. Vieles ist in anderen Sprachen ausgedrückt. Frischmuth forscht auch im Deutschen und kommt zu einer Definition, die „Zeugemutter“ heißt und sowohl den Mann als auch die Frau inkludiert. Im heutigen Sprachgebrauch wird Natur oder „in die Natur gehen“ durch Begriffe wie „chillen“, „relaxen“, Mountainbiken“, „Paragleiten“ oder „joggen“ ersetzt oder umschrieben. Die Summe des Lebens auf der Erde wird mit „GAIA“ zusammengefasst, was über einzelne Lebewesen weit hinausgeht und das Gesamte meint. Auch zur aktuellen Situation und der COVID19 Pandemie nimmt sie Stellung und sagt „Die Welt ist eine ewige Ansteckung“. (Seite 64) In einem Resümee, in das sie Philosophen, Anthropologen, Biologen und Geologen mit einbezieht, drückt Frischmuth die Situation so aus: „Was immer sie an metaphorischer Verfremdung ge- und erfunden haben, um die nicht zu leugnende Gefährdung unserer Welt erkennbar zu machen – sie fordern ein Umdenken ein.“ (Seite 58) Der Federführende der Zerstörung Natur sei aber der Mensch. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } FRISCHMUTH, Barbara: „Natur und die Versuche, ihr mit Sprache beizukommen“, Wien Salzburg 2021 Frischmuth versucht eine Grenze zwischen Natur und Kultur zu ziehen und bezieht sich dabei auf Literatur. Der Mensch hat immer schon versucht sich die Natur untertan zu machen. Bedingt durch die derzeitige Erderwärmung wird die Ausbeutung der Ressource Natur bewusst. Im vorliegenden Essay versucht Barbara Frischmuth Natur zu definieren und aufzuzeigen, wie sie in der Literatur zu Wort kommt. Aber nicht nur in Literatur, auch in Wissenschaft und Kultur. Gleich zu Beginn wird die Frage gestellt „Was heißt Natur und was bedeutet der Begriff?“ (Seite 9) Die Autorin greift dabei auf das Griechische und Lateinische zurück, wo es um geboren werden und hervorbringen geht. Die Schöpfung, die natürliche Beschaffenheit, ja auch das Wesen eines Gegenstandes bezeichnet sie als Teil der Natur. Die Sprache an sich, die all dies beschreibt sei aber nicht notwendig zur Kommunikation. Tiere wie Hunde und Katzen informieren sich durch andere Formen und auch der Urmensch war keiner Sprache mächtig und konnte sich trotzdem verständigen. Vieles ist in anderen Sprachen ausgedrückt. Frischmuth forscht auch im Deutschen und kommt zu einer Definition, die „Zeugemutter“ heißt und sowohl den Mann als auch die Frau inkludiert. Im heutigen Sprachgebrauch wird Natur oder „in die Natur gehen“ durch Begriffe wie „chillen“, „relaxen“, Mountainbiken“, „Paragleiten“ oder „joggen“ ersetzt oder umschrieben. Die Summe des Lebens auf der Erde wird mit „GAIA“ zusammengefasst, was über einzelne Lebewesen weit hinausgeht und das Gesamte meint. Auch zur aktuellen Situation und der COVID19 Pandemie nimmt sie Stellung und sagt „Die Welt ist eine ewige Ansteckung“. (Seite 64) In einem Resümee, in das sie Philosophen, Anthropologen, Biologen und Geologen mit einbezieht, drückt Frischmuth die Situation so aus: „Was immer sie an metaphorischer Verfremdung ge- und erfunden haben, um die nicht zu leugnende Gefährdung unserer Welt erkennbar zu machen – sie fordern ein Umdenken ein.“ (Seite 58) Der Federführende der Zerstörung Natur sei aber der Mensch. |
KLEMM, Gertraud Muttergehäuse Buch 2021. @book{KLEMM2021, title = {Muttergehäuse}, author = {Gertraud KLEMM}, year = {2021}, date = {2021-04-24}, abstract = {KLEMM, Gertraud: „Muttergehäuse“, Wien 2016 Was meint die Autorin mit „Muttergeäuse“? Das „Austragen“ eines Kindes. Alte Kulturen hatten Frauen nur als eine Art Backofen, Brutkasten zum Ausreifen von Kindern gesehen. Heute ist es mehr. Gertraud Klemm erzählt in diesem Roman die Situation eines Ehepaares, das Kinder will, aber es funktioniert nicht. Die Befruchtung kann nicht in Gang gebracht werden. Ärzte werden besucht. Das Paar muss sich vielen Fragen und Kommentaren des Freundeskreises stellen. Letztlich entscheiden sie für die Adoption eines Kindes. Der Behördenweg wird aufgezeigt. Das Kind wird ein dunkelhäutiges aus Südafrika. Schon äußerlich als Adoptivkind erkennbar. Die Mutter muss nicht nur lernen damit umzugehen, dass sie nicht die leibliche Mutter ist, sondern auch, dass es ein andersfärbiges Kind ist. Als das Kind dann ins elterliche Heim einzieht verändert sich deren Leben grundlegend. „Nichts bleibt ganz. Keine Stunde, keine Handlung. Nichts. Dein Tag: unzählige neue Pflichten. Wir sind wie halbiert, haben immer eine Hand zu wenig. Der Schlaf ist ein aneinandergereihtes Aufwachen. Neues stapelt sich. Der kleine Körper ist unendlich fragil und sehr beweglich. Man muss so viel wissen, was man zu lesen verabsäumt hat. Neues türmt sich auf und wir wanken durch die Täler dazwischen.“ (Seite 101) Viele Konflikte tun sich auf. Die Adoptivmutter muss sich gegenüber der Gesellschaft rechtfertigen und stellen, dass es eine „alternative Elternschaft“ (Seite 157) ist. Die Mutter fragt sich „Warum kann ich nicht sein wie die anderen Mütter?“ (Seite 109) Dann der Entscheid für ein zweites Adoptivkind, dessen „Anschaffung“ aber sich durch Probleme wie Kriegen und Unruhen in den „Lieferregionen“, verzögert und so der Abstand zwischen dem ersten und zweiten Kind vergrößert. Der Roman ist in kurze Kapitel gegliedert, die durch Träume abgegrenzt sind. Dadurch ist es angenehm zum Lesen. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } KLEMM, Gertraud: „Muttergehäuse“, Wien 2016 Was meint die Autorin mit „Muttergeäuse“? Das „Austragen“ eines Kindes. Alte Kulturen hatten Frauen nur als eine Art Backofen, Brutkasten zum Ausreifen von Kindern gesehen. Heute ist es mehr. Gertraud Klemm erzählt in diesem Roman die Situation eines Ehepaares, das Kinder will, aber es funktioniert nicht. Die Befruchtung kann nicht in Gang gebracht werden. Ärzte werden besucht. Das Paar muss sich vielen Fragen und Kommentaren des Freundeskreises stellen. Letztlich entscheiden sie für die Adoption eines Kindes. Der Behördenweg wird aufgezeigt. Das Kind wird ein dunkelhäutiges aus Südafrika. Schon äußerlich als Adoptivkind erkennbar. Die Mutter muss nicht nur lernen damit umzugehen, dass sie nicht die leibliche Mutter ist, sondern auch, dass es ein andersfärbiges Kind ist. Als das Kind dann ins elterliche Heim einzieht verändert sich deren Leben grundlegend. „Nichts bleibt ganz. Keine Stunde, keine Handlung. Nichts. Dein Tag: unzählige neue Pflichten. Wir sind wie halbiert, haben immer eine Hand zu wenig. Der Schlaf ist ein aneinandergereihtes Aufwachen. Neues stapelt sich. Der kleine Körper ist unendlich fragil und sehr beweglich. Man muss so viel wissen, was man zu lesen verabsäumt hat. Neues türmt sich auf und wir wanken durch die Täler dazwischen.“ (Seite 101) Viele Konflikte tun sich auf. Die Adoptivmutter muss sich gegenüber der Gesellschaft rechtfertigen und stellen, dass es eine „alternative Elternschaft“ (Seite 157) ist. Die Mutter fragt sich „Warum kann ich nicht sein wie die anderen Mütter?“ (Seite 109) Dann der Entscheid für ein zweites Adoptivkind, dessen „Anschaffung“ aber sich durch Probleme wie Kriegen und Unruhen in den „Lieferregionen“, verzögert und so der Abstand zwischen dem ersten und zweiten Kind vergrößert. Der Roman ist in kurze Kapitel gegliedert, die durch Träume abgegrenzt sind. Dadurch ist es angenehm zum Lesen. |
GLATTAUER, Daniel Die Liebe Geld Buch 2021. @book{GLATTAUER2021, title = {Die Liebe Geld}, author = { Daniel GLATTAUER }, year = {2021}, date = {2021-04-22}, abstract = {GLATTAUER, Daniel:_ „Die Liebe Geld“, Wien 2020 Es ist ein Theaterstück, das zwar stark überzeichnet, aber so die Realität eindringlich abbildet. Die Realität des Bankwesens. Ein Mann will sein Geld abheben, bekommt es aber nicht. Das Volumen des Abhebens ist gedeckelt. Er meint es sei sein Geld. Die Bankmitarbeiter sind anderer Ansicht. Dies bestätigt, dass Kryptowährungen zunehmend wichtig werden. Im zweiten Teil wird es noch skurriler. Die Bankbeamten übernehmen private Funktionen gegenüber dem Ehepaar, das ihr Geld nicht abheben kann. Auch das ist Realität. Mit zunehmender Automatisierung der Banken müssen sich diese neue Funktionen suchen. Ob sinnvolle ist eine andere Frage. Glattauer zeigt es sehr ironisch auf. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } GLATTAUER, Daniel:_ „Die Liebe Geld“, Wien 2020 Es ist ein Theaterstück, das zwar stark überzeichnet, aber so die Realität eindringlich abbildet. Die Realität des Bankwesens. Ein Mann will sein Geld abheben, bekommt es aber nicht. Das Volumen des Abhebens ist gedeckelt. Er meint es sei sein Geld. Die Bankmitarbeiter sind anderer Ansicht. Dies bestätigt, dass Kryptowährungen zunehmend wichtig werden. Im zweiten Teil wird es noch skurriler. Die Bankbeamten übernehmen private Funktionen gegenüber dem Ehepaar, das ihr Geld nicht abheben kann. Auch das ist Realität. Mit zunehmender Automatisierung der Banken müssen sich diese neue Funktionen suchen. Ob sinnvolle ist eine andere Frage. Glattauer zeigt es sehr ironisch auf. |
Lechner, Martin Der Irrweg Buch 2021. @book{Lechner2021, title = {Der Irrweg}, author = {Martin Lechner}, year = {2021}, date = {2021-04-21}, abstract = {LECHNER, Martin: „Der Irrweg“, Salzburg Wien 2021 Es ist schon alles gesagt; was will man da noch Neues sagen? Und doch kann man es. Wie etwa im vorliegenden Buch eine alleinerziehende Mutter, die ihr Schicksal nicht ertragen kann und zur Alkoholikerin – Säuferin wäre das stärkere und passendere Wort – wird. Darunter leidet auch der, bei ihr wohnende, Sohn. Er hätte lieber ein geordnetes Zuhause. Aber die Mutter kehrt – im wahrsten Sinne des Wortes – alles unter den Teppich. In diesem Fall unter ein Tuch, das sie vor dem Ausmalen des Zimmers über die, in der Mitte zusammengerückten Möbel, geworfen hat. Es verbirgt auch Dinge, die man weghaben will. Zum Ausmalen des Zimmers kam sie aber ein Jahr lang nicht. Ein Jahr, das der Sohn als Zivildiener in einer Irrenanstalt verbrachte. Der Grund? In der Schule kursierte auf Sozialen Medien ein Video, das ihn mit seiner stockbetrunkenen Mutter zeigte. Er wurde zum Spott der Mitschüler. Das bewog ihn auch ein Sabbatical, eine Auszeit von der Schule zu machen. Er, der von allen Mitschülern gehänselt wurde wollte sich in einer neuen Umgebung, unter anderen Mitschülern bewegen. Das konnte er, indem er die Klasse wechselte, indem er ein Jahr ausließ. Aber auch nach dem Neueinstieg lebte die Angst weiter. Lechner schreibt in einem teilweise sehr witzigen Stil: „Tatsächlich bewegte er sich so steif und eckig wie eine Sonnenliege bei ihren ersten Gehversuchen.“ (Seite 216) oder „Draußen an der frischen Luft schien sein Gehirn zu einer harten grünen Erbse einzuschrumpfen, die bei jedem Schritt von der einen zur anderen Schädelwand kullerte. Die letzten Nervenzellen, die darin noch Dienst schoben, knisterten in Alarmbereitschaft.“ (Seite 159) Unerwartet fallen diese Wortkonstruktionen ebenso unerwartet über den Leser her. Ja, das Buch hat etwas Neues an sich. Sowohl vom Thema als auch vom Schreibstil. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } LECHNER, Martin: „Der Irrweg“, Salzburg Wien 2021 Es ist schon alles gesagt; was will man da noch Neues sagen? Und doch kann man es. Wie etwa im vorliegenden Buch eine alleinerziehende Mutter, die ihr Schicksal nicht ertragen kann und zur Alkoholikerin – Säuferin wäre das stärkere und passendere Wort – wird. Darunter leidet auch der, bei ihr wohnende, Sohn. Er hätte lieber ein geordnetes Zuhause. Aber die Mutter kehrt – im wahrsten Sinne des Wortes – alles unter den Teppich. In diesem Fall unter ein Tuch, das sie vor dem Ausmalen des Zimmers über die, in der Mitte zusammengerückten Möbel, geworfen hat. Es verbirgt auch Dinge, die man weghaben will. Zum Ausmalen des Zimmers kam sie aber ein Jahr lang nicht. Ein Jahr, das der Sohn als Zivildiener in einer Irrenanstalt verbrachte. Der Grund? In der Schule kursierte auf Sozialen Medien ein Video, das ihn mit seiner stockbetrunkenen Mutter zeigte. Er wurde zum Spott der Mitschüler. Das bewog ihn auch ein Sabbatical, eine Auszeit von der Schule zu machen. Er, der von allen Mitschülern gehänselt wurde wollte sich in einer neuen Umgebung, unter anderen Mitschülern bewegen. Das konnte er, indem er die Klasse wechselte, indem er ein Jahr ausließ. Aber auch nach dem Neueinstieg lebte die Angst weiter. Lechner schreibt in einem teilweise sehr witzigen Stil: „Tatsächlich bewegte er sich so steif und eckig wie eine Sonnenliege bei ihren ersten Gehversuchen.“ (Seite 216) oder „Draußen an der frischen Luft schien sein Gehirn zu einer harten grünen Erbse einzuschrumpfen, die bei jedem Schritt von der einen zur anderen Schädelwand kullerte. Die letzten Nervenzellen, die darin noch Dienst schoben, knisterten in Alarmbereitschaft.“ (Seite 159) Unerwartet fallen diese Wortkonstruktionen ebenso unerwartet über den Leser her. Ja, das Buch hat etwas Neues an sich. Sowohl vom Thema als auch vom Schreibstil. |
FUNK, Mirna Zwischen du und ich Buch 2021. @book{FUNK2021b, title = {Zwischen du und ich}, author = {Mirna FUNK}, year = {2021}, date = {2021-04-10}, abstract = {FUNK, Mirna: „Zwischen Du und ich“, München 2021 Ein sehr skurriler Roman. Zwar eine ausgefallene Geschichte, die sich in einer jüdischen Gesellschaft bewegt. Auf die Judenvernichtung im Zweiten Weltkrieg zurückblickt, aber auch das heutige Leben in Israel aufzeigt. Stilistisch ist es nicht sehr gut. Die ersten zwei Drittel des Buches ziehen sich. Erst am Schluss kommt Spannung auf und man vergisst die nicht so gute Schreibweise. Die zwei Hauptpersonen sind Nike und Noam. Nike eine junge Frau aus Berlin, die jüdische Vorfahren hat. Sie arbeitet für einen deutschen Austauschdienst und meldet sich für ein Jahr nach Tel Aviv. Als deutsche Frau mit jüdischen Vorfahren bekommt sie die Doppel-Staatsbürgerschaft. Noam ist ein in Israel lebender 40-jähriger Mann. Seine Mutter – eine deutsche Jüdin – hatte die Familie verlassen und der Vater war gestorben. Sein Onkel zog ihn auf. Mehr schlecht als recht. Er hat nie richtig Fuß gefasst. Keine Beziehungen und keinen Dauerjob. Als Kolumnist in einer sozialistischen Tageszeitung wurde er bekannt, aber auch diesen guten Job wirft er hin. Die beiden Akteure teilen sich die einzelnen Kapitel im Buch. Jeweils aus einer Perspektive wird die Geschichte erzählt. Im Zuge des Aufenthalts von Nike in Tel Aviv kommen die beiden zusammen. Sie sind aber sehr unterschiedlich. Noam ist von seinem Onkel abhängig. Er hatte nie einen Fixpunkt. Mit Nike sieht er die Chance eines Neuanfangs, aber es gelingt nicht und endet in einem Desaster. Viele Sätze sind hebräisch und für den unkundigen Leser unverständlich. Hier wäre eine Übersetzung – und sei es nur im Anhang – sehr nützlich. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } FUNK, Mirna: „Zwischen Du und ich“, München 2021 Ein sehr skurriler Roman. Zwar eine ausgefallene Geschichte, die sich in einer jüdischen Gesellschaft bewegt. Auf die Judenvernichtung im Zweiten Weltkrieg zurückblickt, aber auch das heutige Leben in Israel aufzeigt. Stilistisch ist es nicht sehr gut. Die ersten zwei Drittel des Buches ziehen sich. Erst am Schluss kommt Spannung auf und man vergisst die nicht so gute Schreibweise. Die zwei Hauptpersonen sind Nike und Noam. Nike eine junge Frau aus Berlin, die jüdische Vorfahren hat. Sie arbeitet für einen deutschen Austauschdienst und meldet sich für ein Jahr nach Tel Aviv. Als deutsche Frau mit jüdischen Vorfahren bekommt sie die Doppel-Staatsbürgerschaft. Noam ist ein in Israel lebender 40-jähriger Mann. Seine Mutter – eine deutsche Jüdin – hatte die Familie verlassen und der Vater war gestorben. Sein Onkel zog ihn auf. Mehr schlecht als recht. Er hat nie richtig Fuß gefasst. Keine Beziehungen und keinen Dauerjob. Als Kolumnist in einer sozialistischen Tageszeitung wurde er bekannt, aber auch diesen guten Job wirft er hin. Die beiden Akteure teilen sich die einzelnen Kapitel im Buch. Jeweils aus einer Perspektive wird die Geschichte erzählt. Im Zuge des Aufenthalts von Nike in Tel Aviv kommen die beiden zusammen. Sie sind aber sehr unterschiedlich. Noam ist von seinem Onkel abhängig. Er hatte nie einen Fixpunkt. Mit Nike sieht er die Chance eines Neuanfangs, aber es gelingt nicht und endet in einem Desaster. Viele Sätze sind hebräisch und für den unkundigen Leser unverständlich. Hier wäre eine Übersetzung – und sei es nur im Anhang – sehr nützlich. |
de MAUPASSANT, Guy Mademoiselle Fifi. Die schönsten Novellen Buch 2021. @book{deMAUPASSANT2021, title = {Mademoiselle Fifi. Die schönsten Novellen}, author = {Guy de MAUPASSANT}, year = {2021}, date = {2021-04-05}, abstract = {MAUPASSANT, Guy de: „Mademoiselle Fifi. Die schönsten Novellen“, Wiesbaden 2017 300 Novellen hat Maupassant in seinem Leben geschrieben. 20 befinden sich im vorliegenden Buch. Die erste gab dem Buch den Titel. Fifi ist ein Offizier. Die Geschichte spielt im 19. Jahrhundert. Preußen hat Frankreich besetzt und die preußischen Soldaten – hier in der Normandie – gebärden sich als Wüstlinge. Wohnen in einem Schloss und zerstören vieles. Den Offizieren ist langweilig und sie holen sich aus der Stadt Huren, mit denen sie zuerst Abendessen. Alle sind dann betrunken. Die Soldaten führen patriotische Sprüche und sprechen von ihrer Unterwerfung Frankreichs. Als sie dann auch riefen, dass alle französische Frauen ihnen gehören, wurde eine der Huren aggressiv. Sie sei keine Frau, sondern eine Hure und die Frauen gehören den Franzosen und nicht den Deutschen. Im Zuge dieses Gefechts ergriff sie ein Messer und stach dem Offizier Fifi, der das große Wort führte in den Hals. Sie selbst flüchtete mit einem Sprung aus dem Fenster und der Offizier verstarb wenig später. Der Kommandant sendete alle Soldaten aus, um die entflohene Hure zu finden. Sie bedrohten sich aber nur selbst und es gab bei der Suche Tote und Verletzte aus den eigenen Reihen. Die Hure war unauffindbar. Am Schluss der Geschichte stellt sich heraus, dass die Hure vom Pfarrer im Glockenturm versteckt wurde. Eine Geschichte über das unrühmliche Verhalten von Soldaten, wenn sie die Sieger sind. Duchaux – die zweite Novelle – stellt einen Baron dar, der ein überzeugter Single ist. Er dachte nie an Heirat, da „dieses fürchterliche Dasein zu zweien, in dem Mann und Frau, da sie immer beieinander sind, sich allmählich so genau kennen, dass sie kein Wort mehr sagen können, das der andere nicht schon vorher weiß, wobei sie keine Bewegung machen können, die der andere nicht voraussieht, nichts mehr denken, wünschen, urteilen können, das der andere nicht schon vorher ahnt.“ (Seite 23) Im Alter fühlt er aber die Einsamkeit. Er hat einen unehelichen Sohn den er aufsucht, ohne sich erkennen zu geben. Der Sohn ist Immobilienmakler und er gibt vor ein Grundstück am Meer kaufen zu wollen. Enttäuscht sieht er, was aus dem Sohn mit seiner Familie geworden ist und er fährt nach Paris zurück, um sein bisheriges Leben fortzusetzen. Dann folgen zwei nette Liebesgeschichten. In einer wirft der Mann seiner Geliebten vor, mit ihrem Reden die Liebe zu zerstören. In der zweiten war die Geliebte gestorben. Er verbringt eine Nacht am Grab. Um Mitternacht stehen alle Toten aus ihren Gräbern und ändern die Texte am Grabstein. Die Geliebte löschte die ursprüngliche Zeile „Sie liebte, ward geliebt und starb“ und ersetzt sie mit „Eines Tages ging sie aus, um ihren Geliebten zu hintergehen, erkältete sich bei Regenwetter und starb.“ In der Geschichte „Der Kleine“ wird gezeigt, wie es einem Mann ergeht, dessen Frau bei der Geburt des Sohnes stirbt und er Alleinerzieher wird, um später zu erfahren, dass der Sohn nicht seiner ist, sondern der Vater sein Freund ist. Die längste Geschichte in diesem Buch ist das „Dickchen“. Eine Kutsche verlässt mit Flüchtlingen das von den deutschen Truppen besetzte Rouen in Richtung Westen; weg von den Besatzern. In einer Nacht auf der Flucht fallen sie wieder Deutschen in die Hände. Der zuständige Offizier hält sie so lange fest, bis die mitreisende junge Frau – das Dickchen – ihm Liebesdienste leistet. Ein interessanter Diskurs. Die Novelle „Das Geständnis“ ist ein Testament, das der Vater seinen Kindern hinterlässt und in dem er ein früheres Verhältnis und den Mord seines unehelichen Sohnes gesteht. „Der Schnurrbart“ ist ein Brief einer Frau an ihre Freundin, wo sie beschreibt wie unmännlich ihr Mann aussieht, nachdem er sich seinen Schnurrbart abrasiert hatte. „.. lass dich niemals von einem Mann ohne Schnurrbart küssen. Die Küsse haben gar keinen Geschmack, nicht mehr dieses Reizende, dieses durch Mark und Bein gehende, … Der Schnurrbart ist die Würze des Kusses. Denk dir, dass man dir auf die Lippen ein Stück trockenes Pergament – oder auch feuchtes – legt. Da hast du den Kuss eines schnurrbartlosen Mannes. Er lohnt wirklich nicht der Mühe.“ (Seite 113) Der Vater einer Bäuerin liegt im Sterben. Es ist aber viel Arbeit am Bauernhof. Sie entschließen sich das Begräbnis auf einen Sonntag zu legen, damit sie keine Arbeitszeit verlieren. Leute werden zum Begräbnis eingeladen, aber der Alte lebt noch … In „Rogers Mittel“ gibt der Autor Tipps, wie man dem Versagen in der Hochzeitsnacht begegnen kann. Zum Thema „Träume“ rät ein Arzt seinen Freunden nicht ein Rauschgift, sondern Äther zu nehmen. „Onkel Jules“ ist mit der Erbschaft seines Bruders nach Amerika abgehauen. Er schreibt reich zu sein und die Schuld zurückzuzahlen. Die Familie des Bruders hofft, aber auf einem Fährschiff entdecken sie ihn als verarmten Matrosen. Maupassant kann Details sehr genau schildern. So auch den Zwist eines Ehepaares, das sich bei einem Spaziergang verlaufen hatte (in „Erinnerung“). Eine ähnliche Beziehungsgeschichtenanalyse liefert die Novelle „Die Probe“. Viele Themen nehmen Bezug auf die Besetzung Frankreichs von den Deutschen. Mit Mutter Sauvage wird eine mutige Bäuerin vorgestellt, die, nachdem sie die Verständigung bekam, dass ihr einziger Sohn im Krieg gefallen war, ihr Haus, in dem vier deutsche Soldaten untergebracht waren, anzündete. Die deutschen Soldaten verbrannten. Sie stand zu ihrer Tat und wurde erschossen. Jeder hatte es schon und konnte nicht schlafen. Maupassant beschreibt es sehr ausführlich und detailliert in der Novelle „Der Horla“. In einer aristokratischen Familie liegt der Bruder der Frau im Sterben. Er hatte sich der Kirche abgewandt und wohnte mit Dirnen zusammen. „Als ehemaliger Pair von Frankreich, einstiger Kavallerieoberst, glaubte er, wie behauptet wurde, weder an Gott noch Teufel.“ (Seite 203) Für die Familie wäre es eine Schande gewesen, wenn er ohne letzte Ölung gestorben wäre. Aber man schaffte es, auch wenn nicht sicher war, ob er bei der heiligen Handlung nicht schon tot war und so nicht mehr widersprechen konnte. In der Geschichte „Liebe“ erwartet man eine Liebesbeziehung. Tatsächlich handelt es sich aber um Enten. Als die Jagdgesellschaft das Weibchen abgeschossen hatte, flog das Männchen nicht weiter, bis man auch dieses erschossen hatte. In der letzten Geschichte steht ein Dienstmädchen vor Gericht, das ihr Kind nach der Geburt ermordet und im Garten vergraben hat. Nach ihrer Schilderung des Hergangs wurde sie freigesprochen. Maupassant gibt mit allen seinen Geschichten einen sehr guten Einblick in die Zeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts in Frankreich. Patriotisch schwingt auch durch, wie die Gesellschaft unter der deutschen Besatzung litt. Ein sehr gutes Zeitzeugnis Frankreichs. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } MAUPASSANT, Guy de: „Mademoiselle Fifi. Die schönsten Novellen“, Wiesbaden 2017 300 Novellen hat Maupassant in seinem Leben geschrieben. 20 befinden sich im vorliegenden Buch. Die erste gab dem Buch den Titel. Fifi ist ein Offizier. Die Geschichte spielt im 19. Jahrhundert. Preußen hat Frankreich besetzt und die preußischen Soldaten – hier in der Normandie – gebärden sich als Wüstlinge. Wohnen in einem Schloss und zerstören vieles. Den Offizieren ist langweilig und sie holen sich aus der Stadt Huren, mit denen sie zuerst Abendessen. Alle sind dann betrunken. Die Soldaten führen patriotische Sprüche und sprechen von ihrer Unterwerfung Frankreichs. Als sie dann auch riefen, dass alle französische Frauen ihnen gehören, wurde eine der Huren aggressiv. Sie sei keine Frau, sondern eine Hure und die Frauen gehören den Franzosen und nicht den Deutschen. Im Zuge dieses Gefechts ergriff sie ein Messer und stach dem Offizier Fifi, der das große Wort führte in den Hals. Sie selbst flüchtete mit einem Sprung aus dem Fenster und der Offizier verstarb wenig später. Der Kommandant sendete alle Soldaten aus, um die entflohene Hure zu finden. Sie bedrohten sich aber nur selbst und es gab bei der Suche Tote und Verletzte aus den eigenen Reihen. Die Hure war unauffindbar. Am Schluss der Geschichte stellt sich heraus, dass die Hure vom Pfarrer im Glockenturm versteckt wurde. Eine Geschichte über das unrühmliche Verhalten von Soldaten, wenn sie die Sieger sind. Duchaux – die zweite Novelle – stellt einen Baron dar, der ein überzeugter Single ist. Er dachte nie an Heirat, da „dieses fürchterliche Dasein zu zweien, in dem Mann und Frau, da sie immer beieinander sind, sich allmählich so genau kennen, dass sie kein Wort mehr sagen können, das der andere nicht schon vorher weiß, wobei sie keine Bewegung machen können, die der andere nicht voraussieht, nichts mehr denken, wünschen, urteilen können, das der andere nicht schon vorher ahnt.“ (Seite 23) Im Alter fühlt er aber die Einsamkeit. Er hat einen unehelichen Sohn den er aufsucht, ohne sich erkennen zu geben. Der Sohn ist Immobilienmakler und er gibt vor ein Grundstück am Meer kaufen zu wollen. Enttäuscht sieht er, was aus dem Sohn mit seiner Familie geworden ist und er fährt nach Paris zurück, um sein bisheriges Leben fortzusetzen. Dann folgen zwei nette Liebesgeschichten. In einer wirft der Mann seiner Geliebten vor, mit ihrem Reden die Liebe zu zerstören. In der zweiten war die Geliebte gestorben. Er verbringt eine Nacht am Grab. Um Mitternacht stehen alle Toten aus ihren Gräbern und ändern die Texte am Grabstein. Die Geliebte löschte die ursprüngliche Zeile „Sie liebte, ward geliebt und starb“ und ersetzt sie mit „Eines Tages ging sie aus, um ihren Geliebten zu hintergehen, erkältete sich bei Regenwetter und starb.“ In der Geschichte „Der Kleine“ wird gezeigt, wie es einem Mann ergeht, dessen Frau bei der Geburt des Sohnes stirbt und er Alleinerzieher wird, um später zu erfahren, dass der Sohn nicht seiner ist, sondern der Vater sein Freund ist. Die längste Geschichte in diesem Buch ist das „Dickchen“. Eine Kutsche verlässt mit Flüchtlingen das von den deutschen Truppen besetzte Rouen in Richtung Westen; weg von den Besatzern. In einer Nacht auf der Flucht fallen sie wieder Deutschen in die Hände. Der zuständige Offizier hält sie so lange fest, bis die mitreisende junge Frau – das Dickchen – ihm Liebesdienste leistet. Ein interessanter Diskurs. Die Novelle „Das Geständnis“ ist ein Testament, das der Vater seinen Kindern hinterlässt und in dem er ein früheres Verhältnis und den Mord seines unehelichen Sohnes gesteht. „Der Schnurrbart“ ist ein Brief einer Frau an ihre Freundin, wo sie beschreibt wie unmännlich ihr Mann aussieht, nachdem er sich seinen Schnurrbart abrasiert hatte. „.. lass dich niemals von einem Mann ohne Schnurrbart küssen. Die Küsse haben gar keinen Geschmack, nicht mehr dieses Reizende, dieses durch Mark und Bein gehende, … Der Schnurrbart ist die Würze des Kusses. Denk dir, dass man dir auf die Lippen ein Stück trockenes Pergament – oder auch feuchtes – legt. Da hast du den Kuss eines schnurrbartlosen Mannes. Er lohnt wirklich nicht der Mühe.“ (Seite 113) Der Vater einer Bäuerin liegt im Sterben. Es ist aber viel Arbeit am Bauernhof. Sie entschließen sich das Begräbnis auf einen Sonntag zu legen, damit sie keine Arbeitszeit verlieren. Leute werden zum Begräbnis eingeladen, aber der Alte lebt noch … In „Rogers Mittel“ gibt der Autor Tipps, wie man dem Versagen in der Hochzeitsnacht begegnen kann. Zum Thema „Träume“ rät ein Arzt seinen Freunden nicht ein Rauschgift, sondern Äther zu nehmen. „Onkel Jules“ ist mit der Erbschaft seines Bruders nach Amerika abgehauen. Er schreibt reich zu sein und die Schuld zurückzuzahlen. Die Familie des Bruders hofft, aber auf einem Fährschiff entdecken sie ihn als verarmten Matrosen. Maupassant kann Details sehr genau schildern. So auch den Zwist eines Ehepaares, das sich bei einem Spaziergang verlaufen hatte (in „Erinnerung“). Eine ähnliche Beziehungsgeschichtenanalyse liefert die Novelle „Die Probe“. Viele Themen nehmen Bezug auf die Besetzung Frankreichs von den Deutschen. Mit Mutter Sauvage wird eine mutige Bäuerin vorgestellt, die, nachdem sie die Verständigung bekam, dass ihr einziger Sohn im Krieg gefallen war, ihr Haus, in dem vier deutsche Soldaten untergebracht waren, anzündete. Die deutschen Soldaten verbrannten. Sie stand zu ihrer Tat und wurde erschossen. Jeder hatte es schon und konnte nicht schlafen. Maupassant beschreibt es sehr ausführlich und detailliert in der Novelle „Der Horla“. In einer aristokratischen Familie liegt der Bruder der Frau im Sterben. Er hatte sich der Kirche abgewandt und wohnte mit Dirnen zusammen. „Als ehemaliger Pair von Frankreich, einstiger Kavallerieoberst, glaubte er, wie behauptet wurde, weder an Gott noch Teufel.“ (Seite 203) Für die Familie wäre es eine Schande gewesen, wenn er ohne letzte Ölung gestorben wäre. Aber man schaffte es, auch wenn nicht sicher war, ob er bei der heiligen Handlung nicht schon tot war und so nicht mehr widersprechen konnte. In der Geschichte „Liebe“ erwartet man eine Liebesbeziehung. Tatsächlich handelt es sich aber um Enten. Als die Jagdgesellschaft das Weibchen abgeschossen hatte, flog das Männchen nicht weiter, bis man auch dieses erschossen hatte. In der letzten Geschichte steht ein Dienstmädchen vor Gericht, das ihr Kind nach der Geburt ermordet und im Garten vergraben hat. Nach ihrer Schilderung des Hergangs wurde sie freigesprochen. Maupassant gibt mit allen seinen Geschichten einen sehr guten Einblick in die Zeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts in Frankreich. Patriotisch schwingt auch durch, wie die Gesellschaft unter der deutschen Besatzung litt. Ein sehr gutes Zeitzeugnis Frankreichs. |
JEZOWER, Ignaz Die Befreiung der Menschheit. Freiheitsideen in Vergangenheit und Gegenwart Buch 2021. @book{JEZOWER2021, title = {Die Befreiung der Menschheit. Freiheitsideen in Vergangenheit und Gegenwart}, author = {JEZOWER, Ignaz}, year = {2021}, date = {2021-04-03}, abstract = {JEZOWER, Ignaz: „Die Befreiung der Menschheit. Freiheitsideen in Vergangenheit und Gegenwart“, Berlin Leipzig Wien Stuttgart 1921 Im Nachlass meiner Mutter, der von meiner Schwester verwaltet wurde, habe ich dieses Buch des Vaters gefunden. Er war ein überzeugter und aktiver Sozialist. Zentralbetriebsrat bei der ÖBB. Von ihm stammte dieses Buch, das auch seine Weltanschauung geprägt hat. Viele Autoren haben eine Geschichte des Sozialismus – oder das, was sie glaubten Sozialismus zu sein – zusammengetragen. Der Inhalt gliedert sich in drei Blöcke: • Die sozialen und revolutionären Bewegungen • Die Ideen und die Entwicklung des Sozialismus • Das Freiheitsbild in der Kunst Im geschichtlichen Teil wird auch auf die international unterschiedliche Entwicklung eingegangen. Revolutionen, die die unterdrückten Gesellschaftsschichten zu mehr Rechten verhalfen. Die aktuelle Situation des Sozialismus (auf die Zeit des Erscheinens des Buches bezogen) wird im zweiten Abschnitt behandelt. Vom „sozialistischen Gedanken“ über die „sozialistische Internationale“ bis hin zum „Reich der Freiheit“. Der dritte Teil entspricht fast einem kunsthistorischen Buch. Es zeigt anhand von Bildern die Freiheitsideale der Gesellschaft auf. Dieses großformatige Buch ist stark bebildert. Ein sehr anspruchsvolles und schönes Buch. Wenn ich den wahrscheinlich hohen Kaufpreis des Buches in Relation zum Monatsgehalt meines Vaters mir vorstelle, dann war es sehr viel Idealismus und Überzeugung der Idee des Sozialismus, die zum Kauf führte. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } JEZOWER, Ignaz: „Die Befreiung der Menschheit. Freiheitsideen in Vergangenheit und Gegenwart“, Berlin Leipzig Wien Stuttgart 1921 Im Nachlass meiner Mutter, der von meiner Schwester verwaltet wurde, habe ich dieses Buch des Vaters gefunden. Er war ein überzeugter und aktiver Sozialist. Zentralbetriebsrat bei der ÖBB. Von ihm stammte dieses Buch, das auch seine Weltanschauung geprägt hat. Viele Autoren haben eine Geschichte des Sozialismus – oder das, was sie glaubten Sozialismus zu sein – zusammengetragen. Der Inhalt gliedert sich in drei Blöcke: • Die sozialen und revolutionären Bewegungen • Die Ideen und die Entwicklung des Sozialismus • Das Freiheitsbild in der Kunst Im geschichtlichen Teil wird auch auf die international unterschiedliche Entwicklung eingegangen. Revolutionen, die die unterdrückten Gesellschaftsschichten zu mehr Rechten verhalfen. Die aktuelle Situation des Sozialismus (auf die Zeit des Erscheinens des Buches bezogen) wird im zweiten Abschnitt behandelt. Vom „sozialistischen Gedanken“ über die „sozialistische Internationale“ bis hin zum „Reich der Freiheit“. Der dritte Teil entspricht fast einem kunsthistorischen Buch. Es zeigt anhand von Bildern die Freiheitsideale der Gesellschaft auf. Dieses großformatige Buch ist stark bebildert. Ein sehr anspruchsvolles und schönes Buch. Wenn ich den wahrscheinlich hohen Kaufpreis des Buches in Relation zum Monatsgehalt meines Vaters mir vorstelle, dann war es sehr viel Idealismus und Überzeugung der Idee des Sozialismus, die zum Kauf führte. |
Rainer NOWAK, Die Presse (Hrsg.) Napoleon Booklet 2021. @booklet{NOWAK2021, title = {Napoleon}, editor = {Rainer NOWAK, Die Presse}, year = {2021}, date = {2021-03-30}, abstract = {NOWAK, Rainer: „Napoleon“, Wien 2021 Es ist ein Buch / eine Broschüre der Tageszeitung „Die Presse“. Zu verschiedensten Themen erschienen in der Reihe „Geschichte“ Ausgaben. Jetzt „Napoleon“. Mehrere Autoren haben mitgewirkt und so das Leben Napoleons aus verschiedenen Blickwinkeln beschrieben. Es beginnt mit seiner Zeit in Korsika, zeigt seine verschiedenen Feldzüge, seine Bemühungen in der Politik und seine Verhältnisse und Ehen. Es werden dazwischen aber auch gesellschaftspolitische Hintergrundinformationen wie „Neue Ära der Menschheit“ gegeben. So wird der Mensch Napoleon in sein Umfeld gestellt und so manche Entscheidung und Handlung anders verstanden. Es ist sehr abwechslungsreich geschrieben und gut bebildert. So bekommt man als Leser einen guten Überblick. Die Geschichte auf 100 großformatigen Seiten liest sich leicht und ist sehr informativ. Für den österreichischen Leser wird Andreas Hofer auch in ein anderes Licht gestellt und der noch heute existierende Komplex der Tiroler gegenüber den Wienern verständlich gemacht. Bezug auf spätere und frühere Zeiten werden unter dem Titel „Diktator, Tyrann, Monster“ mit Vergleichen zu Cäsar und Hitler hergestellt. }, month = {03}, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {booklet} } NOWAK, Rainer: „Napoleon“, Wien 2021 Es ist ein Buch / eine Broschüre der Tageszeitung „Die Presse“. Zu verschiedensten Themen erschienen in der Reihe „Geschichte“ Ausgaben. Jetzt „Napoleon“. Mehrere Autoren haben mitgewirkt und so das Leben Napoleons aus verschiedenen Blickwinkeln beschrieben. Es beginnt mit seiner Zeit in Korsika, zeigt seine verschiedenen Feldzüge, seine Bemühungen in der Politik und seine Verhältnisse und Ehen. Es werden dazwischen aber auch gesellschaftspolitische Hintergrundinformationen wie „Neue Ära der Menschheit“ gegeben. So wird der Mensch Napoleon in sein Umfeld gestellt und so manche Entscheidung und Handlung anders verstanden. Es ist sehr abwechslungsreich geschrieben und gut bebildert. So bekommt man als Leser einen guten Überblick. Die Geschichte auf 100 großformatigen Seiten liest sich leicht und ist sehr informativ. Für den österreichischen Leser wird Andreas Hofer auch in ein anderes Licht gestellt und der noch heute existierende Komplex der Tiroler gegenüber den Wienern verständlich gemacht. Bezug auf spätere und frühere Zeiten werden unter dem Titel „Diktator, Tyrann, Monster“ mit Vergleichen zu Cäsar und Hitler hergestellt. |
RUPOLD, Hermann 2021. @book{RUPOLD2021, title = {Supermacht China. Geschichte, Politik, Bildung, Wirtschaft und Militär. Die chinesische Weltmacht aus Asien verstehen}, author = {Hermann RUPOLD}, year = {2021}, date = {2021-03-25}, abstract = {RUPOLD, Hermann: „Supermacht China. Geschichte, Politik, Bildung, Wirtschaft und Militär. Die chinesische Weltmacht aus Asien verstehen“, Wroclaw 2020 Auch wenn man glaubt viel über China zu wissen, erfährt man in diesem Buch wieder Neues. Nicht weil der Autor ein Experte ist, sondern weil er die einzelnen Kapitel sehr systematisch und sachlich aufgearbeitet hat. Eine sehr gute Einführung, die auch einen Überblick gibt. Es beginnt mit einer Geschichte Chinas. Die chinesische Kultur ist sehr alt und beginnt mit dem Jahr 7000 vor Christus. Über die vielen Dynastien zu den Kaisern. Es ist dies wohl die längste Kaiserzeit, die es auf dieser Erde je gegeben hat: über 2000 Jahre. So wie in vielen europäischen Ländern kam es Anfang des 20. Jahrhunderts zum Sturz der Monarchien und auch in China zur Ausrufung der Republik. Deren Führer wurden dann von den aufkommenden Kommunisten bekämpft. Interne Bürgerkriege vertrieben die ursprünglichen Machthaber auf die Insel Taiwan, weshalb China noch heute Anspruch auf diese Insel hat. Unter Mao kam es zur Volksrepublik mit all ihren Vor- und Nachteilen. Nach Maos Tod im Jahr 1976 kam es zu einem Systemwechsel. Marktöffnungen, Internationalisierung, Liberalisierung und letztlich zum Aufstieg Chinas zur Weltmacht. Der Wechsel führte nicht nur zu einer Erhöhung des Lebensstandards, sondern auch die Bevölkerung wuchs rasant. Hatte China im Jahr 1953 noch 580 Millionen Einwohner, so waren es 2018 1,4 Milliarden. Das Wachstum wurde auch mit der Einkind-Politik nicht gestoppt. Erst der aufkommende Wohlstand führte zum selben Kinderwunsch, wie in den westlichen Kulturen. Junge Familien wollen grundsätzlich nur ein Kind. So wurde 2016 die Einkind-Politik aufgehoben. Die Bevölkerung konzentriert sich im Osten, wo 92 Prozent der Chinesen wohnen. Auch eine Landflucht setzte ein und China hat heute 15 Megastädte mit mehr als 10 Millionen Einwohner. In 150 Städten wohnen mehr als eine Million Menschen. Chinesen bleiben noch unter sich und nur 0,1 % der Bewohner sind Ausländer. Obwohl wir Europäer und Amerikaner oft glauben, dass viele Chinesen ausgewandert seien, so sind weniger als 10 Millionen im Ausland ansässig. Erstaunlich ist, dass China sich als multiethnisches und multireligiöses Land bezeichnet. 5 Religionen sind zugelassen, wobei Protestanten und Katholiken zusammengefasst werden. Glaube und Staat sind aber strikt getrennt. Chinesen haben einen religiösen Pragmatismus und passen sich je nach Lebenssituation einer Religion an. Der Autor des Buches erklärt dann sehr anschaulich den Aufbau der derzeitigen Regierung. Die Mehrheit der Einwohner verstehen sich als Teil eines demokratischen Staates. Man hat in die Politik großes Vertrauen und Politiker sind die Schutzherren der Einwohner. Bedingt durch das Vertrauen in die Regierung gibt es wenig Widerstand gegen den Staat. Das Rechtssystem kennt keine Trennung zwischen Legislative, Judikative und Exekutive, es ist aber eine Annäherung an westliche Systeme erkennbar. Das Gesundheitssystem wurde radikal verbessert. Aus einem armen Land mit schlechter Versorgung wurde ein vorbildliches. Der Schwerpunkt der Versorgung legt aber auf Krankenhäusern, Kliniken und Versorgungszentren; weniger auf praktizierenden Ärzten. China ist ein föderalistischer Staat. Die Zentralregierung gibt die Regeln vor, für die Umsetzung sind aber die Provinzen zuständig und hier wird oft nicht im Gleichschritt gehandelt. Das zeigt auch das Bildungssystem, das je nach Provinz unterschiedlich ist. China hat sich dem weltweit üblichen System angepasst, wobei die Grundschule und die Mittelschule jeweils 6 Jahre dauern. Es gilt Schulpflicht, lediglich der Kindergarten ist freiwillig. Die Aufnahmeregeln ins Hochschulsystem sind sehr streng. Der Schulbesuch ist ohne Kosten, für Kindergarten und Hochschule muss bezahlt werden. Der Schwerpunkt des Interesses an Universitäten liegt bei naturwissenschaftlichen Fächern. Jedes Jahr werden etwa 42 Millionen neue Studenten aufgenommen. Außenpolitisch wird die Situation Chinas gegenüber Russland, Japan, der USA und Europa beschrieben. Der Autor des Buches räumt dem Kapitel „Wirtschaft“ viel Raum ein. Ist es doch der Bereich, der den Aufschwung brachte. Die Reform- und Öffnungspolitik startete 1978 und führte 2010 zur Weltmachtstellung. Das Exportvolumen steigerte sich in der Zeit von 2 Milliarden Dollar auf 2000 Milliarden Dollar und machte China zum Exportland Nummer 1. Aber nicht nur am Gebiet der Industrialisierung ist das Land führend auch im Bereich der Landwirtschaft, wo es in vielen Bereichen der weltweit größte Produzent ist. Obwohl es ein kommunistisches Land ist, ist der Unterschied zwischen arm und reich groß. China zählt 720.000 Millionäre und 300 Milliardäre. Mittelfristig beteiligt sich China am Energiewandel und sperrt Kohlekraftwerke, um in alternative Energiequellen einzusteigen. Chinas Autoindustrie, das Steuer- und Bankensystem wird beschrieben. Auch dem Thema Tourismus wird ein Augenmerk gegeben: Die Mittelschicht hat begonnen in die Welt zu reisen und viele Ausländer kommen ins Land und machten China zum viertgrößten Tourismusland hinter Frankreich, den USA und Spanien. Der steigende Wohlstand führt auch zum vermehrten Konsum von Luxusgütern, wobei hier die Hauptzielgruppe bei jüngeren Menschen liegt. Die Volksbefreiungsarmee ist mit 2,2 Millionen Soldaten und 1,4 Millionen Reservisten das größte Heer der Welt. Auch ein Faktor, um die Weltmachtführung zu unterstreichen. China steht heute hinter den USA am Platz zwei, will aber mehr und die USA wehren sich durch Strafzölle. Der Autor hat mit diesem Buch einen sehr sachlichen Überblick geliefert, in dem er im letzten Kapitel auch kritische Punkte anspricht. Für jeden, der sich für China interessiert, könnte dieses Buch eine Pflichtlektüre sein. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } RUPOLD, Hermann: „Supermacht China. Geschichte, Politik, Bildung, Wirtschaft und Militär. Die chinesische Weltmacht aus Asien verstehen“, Wroclaw 2020 Auch wenn man glaubt viel über China zu wissen, erfährt man in diesem Buch wieder Neues. Nicht weil der Autor ein Experte ist, sondern weil er die einzelnen Kapitel sehr systematisch und sachlich aufgearbeitet hat. Eine sehr gute Einführung, die auch einen Überblick gibt. Es beginnt mit einer Geschichte Chinas. Die chinesische Kultur ist sehr alt und beginnt mit dem Jahr 7000 vor Christus. Über die vielen Dynastien zu den Kaisern. Es ist dies wohl die längste Kaiserzeit, die es auf dieser Erde je gegeben hat: über 2000 Jahre. So wie in vielen europäischen Ländern kam es Anfang des 20. Jahrhunderts zum Sturz der Monarchien und auch in China zur Ausrufung der Republik. Deren Führer wurden dann von den aufkommenden Kommunisten bekämpft. Interne Bürgerkriege vertrieben die ursprünglichen Machthaber auf die Insel Taiwan, weshalb China noch heute Anspruch auf diese Insel hat. Unter Mao kam es zur Volksrepublik mit all ihren Vor- und Nachteilen. Nach Maos Tod im Jahr 1976 kam es zu einem Systemwechsel. Marktöffnungen, Internationalisierung, Liberalisierung und letztlich zum Aufstieg Chinas zur Weltmacht. Der Wechsel führte nicht nur zu einer Erhöhung des Lebensstandards, sondern auch die Bevölkerung wuchs rasant. Hatte China im Jahr 1953 noch 580 Millionen Einwohner, so waren es 2018 1,4 Milliarden. Das Wachstum wurde auch mit der Einkind-Politik nicht gestoppt. Erst der aufkommende Wohlstand führte zum selben Kinderwunsch, wie in den westlichen Kulturen. Junge Familien wollen grundsätzlich nur ein Kind. So wurde 2016 die Einkind-Politik aufgehoben. Die Bevölkerung konzentriert sich im Osten, wo 92 Prozent der Chinesen wohnen. Auch eine Landflucht setzte ein und China hat heute 15 Megastädte mit mehr als 10 Millionen Einwohner. In 150 Städten wohnen mehr als eine Million Menschen. Chinesen bleiben noch unter sich und nur 0,1 % der Bewohner sind Ausländer. Obwohl wir Europäer und Amerikaner oft glauben, dass viele Chinesen ausgewandert seien, so sind weniger als 10 Millionen im Ausland ansässig. Erstaunlich ist, dass China sich als multiethnisches und multireligiöses Land bezeichnet. 5 Religionen sind zugelassen, wobei Protestanten und Katholiken zusammengefasst werden. Glaube und Staat sind aber strikt getrennt. Chinesen haben einen religiösen Pragmatismus und passen sich je nach Lebenssituation einer Religion an. Der Autor des Buches erklärt dann sehr anschaulich den Aufbau der derzeitigen Regierung. Die Mehrheit der Einwohner verstehen sich als Teil eines demokratischen Staates. Man hat in die Politik großes Vertrauen und Politiker sind die Schutzherren der Einwohner. Bedingt durch das Vertrauen in die Regierung gibt es wenig Widerstand gegen den Staat. Das Rechtssystem kennt keine Trennung zwischen Legislative, Judikative und Exekutive, es ist aber eine Annäherung an westliche Systeme erkennbar. Das Gesundheitssystem wurde radikal verbessert. Aus einem armen Land mit schlechter Versorgung wurde ein vorbildliches. Der Schwerpunkt der Versorgung legt aber auf Krankenhäusern, Kliniken und Versorgungszentren; weniger auf praktizierenden Ärzten. China ist ein föderalistischer Staat. Die Zentralregierung gibt die Regeln vor, für die Umsetzung sind aber die Provinzen zuständig und hier wird oft nicht im Gleichschritt gehandelt. Das zeigt auch das Bildungssystem, das je nach Provinz unterschiedlich ist. China hat sich dem weltweit üblichen System angepasst, wobei die Grundschule und die Mittelschule jeweils 6 Jahre dauern. Es gilt Schulpflicht, lediglich der Kindergarten ist freiwillig. Die Aufnahmeregeln ins Hochschulsystem sind sehr streng. Der Schulbesuch ist ohne Kosten, für Kindergarten und Hochschule muss bezahlt werden. Der Schwerpunkt des Interesses an Universitäten liegt bei naturwissenschaftlichen Fächern. Jedes Jahr werden etwa 42 Millionen neue Studenten aufgenommen. Außenpolitisch wird die Situation Chinas gegenüber Russland, Japan, der USA und Europa beschrieben. Der Autor des Buches räumt dem Kapitel „Wirtschaft“ viel Raum ein. Ist es doch der Bereich, der den Aufschwung brachte. Die Reform- und Öffnungspolitik startete 1978 und führte 2010 zur Weltmachtstellung. Das Exportvolumen steigerte sich in der Zeit von 2 Milliarden Dollar auf 2000 Milliarden Dollar und machte China zum Exportland Nummer 1. Aber nicht nur am Gebiet der Industrialisierung ist das Land führend auch im Bereich der Landwirtschaft, wo es in vielen Bereichen der weltweit größte Produzent ist. Obwohl es ein kommunistisches Land ist, ist der Unterschied zwischen arm und reich groß. China zählt 720.000 Millionäre und 300 Milliardäre. Mittelfristig beteiligt sich China am Energiewandel und sperrt Kohlekraftwerke, um in alternative Energiequellen einzusteigen. Chinas Autoindustrie, das Steuer- und Bankensystem wird beschrieben. Auch dem Thema Tourismus wird ein Augenmerk gegeben: Die Mittelschicht hat begonnen in die Welt zu reisen und viele Ausländer kommen ins Land und machten China zum viertgrößten Tourismusland hinter Frankreich, den USA und Spanien. Der steigende Wohlstand führt auch zum vermehrten Konsum von Luxusgütern, wobei hier die Hauptzielgruppe bei jüngeren Menschen liegt. Die Volksbefreiungsarmee ist mit 2,2 Millionen Soldaten und 1,4 Millionen Reservisten das größte Heer der Welt. Auch ein Faktor, um die Weltmachtführung zu unterstreichen. China steht heute hinter den USA am Platz zwei, will aber mehr und die USA wehren sich durch Strafzölle. Der Autor hat mit diesem Buch einen sehr sachlichen Überblick geliefert, in dem er im letzten Kapitel auch kritische Punkte anspricht. Für jeden, der sich für China interessiert, könnte dieses Buch eine Pflichtlektüre sein. |
ROSEI, Peter Wer war Edgar Allan Buch 2021. @book{ROSEI2021b, title = {Wer war Edgar Allan}, author = {Peter ROSEI}, year = {2021}, date = {2021-03-22}, abstract = { ROSEI, Peter: „Wer war Edgar Allan?“, Salzburg Wien 2021 Dieser Roman war Peter Roseis erster Erfolgsroman. Er erschien 1977. Zu seinem 75. Geburtstag ist das Buch vom Residenz Verlag neu aufgelegt. Der Protagonist ist ein junger Mann, der sein Studium der Medizin abgebrochen hat, sich der Kunstgeschichte widmete und versucht an der Universität in Venedig zu studieren. Die Universität sah er fast nie. Er verfiel in Rauschgift. Dem Hang zum Alkohol und den Drogen entsprechend sind die Tagebuchaufzeichnungen sehr rudimentär und schlagwortartig. Der Stil spiegelt aber auch die Trance der Drogen wider. Er wohnt in bescheidenen Verhältnissen und verkommt. In einem Kaffeehaus macht er Bekanntschaft mit einem mysteriösen Mann – Edgar Allan. Ein Name, der an den Dichter Edgar Allan Poe anknüpft. Der Protagonist – selbst ein Drogenabhängiger – sieht in diesem Herrn einen Drogenboss. Er verfolgt ihn und will ihn überführen. Letztlich wird er eingeladen und bekam in einem Drink Gift, das ihn tagelang in Ohnmacht versetzte. Eine zwielichtige Contessa, die selbst im Rauschgiftmilieu lebt, kommt bei einem Sturz von der Dachterrasse ihres Hauses zu Tode. War es Selbstmord, ein Unfall oder Mord? Die beiden Herren diskutieren es im Café. Am Heiligen Abend verliert sich der Kontakt. Edgar Allen hinterlässt im Haus des Erzählers eine Nachricht, dass er derzeit sehr beschäftigt sei, lädt aber umgekehrt in sein Haus ein. Die Geschichte bleibt also offen. War er der Drogenboss und war dies nur eine Halluzination des jungen Studenten? Die beiden Herren wandern nachts oft durch Venedig und so bekommt man als Leser einen schönen Einblick in die Stadt. Vor allem in einer Zeit, in der es keine Touristen gibt. Im Winter, wo es sogar in Venedig schneit. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } ROSEI, Peter: „Wer war Edgar Allan?“, Salzburg Wien 2021 Dieser Roman war Peter Roseis erster Erfolgsroman. Er erschien 1977. Zu seinem 75. Geburtstag ist das Buch vom Residenz Verlag neu aufgelegt. Der Protagonist ist ein junger Mann, der sein Studium der Medizin abgebrochen hat, sich der Kunstgeschichte widmete und versucht an der Universität in Venedig zu studieren. Die Universität sah er fast nie. Er verfiel in Rauschgift. Dem Hang zum Alkohol und den Drogen entsprechend sind die Tagebuchaufzeichnungen sehr rudimentär und schlagwortartig. Der Stil spiegelt aber auch die Trance der Drogen wider. Er wohnt in bescheidenen Verhältnissen und verkommt. In einem Kaffeehaus macht er Bekanntschaft mit einem mysteriösen Mann – Edgar Allan. Ein Name, der an den Dichter Edgar Allan Poe anknüpft. Der Protagonist – selbst ein Drogenabhängiger – sieht in diesem Herrn einen Drogenboss. Er verfolgt ihn und will ihn überführen. Letztlich wird er eingeladen und bekam in einem Drink Gift, das ihn tagelang in Ohnmacht versetzte. Eine zwielichtige Contessa, die selbst im Rauschgiftmilieu lebt, kommt bei einem Sturz von der Dachterrasse ihres Hauses zu Tode. War es Selbstmord, ein Unfall oder Mord? Die beiden Herren diskutieren es im Café. Am Heiligen Abend verliert sich der Kontakt. Edgar Allen hinterlässt im Haus des Erzählers eine Nachricht, dass er derzeit sehr beschäftigt sei, lädt aber umgekehrt in sein Haus ein. Die Geschichte bleibt also offen. War er der Drogenboss und war dies nur eine Halluzination des jungen Studenten? Die beiden Herren wandern nachts oft durch Venedig und so bekommt man als Leser einen schönen Einblick in die Stadt. Vor allem in einer Zeit, in der es keine Touristen gibt. Im Winter, wo es sogar in Venedig schneit. |
ROSEI, Peter 2021. @book{ROSEI2021, title = {Das Märchen vom Glück}, author = {Peter ROSEI}, year = {2021}, date = {2021-03-18}, abstract = {ROSEI, Peter: „Das Märchen vom Glück“, Salzburg Wien 2021 Eine Geschichte, die angenehm und leicht zu lesen ist. Ein flüssiger Stil. Aber auch das Thema hat einen Tiefgang. Das Glück liegt woanders. Es liegt im Westen. Die beiden Menschen, die dem Märchen zum Glück nacheilen kommen aus Szombathely und Brünn. Beides sind Städte, die nicht weit von der österreichischen Grenze weg sind. Andras kommt aus Szombathely und Eva aus Brünn. Andras arbeitet in einem Supermarkt. Er sortiert und schlichtet Waren. Er macht einen guten Job und der Filialleiter schickt ihn zu einer Weiterbildung. Im Prater lernt er zwei Mädchen kennen. Mit einer – Lena – zieht er später zusammen. Es wird seine Liebe. Sie bekommt ein Kind, gesteht ihm aber, dass es nicht von ihm ist. Das Baby noch im Bauch, erkrankt sie an Krebs und stirbt. Aus Brünn kommt Eva. Sie ist Kellnerin im Zentrum der Stadt. Vor ihrem Arbeitsantritt betet sie in einer nahegelegenen Kirche um einen liebenden Mann. Viele hat sie. Bei einem, der sie nach Venedig einlädt, stellt sich heraus, dass er verheiratet ist. Ein anderer ist gewalttätig und droht sie umzubringen. Sie sucht einen Liebhaber und betet zu Gott, dass sie ihn findet. „Das Beste ist immer nur so lange das Beste, bis sich was Besseres findet.“ (Seite 117) Rosei stellt in diesem Buch mehrere skurrile Personen vor. Sie reihen sich wie eine Perlenschnur aneinander. Der Dichter hat sie genial beschrieben. Wie in einem Zirkus treten die einzelnen Personen auf. Den Reigen begann wie gesagt Andras, der aber bald aus dem Kreis der handelnden Personen abtritt. Eva wird ab diesem Zeitpunkt zur Leitfigur des Romans. Bei ihr und vor ihr treten weitere Verehrer und Liebhaber auf, die sich abwechseln. So kommt sie auch nach Wien, wo sie wieder ihrem Beruf als Kellnerin nachgeht. Einer ihrer Kontakte ist Andras. Er ist ein anderer Typ, als sie es sich erwartet, aber sie kommen zusammen. Letztlich muss sie sein Begräbnis organisieren. Ein weiteres Verhältnis ist ein Adeliger, der ihr ein Geschäft in der Wiener Innenstadt in bester Lage vermittelt und dann ein Galerist, der selbst gerne Künstler wäre. „Natürlich – wie jedes Kind war ich ein geborenes Genie. Das ist mir dann nach und nach abhanden gekommen.“ (Seite 111) Es ist eine Beziehung mit viel Abstand und unregelmäßigen Treffen. Langsam wird es aber mehr. Die handelnden Personen werden älter. Sie stellt ihm ihre Eltern vor. Bei der Rückfahrt im Zug trifft er seine Entscheidung. Offen bleibt es aber, ob es eine feste Beziehung oder eine Trennung wird. Der Leser muss es selbst entscheiden. Der Liebhaber definiert es in den letzten Zeilen des Buches so: „Er sah sozusagen Eva als Ganzes, als Mensch, wie man sagt – und da fühlte er etwas, das er – wie er es auch drehen und wenden wollte – das er, obwohl er jetzt doch wusste, was es war, unbenannt ließ, weil ihm beikam, und mit einem Mal ganz gewiss, dass es so sicherer, ja ganz sicher bewahrt war.“ (Seite 169) Hat Eva das Glück in Wien gefunden? Andras nicht. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } ROSEI, Peter: „Das Märchen vom Glück“, Salzburg Wien 2021 Eine Geschichte, die angenehm und leicht zu lesen ist. Ein flüssiger Stil. Aber auch das Thema hat einen Tiefgang. Das Glück liegt woanders. Es liegt im Westen. Die beiden Menschen, die dem Märchen zum Glück nacheilen kommen aus Szombathely und Brünn. Beides sind Städte, die nicht weit von der österreichischen Grenze weg sind. Andras kommt aus Szombathely und Eva aus Brünn. Andras arbeitet in einem Supermarkt. Er sortiert und schlichtet Waren. Er macht einen guten Job und der Filialleiter schickt ihn zu einer Weiterbildung. Im Prater lernt er zwei Mädchen kennen. Mit einer – Lena – zieht er später zusammen. Es wird seine Liebe. Sie bekommt ein Kind, gesteht ihm aber, dass es nicht von ihm ist. Das Baby noch im Bauch, erkrankt sie an Krebs und stirbt. Aus Brünn kommt Eva. Sie ist Kellnerin im Zentrum der Stadt. Vor ihrem Arbeitsantritt betet sie in einer nahegelegenen Kirche um einen liebenden Mann. Viele hat sie. Bei einem, der sie nach Venedig einlädt, stellt sich heraus, dass er verheiratet ist. Ein anderer ist gewalttätig und droht sie umzubringen. Sie sucht einen Liebhaber und betet zu Gott, dass sie ihn findet. „Das Beste ist immer nur so lange das Beste, bis sich was Besseres findet.“ (Seite 117) Rosei stellt in diesem Buch mehrere skurrile Personen vor. Sie reihen sich wie eine Perlenschnur aneinander. Der Dichter hat sie genial beschrieben. Wie in einem Zirkus treten die einzelnen Personen auf. Den Reigen begann wie gesagt Andras, der aber bald aus dem Kreis der handelnden Personen abtritt. Eva wird ab diesem Zeitpunkt zur Leitfigur des Romans. Bei ihr und vor ihr treten weitere Verehrer und Liebhaber auf, die sich abwechseln. So kommt sie auch nach Wien, wo sie wieder ihrem Beruf als Kellnerin nachgeht. Einer ihrer Kontakte ist Andras. Er ist ein anderer Typ, als sie es sich erwartet, aber sie kommen zusammen. Letztlich muss sie sein Begräbnis organisieren. Ein weiteres Verhältnis ist ein Adeliger, der ihr ein Geschäft in der Wiener Innenstadt in bester Lage vermittelt und dann ein Galerist, der selbst gerne Künstler wäre. „Natürlich – wie jedes Kind war ich ein geborenes Genie. Das ist mir dann nach und nach abhanden gekommen.“ (Seite 111) Es ist eine Beziehung mit viel Abstand und unregelmäßigen Treffen. Langsam wird es aber mehr. Die handelnden Personen werden älter. Sie stellt ihm ihre Eltern vor. Bei der Rückfahrt im Zug trifft er seine Entscheidung. Offen bleibt es aber, ob es eine feste Beziehung oder eine Trennung wird. Der Leser muss es selbst entscheiden. Der Liebhaber definiert es in den letzten Zeilen des Buches so: „Er sah sozusagen Eva als Ganzes, als Mensch, wie man sagt – und da fühlte er etwas, das er – wie er es auch drehen und wenden wollte – das er, obwohl er jetzt doch wusste, was es war, unbenannt ließ, weil ihm beikam, und mit einem Mal ganz gewiss, dass es so sicherer, ja ganz sicher bewahrt war.“ (Seite 169) Hat Eva das Glück in Wien gefunden? Andras nicht. |
TURRINI, Peter Die Minderleister Buch 2021. @book{TURRINI2021, title = {Die Minderleister}, author = {Peter TURRINI}, year = {2021}, date = {2021-03-15}, abstract = {TURRINI, Peter: „Die Minderleister“, Berlin 2011 Turrini schrieb das Drama „Die Minderleister“ im Jahr 1987. Das war der Höhepunkt einer Krise in der Stahlindustrie. Stahlwerke im Ruhrgebiet wurden geschlossen und die österreichische VOEST führte Massenentlassungen durch. Turrini lässt sein Stück in und um ein Stahlwerk spielen. Ein sogenannter „Ordner“ geht durchs Werk und schreibt Arbeiter, die Minderleister sind, auf eine Liste. Dazu gehören jene, die zu lange am Klo sitzen, oft fehlen oder langsam arbeiten. Diese Listen sind die Basis für Kündigungen. Die Zeit ist hart und die Arbeiter trinken viel Alkohol. Die Hauptperson Hans ist ein vorbildlicher Arbeiter. Er baut mit seiner Frau Anna ein Einfamilienhaus. Sie will ein Kind und kauft eine Kinderzimmereinrichtung. Dann kam die Katastrophe: sie, eine Arbeiterin in einer Waschmaschinenfabrik, die geschlossen wird, wird gekündigt. Die Produktionsstätte wird nach Spanien verlagert, wo Arbeitskräfte dort billiger sind. Aber auch Hans muss gehen. Sieht das nicht ein, weil er ja gute Arbeit leistet. Er diskutiert mit der Personalchefin. Sie bietet ihm Geld an, das er ablehnt. So muss auch er die Firma verlassen. Das Haus wird versteigert, weil die Kredite nicht mehr bedient werden können und sie ziehen in eine Baracke für Arme. Aus Geldnot heraus stellt sich Anna für einen Pornofilm zur Verfügung. Als dies aufkommt, üben Hans und seine Kollegen an dem Produzenten, einem Jugoslawen, Rache. Sie stecken ihm ein Stahlrohr über den Penis und erhitzen dieses mit einem Schweißbrenner. Hans fährt nach Wien und sucht den zuständigen Minister auf. Er bittet ihn um Arbeit. Die Beiden finden sich sympathisch und der Minister interveniert im Stahlwerk, sodass Hans wieder eingestellt wird. Diesmal als Ordner. Nun muss er die Listen schreiben. Das fällt ihm sehr schwer. Er bekam aber auch eine billige Werkswohnung und seine Anna ist schwanger. Auf Grund des neuen Jobs meiden ihn alle. Er lädt seine ehemaligen Kollegen zum Abendessen ein. Keiner kommt. Nur Shakespeare, der Werkbibliothekar kommt. Er spricht zwischen den einzelnen Szenen des Stücks immer wieder geistige Sprüche. Er ist der Intellektuelle. Hans ist verzweifelt und er schreibt sich selbst auf die Liste, um gekündigt zu werden. Er feiert den Abschied mit allen und am Ende stürzt er sich in den Stahlkessel und verbrennt im flüssigen Eisen. Shakespeare philosophiert, was aus Hans geworden ist: „Eine kunstvolle Lampe über dem Bett eines Reichen? Ein Zaun, aus Maschendraht zwischen zerstrittenen Nachbarn? Eine Zange, ein Waggon? Ist er ein Türschild mit fremdem Namen? Ein Brückenpfeiler im reißenden Fluss?“ (Seite 124) Turrini hat selbst einmal in einem Stahlwerk gearbeitet und kennt die Szene und das Milieu. Er selbst sieht sich auf der Seite der Arbeiter. Er ist ein überzeugter Linker. Auch, wenn es diese immer weniger gibt. „Sollte ich einer der wenigen übriggebliebenen Linken sein, werde ich diese Position auch weiterhin mit mir teilen. Die Frage nach der Gerechtigkeit bleibt für mich das Entscheidende.“ (Seite 135) }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } TURRINI, Peter: „Die Minderleister“, Berlin 2011 Turrini schrieb das Drama „Die Minderleister“ im Jahr 1987. Das war der Höhepunkt einer Krise in der Stahlindustrie. Stahlwerke im Ruhrgebiet wurden geschlossen und die österreichische VOEST führte Massenentlassungen durch. Turrini lässt sein Stück in und um ein Stahlwerk spielen. Ein sogenannter „Ordner“ geht durchs Werk und schreibt Arbeiter, die Minderleister sind, auf eine Liste. Dazu gehören jene, die zu lange am Klo sitzen, oft fehlen oder langsam arbeiten. Diese Listen sind die Basis für Kündigungen. Die Zeit ist hart und die Arbeiter trinken viel Alkohol. Die Hauptperson Hans ist ein vorbildlicher Arbeiter. Er baut mit seiner Frau Anna ein Einfamilienhaus. Sie will ein Kind und kauft eine Kinderzimmereinrichtung. Dann kam die Katastrophe: sie, eine Arbeiterin in einer Waschmaschinenfabrik, die geschlossen wird, wird gekündigt. Die Produktionsstätte wird nach Spanien verlagert, wo Arbeitskräfte dort billiger sind. Aber auch Hans muss gehen. Sieht das nicht ein, weil er ja gute Arbeit leistet. Er diskutiert mit der Personalchefin. Sie bietet ihm Geld an, das er ablehnt. So muss auch er die Firma verlassen. Das Haus wird versteigert, weil die Kredite nicht mehr bedient werden können und sie ziehen in eine Baracke für Arme. Aus Geldnot heraus stellt sich Anna für einen Pornofilm zur Verfügung. Als dies aufkommt, üben Hans und seine Kollegen an dem Produzenten, einem Jugoslawen, Rache. Sie stecken ihm ein Stahlrohr über den Penis und erhitzen dieses mit einem Schweißbrenner. Hans fährt nach Wien und sucht den zuständigen Minister auf. Er bittet ihn um Arbeit. Die Beiden finden sich sympathisch und der Minister interveniert im Stahlwerk, sodass Hans wieder eingestellt wird. Diesmal als Ordner. Nun muss er die Listen schreiben. Das fällt ihm sehr schwer. Er bekam aber auch eine billige Werkswohnung und seine Anna ist schwanger. Auf Grund des neuen Jobs meiden ihn alle. Er lädt seine ehemaligen Kollegen zum Abendessen ein. Keiner kommt. Nur Shakespeare, der Werkbibliothekar kommt. Er spricht zwischen den einzelnen Szenen des Stücks immer wieder geistige Sprüche. Er ist der Intellektuelle. Hans ist verzweifelt und er schreibt sich selbst auf die Liste, um gekündigt zu werden. Er feiert den Abschied mit allen und am Ende stürzt er sich in den Stahlkessel und verbrennt im flüssigen Eisen. Shakespeare philosophiert, was aus Hans geworden ist: „Eine kunstvolle Lampe über dem Bett eines Reichen? Ein Zaun, aus Maschendraht zwischen zerstrittenen Nachbarn? Eine Zange, ein Waggon? Ist er ein Türschild mit fremdem Namen? Ein Brückenpfeiler im reißenden Fluss?“ (Seite 124) Turrini hat selbst einmal in einem Stahlwerk gearbeitet und kennt die Szene und das Milieu. Er selbst sieht sich auf der Seite der Arbeiter. Er ist ein überzeugter Linker. Auch, wenn es diese immer weniger gibt. „Sollte ich einer der wenigen übriggebliebenen Linken sein, werde ich diese Position auch weiterhin mit mir teilen. Die Frage nach der Gerechtigkeit bleibt für mich das Entscheidende.“ (Seite 135) |
SLUPETZKY, Stefan 2021. @book{SLUPETZKY2021, title = {Der letzte grosse Trost}, author = {Stefan SLUPETZKY}, year = {2021}, date = {2021-03-14}, abstract = {SLUPETZKY, Stefan: „Der letzte grosse Trost“, Hamburg 2016 Der Großvater war im Dritten Reich groß geworden. Mit seiner Fabrik hatte er Gas für die Konzentrationslager produziert. Nach dem Krieg wurde er zwar verurteilt, aber bald wieder freigelassen. Mit dieser Erbsünde haderten der Vater und der Sohn. Der Großvater ist verschwunden. Bei einer Bergwanderung hat er sich allein von der Hütte, wo er mit Freunden nächtigte, aus aufgemacht und wurde nie mehr gefunden. Der Vater starb an einem Herzinfarkt. Der Sohn kann das nicht glauben und denkt, der Vater lebt noch. Er habe den Tod nur vorgetäuscht. Die Geschichte ist aus Sicht von Daniel, einem der beiden Söhne des Vaters, erzählt. In seiner Jugend hatte er viele Frauen. Der Tod des Vaters hat ihn aber verändert. Als dann noch seine Mutter in eine Nervenheilanstalt kam brach sein Vertrauen in die Welt weiter zusammen. Sein Bruder war der stärkere. Er hatte sich nach Amerika abgesetzt. Das Leben verändert dann eine Krankenschwester, die seine Mutter betreute. Zuerst nahm sie ihn nur in ihrem Auto am Heimweg mit, bis sie schließlich zusammenzogen. Sie brachte ihn wieder auf den Boden der Realität zurück. Dabei war sie als Frau nicht sein Typ. „Obwohl er früher einen androgynen Frauentyp bevorzugt hatte, fand er ihre Rundungen, die mit Erfolg der Altersschwerkraft trotzten, wunderschön. Als wäre sein Geschmack mit ihrem Körper mitgewachsen.“ (Seite 227) Auch ihre Vergangenheiten waren unterschiedlich. Als sie von ihm schwanger wird ziehen sie zusammen. Sie entscheidet, dass sie in die Wohnung der Mutter ziehen und sie übernahm die Pflege der Mutter. Es sei die Pflicht der Kinder die Eltern bei Bedarf zu pflegen. Erst nach der Geburt von Zwillingen willigt auch sie ein, die Mutter in ein Heim zu geben. Das Leben verändert ein Brief, der aus Israel kam. Seine Tante, die Schwester seines Vaters, hatte sich als Jüdin mit ihrem Mann abgesetzt. Sie hatte die Vergangenheit der Familie abzuschütteln versucht. Einzig das Elternhaus verband sie. Der Bruder bewohnte es mit seiner Familie und zahlte für die zweite Hälfte, die der Schwester gehörte, Miete. Aber auch das wollte sie nicht mehr und die Familie musste aus der schönen Villa. Sie übersiedelten in eine Stadtwohnung. Im genannten Brief wird von der Tante mitgeteilt, dass ihr Mann gestorben sei und das Haus, das inzwischen schon viele Jahre leer stand, verkauft würde. Im Keller seien noch Dinge seiner Familie, die er sich holen möge. Nach einem Besuch bei der Mutter im Heim bleibt er eine Nacht im alten Haus. Mit drei Weinflaschen betrinkt er sich und liest in einem aufgefundenen Tagebuch des Vaters. Nochmals zieht die Vergangenheit mit dem Vater vorbei. Mit seinen Buben fuhr er, als diese großjährig wurden, einige Tage weg. Mit dem Bruder ging es nach London und mit ihm nach Venedig. Erstmals kam er dem Vater näher. Wenige Tage, nachdem sie nach Hause kamen starb der Vater an einem Herzinfarkt. Eine Welt brach für Daniel, so hieß der Sohn, zusammen. Aus dem Tagebuch erfährt er, dass sich das Leben des Vaters nach einer Geschäftsreise nach Venedig veränderte. Er hatte wegen einer Fischvergiftung den Zug nach Wien versäumt. Einen Zug, der am Heimweg einen Unfall hatte, der viele Tote und Verletzte nach sich zog. Das Schicksal – beziehungsweise der faule Fisch – hatten ihn bewahrt. Daniel kann aber nicht glauben, dass der Vater gestorben ist. Er schmiedet Pläne ihn zu suchen. Er bereitet alles genau vor. Seine Kinder sollen selbstständig sein. Als sein Vater starb war er 22. Jahre alt. So alt sollen auch seine Kinder sein, wenn er verschwindet. Alles ist gut vorbereitet. Ein falscher Pass, eine berufliche (er ist Fotograf) Dienstreise auf einem Kreuzfahrtschiff. Mit seiner Frau reist er einige Tage vorher in Venedig, wo das Schiff ablegt. Ein geheimes Abschiednehmen. Alles hat er vorbereitet. Die Frau wird mit dem Zug nach Wien zurückfahren, um am nächsten Tag ihren Dienst im Krankenhaus anzutreten. Er wird mit dem Kreuzfahrtschiff unterwegs sein und dann verschwinden. So, als wäre er ins Meer gefallen und vermisst. Es kommt aber anders. Marion – so der Name der Frau – findet in seinem Reisegepäck das Tagebuch des Vaters, in dem er alles notiert hatte. Schon in der Kabine am Schiff registriert er, dass das Tagebuch fehlt. Rasend verlässt er das Schiff und findet seine Frau, die ihm einen Faustschlag versetzt. Es kommt zur Aussprache. Er bricht zusammen und weint. „Das Weinen ist ein Akt der Reinigung, ein Akt der Anteilnahme an sich selbst.“ (Seite 250) }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } SLUPETZKY, Stefan: „Der letzte grosse Trost“, Hamburg 2016 Der Großvater war im Dritten Reich groß geworden. Mit seiner Fabrik hatte er Gas für die Konzentrationslager produziert. Nach dem Krieg wurde er zwar verurteilt, aber bald wieder freigelassen. Mit dieser Erbsünde haderten der Vater und der Sohn. Der Großvater ist verschwunden. Bei einer Bergwanderung hat er sich allein von der Hütte, wo er mit Freunden nächtigte, aus aufgemacht und wurde nie mehr gefunden. Der Vater starb an einem Herzinfarkt. Der Sohn kann das nicht glauben und denkt, der Vater lebt noch. Er habe den Tod nur vorgetäuscht. Die Geschichte ist aus Sicht von Daniel, einem der beiden Söhne des Vaters, erzählt. In seiner Jugend hatte er viele Frauen. Der Tod des Vaters hat ihn aber verändert. Als dann noch seine Mutter in eine Nervenheilanstalt kam brach sein Vertrauen in die Welt weiter zusammen. Sein Bruder war der stärkere. Er hatte sich nach Amerika abgesetzt. Das Leben verändert dann eine Krankenschwester, die seine Mutter betreute. Zuerst nahm sie ihn nur in ihrem Auto am Heimweg mit, bis sie schließlich zusammenzogen. Sie brachte ihn wieder auf den Boden der Realität zurück. Dabei war sie als Frau nicht sein Typ. „Obwohl er früher einen androgynen Frauentyp bevorzugt hatte, fand er ihre Rundungen, die mit Erfolg der Altersschwerkraft trotzten, wunderschön. Als wäre sein Geschmack mit ihrem Körper mitgewachsen.“ (Seite 227) Auch ihre Vergangenheiten waren unterschiedlich. Als sie von ihm schwanger wird ziehen sie zusammen. Sie entscheidet, dass sie in die Wohnung der Mutter ziehen und sie übernahm die Pflege der Mutter. Es sei die Pflicht der Kinder die Eltern bei Bedarf zu pflegen. Erst nach der Geburt von Zwillingen willigt auch sie ein, die Mutter in ein Heim zu geben. Das Leben verändert ein Brief, der aus Israel kam. Seine Tante, die Schwester seines Vaters, hatte sich als Jüdin mit ihrem Mann abgesetzt. Sie hatte die Vergangenheit der Familie abzuschütteln versucht. Einzig das Elternhaus verband sie. Der Bruder bewohnte es mit seiner Familie und zahlte für die zweite Hälfte, die der Schwester gehörte, Miete. Aber auch das wollte sie nicht mehr und die Familie musste aus der schönen Villa. Sie übersiedelten in eine Stadtwohnung. Im genannten Brief wird von der Tante mitgeteilt, dass ihr Mann gestorben sei und das Haus, das inzwischen schon viele Jahre leer stand, verkauft würde. Im Keller seien noch Dinge seiner Familie, die er sich holen möge. Nach einem Besuch bei der Mutter im Heim bleibt er eine Nacht im alten Haus. Mit drei Weinflaschen betrinkt er sich und liest in einem aufgefundenen Tagebuch des Vaters. Nochmals zieht die Vergangenheit mit dem Vater vorbei. Mit seinen Buben fuhr er, als diese großjährig wurden, einige Tage weg. Mit dem Bruder ging es nach London und mit ihm nach Venedig. Erstmals kam er dem Vater näher. Wenige Tage, nachdem sie nach Hause kamen starb der Vater an einem Herzinfarkt. Eine Welt brach für Daniel, so hieß der Sohn, zusammen. Aus dem Tagebuch erfährt er, dass sich das Leben des Vaters nach einer Geschäftsreise nach Venedig veränderte. Er hatte wegen einer Fischvergiftung den Zug nach Wien versäumt. Einen Zug, der am Heimweg einen Unfall hatte, der viele Tote und Verletzte nach sich zog. Das Schicksal – beziehungsweise der faule Fisch – hatten ihn bewahrt. Daniel kann aber nicht glauben, dass der Vater gestorben ist. Er schmiedet Pläne ihn zu suchen. Er bereitet alles genau vor. Seine Kinder sollen selbstständig sein. Als sein Vater starb war er 22. Jahre alt. So alt sollen auch seine Kinder sein, wenn er verschwindet. Alles ist gut vorbereitet. Ein falscher Pass, eine berufliche (er ist Fotograf) Dienstreise auf einem Kreuzfahrtschiff. Mit seiner Frau reist er einige Tage vorher in Venedig, wo das Schiff ablegt. Ein geheimes Abschiednehmen. Alles hat er vorbereitet. Die Frau wird mit dem Zug nach Wien zurückfahren, um am nächsten Tag ihren Dienst im Krankenhaus anzutreten. Er wird mit dem Kreuzfahrtschiff unterwegs sein und dann verschwinden. So, als wäre er ins Meer gefallen und vermisst. Es kommt aber anders. Marion – so der Name der Frau – findet in seinem Reisegepäck das Tagebuch des Vaters, in dem er alles notiert hatte. Schon in der Kabine am Schiff registriert er, dass das Tagebuch fehlt. Rasend verlässt er das Schiff und findet seine Frau, die ihm einen Faustschlag versetzt. Es kommt zur Aussprache. Er bricht zusammen und weint. „Das Weinen ist ein Akt der Reinigung, ein Akt der Anteilnahme an sich selbst.“ (Seite 250) |
NICHOLSON, Dean Nalas Welt. Ein Mann, eine Straßenkatze und eine Freundschaft, die alles ändert Buch 2021. @book{NICHOLSON2021, title = {Nalas Welt. Ein Mann, eine Straßenkatze und eine Freundschaft, die alles ändert}, author = {Dean NICHOLSON}, year = {2021}, date = {2021-03-10}, abstract = {NICHOLSON, Dean: „Nalas Welt. Ein Mann, eine Straßenkatze und eine Freundschaft, die alles ändert“, Köln 2020 In einer Literatursendung im Fernsehen sah ich einen Bericht über dieses Buch. Da mich Radfahrer, die weite Strecken fahren interessieren kaufte ich es, ohne mir viel davon zu erwarten. Noch dazu von so einem schrägen Vogel, der mit einer Katze reist. Als ich dann zu lesen begann konnte ich gar nicht mehr aufhören. Es war so spannend, dass ich am liebsten in einem Zug das ganze Buch gelesen hätte. Ein Schotte brach mit seinem Freund mit dem Rad zu einer Weltumrundung auf. In Bosnien entzweiten sich die beiden. Dean fuhr allein weiter. Er fand eine ausgesetzte kleine Katze, die er rettete. Er nahm sie für seine weitere Reise mit. Mit einem Instagram Account machte er auf seine Katze und sich aufmerksam und bekam viele Follower. Die Sache wurde sehr bekannt und er ein Star. Er blieb aber der Einfachheit und Schlichtheit treu; schlief weiter im Zelt und fuhr mit seinem Rad. Von Bosnien radelte er über Montenegro und durch Albanien weiter nach Griechenland. In Santorin jobbte er als Kanuführer um wieder Geld für seine Reise zu haben. Von Griechenland setzte er in die Türkei über, durchquerte diese und besuchte Georgien und Aserbaidschan. Eine Weiterreise durch den Iran brach er ab und fuhr nach Ankara und Istanbul zurück. Über Bulgarien und Serbien kam er nach Budapest. Es war Winter und manchmal nicht so einfach. Trotzdem nächtigte er oft im Zelt, auch wenn es schneite. Für die Weiterreise durch Russland brauchte er ein Visum und flog nach London, um in der russischen Botschaft ein Visum zu bekommen. Ein einjähriges Visum war genehmigt. Nach dem er mehrere Tage seinen Pass abgeben hätte müssen und der Rückflug nach Budapest gebucht war verzichtete er auf das Visum und reiste ab. Am nächsten Tag schloss Ungarn die Grenzen wegen COVID19. Über seine Netzwerke konnte er ein Haus einer Familie beziehen, die umgekehrt in England festsaß. Hier endet das Buch. So wie so vieles, hat auch diese Reise die Pandemie gestoppt. Schaut man in den diversen Medien vorbei, so sieht man, dass Dave ein sehr geschäftstüchtiger Mann ist. Er verkauft Wandkalender, T-Shirts, Taschen, Bücher … ja sogar Essbesteck aus Bambus. Das Buch gibt auch einen Einblick, welchen Einfluss digitale Medien haben können: Millionen Follower in Instagram, Facebook, Twitter. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } NICHOLSON, Dean: „Nalas Welt. Ein Mann, eine Straßenkatze und eine Freundschaft, die alles ändert“, Köln 2020 In einer Literatursendung im Fernsehen sah ich einen Bericht über dieses Buch. Da mich Radfahrer, die weite Strecken fahren interessieren kaufte ich es, ohne mir viel davon zu erwarten. Noch dazu von so einem schrägen Vogel, der mit einer Katze reist. Als ich dann zu lesen begann konnte ich gar nicht mehr aufhören. Es war so spannend, dass ich am liebsten in einem Zug das ganze Buch gelesen hätte. Ein Schotte brach mit seinem Freund mit dem Rad zu einer Weltumrundung auf. In Bosnien entzweiten sich die beiden. Dean fuhr allein weiter. Er fand eine ausgesetzte kleine Katze, die er rettete. Er nahm sie für seine weitere Reise mit. Mit einem Instagram Account machte er auf seine Katze und sich aufmerksam und bekam viele Follower. Die Sache wurde sehr bekannt und er ein Star. Er blieb aber der Einfachheit und Schlichtheit treu; schlief weiter im Zelt und fuhr mit seinem Rad. Von Bosnien radelte er über Montenegro und durch Albanien weiter nach Griechenland. In Santorin jobbte er als Kanuführer um wieder Geld für seine Reise zu haben. Von Griechenland setzte er in die Türkei über, durchquerte diese und besuchte Georgien und Aserbaidschan. Eine Weiterreise durch den Iran brach er ab und fuhr nach Ankara und Istanbul zurück. Über Bulgarien und Serbien kam er nach Budapest. Es war Winter und manchmal nicht so einfach. Trotzdem nächtigte er oft im Zelt, auch wenn es schneite. Für die Weiterreise durch Russland brauchte er ein Visum und flog nach London, um in der russischen Botschaft ein Visum zu bekommen. Ein einjähriges Visum war genehmigt. Nach dem er mehrere Tage seinen Pass abgeben hätte müssen und der Rückflug nach Budapest gebucht war verzichtete er auf das Visum und reiste ab. Am nächsten Tag schloss Ungarn die Grenzen wegen COVID19. Über seine Netzwerke konnte er ein Haus einer Familie beziehen, die umgekehrt in England festsaß. Hier endet das Buch. So wie so vieles, hat auch diese Reise die Pandemie gestoppt. Schaut man in den diversen Medien vorbei, so sieht man, dass Dave ein sehr geschäftstüchtiger Mann ist. Er verkauft Wandkalender, T-Shirts, Taschen, Bücher … ja sogar Essbesteck aus Bambus. Das Buch gibt auch einen Einblick, welchen Einfluss digitale Medien haben können: Millionen Follower in Instagram, Facebook, Twitter. |
JELUSICH, Mirko CAESAR Buch 2021. @book{JELUSICH2021, title = {CAESAR}, author = {Mirko JELUSICH}, year = {2021}, date = {2021-03-06}, abstract = {JELUSICH, Mirko: „Caesar“, Wien 1929 Jelusich war ein engagierter österreichischer Nationalsozialist und damals anerkannter Schriftsteller. Die sowjetische Besatzung stellte ihn mehrmals unter Anklage. Es kam aber zu keiner Verurteilung. Seine Bücher hatten eine hohe Auflage und Beliebtheit bei den Lesern. So ist es interessant im Nachhinein in diese Welt eintauchen zu können. Bei historischen Themen, wie dem über den römischen Imperator, hat so eine politische Ausrichtung aber keine Auswirkung. Aus dieser Zeit bleibt aber der romantisierende, ausgeschmückte und langatmige Romanstil. Umgekehrt ist es aber doch ein Thema, das dem nationalsozialistischen System genehm war: ein Diktator, der Krieg führt … Das Leben Cäsars wird in 72 Kapitel beschrieben. Es sind Momentaufnahmen. Mit diesen Blitzlichtern muss der Leser, wie bei einem Puzzle, alles zusammensetzen. Diese einzelnen Geschichten sind aber sehr detailliert und verständlich beschrieben. Es beginnt mit dem Buben Caius, den seine Mutter sucht. Er rauft unerlaubt mit den Straßenbuben. Der Vater hatte Angst, dass er ein Stubenhocker wird. Schon im nächsten Kapitel tritt dem Leser der Jüngling Caius entgegen. Dieser erlebt den Regenten Sulla und beginnt sich politisch zu engagieren. In einem reichen Kaufmann findet er einen Förderer. In der Politik engagiert er sich als Vermittler zwischen verfeindeten Parteien und bringt sich zunehmend selbst ins Gespräch. Er steht auf der konservativen Seite, obwohl er ein Revolutionär war und ist. „Die Konservativen berufen sich auf ihre Tradition. Tradition ist der Rechtstitel, unter dem sie sich ihre Würden anmaßen, Tradition der Vorwand, unter dem sie sich knechten, Tradition ihr zweites Wort. Jawohl, auch ich bin ein Anhänger der Tradition: ich achte sie, ich ehre sie, ich liebe sie. Aber, das ist ja eben das Unglück, dass die Konservativen keine Tradition haben.“ (Seite 100/101) Er versucht die egozentrische Parteienwirtschaft aufzubrechen und stellt sich gegen etablierte und herrschende Politiker. Die Beschreibung des Lebens wird vom Autor in drei Abschnitte geteilt: • Caius Julius • Caesar • Imperator Im ersten ist die Jugend und das Werden des Mannes Cäsar in Schlaglichtern beschrieben. Cäsar wird durch geschickte, diplomatische Vorbereitung Konsul. Viele Menschen setzen viel Hoffnung ihn in. Er soll die Republik mit ihren sinkenden Werten wieder verbessern. Mehrmals beleuchtet der Autor auch den privaten Bereich. So etwa seine Heirat mit einer um vieles jüngeren Frau, die seine Tochter sein könnte. Sie aber hat Angst vor ihm und verweigert ihm die Hochzeitsnacht. Seine Frau stirbt und später heiratet er wieder eine junge Frau. Mit einer Freundin hat er aber einen Sohn, der ihn am Ende ermorden wird. Nach Ablauf seiner Jahre als Konsul zieht er für das römische Reich in den Krieg, aus dem viele Kriege werden. Hochs und Tiefs durchwandert er. Siege und Niederlagen. Freunde und Feinde begleiten sein Leben. Kriege in Gallien und gegen die Germanen halten ihn mehrere Jahre von der Heimat fern. Im weit entfernten Rom sitzen viele Neider, die ihm Schwierigkeiten machen wollen. Er pariert sie genauso, wie er im Kriegsführen seinen Gegnern Parole bietet. Er kämpft gegen Germanen, fällt zwei Mal in England ein und schlägt sich in Spanien und Ägypten. In Ägypten verliebt er sich in Kleopatra und verbringt zwei Jahre mit ihr. Zwei Jahre, die vielleicht seine schönsten waren und an die er sich oft erinnert. Mit einem Krieg und der Besetzung Alexandrias beendet er seinen Ägyptenaufenthalt. Sein Herz aber bleibt bei Kleopatra. Manche seiner Kriege sind brutal. So lautet etwa ein Befehl: „Alles Leben wird vernichtet, kein Weib, kein Kind geschont – nicht einmal das Vieh auf der Weide. Sengt, brennt, mordet nach Herzenslust! Mit Eisen und Feuer will ich diesen Schandfleck aus dem Angesicht der Erde tilgen!“ (Seite 300) Am Höhepunkt seiner Macht ist er sich derer auch bewusst: „Ich bin der Herr der Welt! Ich! Ich! Wenn es mir beliebt, halte ich den Erdball und hebe ihn zu den Sternen empor; wenn es mir beliebt, lasse ich ihn aus meiner Hand fallen, unbesorgt darum, ob er zerschellt oder nicht! Das hat mich allein zu kümmern und niemanden sonst! Denn von heute an gibt es nur noch einen Willen: Caesars Willen!“ (Seite 400) Am Ende wird der alternde Imperator vorgestellt. Wie er müde und zweifelnd ist. Wie er sieht, dass er zwar Dinge verändert hat, aber diese nicht wirklich angenommen wurden. Letztlich findet er, dass er dem Volk „Freiheit“ gegeben hat. Einen Besucher fragt er, was dieser unter Freiheit versteht. Der antwortet „Tun und lassen können, was man will.“ (Seite 454) Cäsar aber verbessert ihn „Tun und lassen können, was man darf.“ (Seite 455) Cäsar ist im Alter einsam und allein. In schlaflosen Nächten fragt er sich „Was will ich eigentlich?“ So detailgenau manche Szenen des Lebens beschrieben werden, so wenig wird über den Tod und die Ermordung Cäsars durch Brutus erzählt. Dass sein Leben dem Ende zu geht wird anhand eines Alptraums erzählt. Noch einmal zieht sein Leben an ihm vorbei. Er sieht, dass es dem Ende zu geht. Auch seine Frau tritt noch auf und will ihren Gatten vor dem Gang zum Senat warnen. Sie hatte einen Traum, in dem sie ihren Mann am Markt blutend sah und wie sich die Leute ihre Hände in diesem Blut wuschen. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } JELUSICH, Mirko: „Caesar“, Wien 1929 Jelusich war ein engagierter österreichischer Nationalsozialist und damals anerkannter Schriftsteller. Die sowjetische Besatzung stellte ihn mehrmals unter Anklage. Es kam aber zu keiner Verurteilung. Seine Bücher hatten eine hohe Auflage und Beliebtheit bei den Lesern. So ist es interessant im Nachhinein in diese Welt eintauchen zu können. Bei historischen Themen, wie dem über den römischen Imperator, hat so eine politische Ausrichtung aber keine Auswirkung. Aus dieser Zeit bleibt aber der romantisierende, ausgeschmückte und langatmige Romanstil. Umgekehrt ist es aber doch ein Thema, das dem nationalsozialistischen System genehm war: ein Diktator, der Krieg führt … Das Leben Cäsars wird in 72 Kapitel beschrieben. Es sind Momentaufnahmen. Mit diesen Blitzlichtern muss der Leser, wie bei einem Puzzle, alles zusammensetzen. Diese einzelnen Geschichten sind aber sehr detailliert und verständlich beschrieben. Es beginnt mit dem Buben Caius, den seine Mutter sucht. Er rauft unerlaubt mit den Straßenbuben. Der Vater hatte Angst, dass er ein Stubenhocker wird. Schon im nächsten Kapitel tritt dem Leser der Jüngling Caius entgegen. Dieser erlebt den Regenten Sulla und beginnt sich politisch zu engagieren. In einem reichen Kaufmann findet er einen Förderer. In der Politik engagiert er sich als Vermittler zwischen verfeindeten Parteien und bringt sich zunehmend selbst ins Gespräch. Er steht auf der konservativen Seite, obwohl er ein Revolutionär war und ist. „Die Konservativen berufen sich auf ihre Tradition. Tradition ist der Rechtstitel, unter dem sie sich ihre Würden anmaßen, Tradition der Vorwand, unter dem sie sich knechten, Tradition ihr zweites Wort. Jawohl, auch ich bin ein Anhänger der Tradition: ich achte sie, ich ehre sie, ich liebe sie. Aber, das ist ja eben das Unglück, dass die Konservativen keine Tradition haben.“ (Seite 100/101) Er versucht die egozentrische Parteienwirtschaft aufzubrechen und stellt sich gegen etablierte und herrschende Politiker. Die Beschreibung des Lebens wird vom Autor in drei Abschnitte geteilt: • Caius Julius • Caesar • Imperator Im ersten ist die Jugend und das Werden des Mannes Cäsar in Schlaglichtern beschrieben. Cäsar wird durch geschickte, diplomatische Vorbereitung Konsul. Viele Menschen setzen viel Hoffnung ihn in. Er soll die Republik mit ihren sinkenden Werten wieder verbessern. Mehrmals beleuchtet der Autor auch den privaten Bereich. So etwa seine Heirat mit einer um vieles jüngeren Frau, die seine Tochter sein könnte. Sie aber hat Angst vor ihm und verweigert ihm die Hochzeitsnacht. Seine Frau stirbt und später heiratet er wieder eine junge Frau. Mit einer Freundin hat er aber einen Sohn, der ihn am Ende ermorden wird. Nach Ablauf seiner Jahre als Konsul zieht er für das römische Reich in den Krieg, aus dem viele Kriege werden. Hochs und Tiefs durchwandert er. Siege und Niederlagen. Freunde und Feinde begleiten sein Leben. Kriege in Gallien und gegen die Germanen halten ihn mehrere Jahre von der Heimat fern. Im weit entfernten Rom sitzen viele Neider, die ihm Schwierigkeiten machen wollen. Er pariert sie genauso, wie er im Kriegsführen seinen Gegnern Parole bietet. Er kämpft gegen Germanen, fällt zwei Mal in England ein und schlägt sich in Spanien und Ägypten. In Ägypten verliebt er sich in Kleopatra und verbringt zwei Jahre mit ihr. Zwei Jahre, die vielleicht seine schönsten waren und an die er sich oft erinnert. Mit einem Krieg und der Besetzung Alexandrias beendet er seinen Ägyptenaufenthalt. Sein Herz aber bleibt bei Kleopatra. Manche seiner Kriege sind brutal. So lautet etwa ein Befehl: „Alles Leben wird vernichtet, kein Weib, kein Kind geschont – nicht einmal das Vieh auf der Weide. Sengt, brennt, mordet nach Herzenslust! Mit Eisen und Feuer will ich diesen Schandfleck aus dem Angesicht der Erde tilgen!“ (Seite 300) Am Höhepunkt seiner Macht ist er sich derer auch bewusst: „Ich bin der Herr der Welt! Ich! Ich! Wenn es mir beliebt, halte ich den Erdball und hebe ihn zu den Sternen empor; wenn es mir beliebt, lasse ich ihn aus meiner Hand fallen, unbesorgt darum, ob er zerschellt oder nicht! Das hat mich allein zu kümmern und niemanden sonst! Denn von heute an gibt es nur noch einen Willen: Caesars Willen!“ (Seite 400) Am Ende wird der alternde Imperator vorgestellt. Wie er müde und zweifelnd ist. Wie er sieht, dass er zwar Dinge verändert hat, aber diese nicht wirklich angenommen wurden. Letztlich findet er, dass er dem Volk „Freiheit“ gegeben hat. Einen Besucher fragt er, was dieser unter Freiheit versteht. Der antwortet „Tun und lassen können, was man will.“ (Seite 454) Cäsar aber verbessert ihn „Tun und lassen können, was man darf.“ (Seite 455) Cäsar ist im Alter einsam und allein. In schlaflosen Nächten fragt er sich „Was will ich eigentlich?“ So detailgenau manche Szenen des Lebens beschrieben werden, so wenig wird über den Tod und die Ermordung Cäsars durch Brutus erzählt. Dass sein Leben dem Ende zu geht wird anhand eines Alptraums erzählt. Noch einmal zieht sein Leben an ihm vorbei. Er sieht, dass es dem Ende zu geht. Auch seine Frau tritt noch auf und will ihren Gatten vor dem Gang zum Senat warnen. Sie hatte einen Traum, in dem sie ihren Mann am Markt blutend sah und wie sich die Leute ihre Hände in diesem Blut wuschen. |
ROTH, Gerhard Das doppelköpfige Österreich, Essays, Polemiken, Interviews Buch 2021. @book{ROTH2021, title = {Das doppelköpfige Österreich, Essays, Polemiken, Interviews}, author = {Gerhard ROTH}, year = {2021}, date = {2021-02-26}, abstract = {ROTH, Gerhard: „Das doppelköpfige Österreich, Essays, Polemiken, Interviews“, Frankfurt 1995 Das Buch ist Mitte der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts erschienen und enthält Essays, Interviews, Briefe und Polemiken des Dichters Gerhard Roth. Primär geht es um anscheinende Schwachstellen Österreichs. Um diese aufzuzeigen ist dem Dichter kein Argument zu schade. So wurde er auch immer wieder als Nestbeschmutzer des Landes bezeichnet. Aber er überzeichnet die Dinge. Jetzt – im Jahr 2021 – mit Abstand zu den Geschehnissen wirkt so manches lächerlich, überzogen und ausschließlich polemisch. So lässt er etwa keine Möglichkeit aus den ehemaligen Bundespräsident Waldheim lächerlich zu machen. Als bekennender Sozialist (obwohl er an anderer Stelle schreibt, er sei ein „Nullgruppler“, also keiner Partei zugehörig) nimmt er primär die rechten Parteien aufs Korn, wenngleich er auch Mängel in der SPÖ sieht. Die Beiträge sind im Buch in sechs Abschnitten zusammengefasst. Unter dem Titel „Antworten auf das österreichische Selbstverständnis“ greift er auf Figuren wie den Herrn Karl oder beschreibt die Situation in Form von Karikaturen. Im Abschnitt „Gespenster, Konflikte und Repliken“ geht Roth direkt in Konfrontation zum Vizekanzler Erhard Busek von der ÖVP. Ein Briefwechsel der beiden wird abgedruckt, bei denen natürlich der Dichter als Initiator, das letzte Wort hat. Aber auch die „eigenen“ sozialistischen Minister werden bloßgestellt. Im Kapitel „Der Schein siegt“ wird Innenminister Löschnak wegen der Abschiebung von kosovarischen Migranten an den Pranger gestellt. Er bezeichnet den Minister als einen „bürokratischen Apparatschik in eigener Angelegenheit (vergleichbar mit einem Lipizzaner, der sich selbst abrichtet)“ (Seite 114) Auch die Kultur Österreichs kommt an den Pranger. Es ist teilweise ein Rundumschlag. Bruno Kreisky und Thomas Bernhard wird ein eigener Abschnitt mit dem Titel „Sonnenkönig und Menschenfeind“ gewidmet. Als Sozialist definiert Roth Kreisky so: „Kreisky war ein kluger, gebildeter – und auch schlauer Mann. Eine Begegnung mit ihm war immer anregend – auch wenn er monologisierte – man blickte nicht zu ihm auf, sondern man mochte ihn.“ (Seite 140) Der Autor hatte sich viel mit Irrenhäusern und Guggings Bewohnern beschäftigt. Dementsprechend auch ein Niederschlag in diesem Anekdoten-Buch. Dem ehemaligen Jugoslawienkrieg wird das Kapitel „Rat Smrt“ gewidmet, wobei man lernt, dass (sowohl auf Serbisch, als auch auf Kroatisch) Rat Krieg heißt und Smrt Tod. Auch für diesen Krieg gibt der Autor Österreich die Schuld. Die Wurzeln für diese Auseinandersetzung seien von der österreichischen Monarchie gelegt worden. Den Abschluss des Buches bilden dann verschiedenste Interviews mit Gerhard Roth. Es ist also eine Selbstdarstellung und ein Wiederholen von bereits in anderen Medien Publiziertem. Ein Ausdruck der Unzufriedenheit mit dem eigenen Heimatland. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } ROTH, Gerhard: „Das doppelköpfige Österreich, Essays, Polemiken, Interviews“, Frankfurt 1995 Das Buch ist Mitte der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts erschienen und enthält Essays, Interviews, Briefe und Polemiken des Dichters Gerhard Roth. Primär geht es um anscheinende Schwachstellen Österreichs. Um diese aufzuzeigen ist dem Dichter kein Argument zu schade. So wurde er auch immer wieder als Nestbeschmutzer des Landes bezeichnet. Aber er überzeichnet die Dinge. Jetzt – im Jahr 2021 – mit Abstand zu den Geschehnissen wirkt so manches lächerlich, überzogen und ausschließlich polemisch. So lässt er etwa keine Möglichkeit aus den ehemaligen Bundespräsident Waldheim lächerlich zu machen. Als bekennender Sozialist (obwohl er an anderer Stelle schreibt, er sei ein „Nullgruppler“, also keiner Partei zugehörig) nimmt er primär die rechten Parteien aufs Korn, wenngleich er auch Mängel in der SPÖ sieht. Die Beiträge sind im Buch in sechs Abschnitten zusammengefasst. Unter dem Titel „Antworten auf das österreichische Selbstverständnis“ greift er auf Figuren wie den Herrn Karl oder beschreibt die Situation in Form von Karikaturen. Im Abschnitt „Gespenster, Konflikte und Repliken“ geht Roth direkt in Konfrontation zum Vizekanzler Erhard Busek von der ÖVP. Ein Briefwechsel der beiden wird abgedruckt, bei denen natürlich der Dichter als Initiator, das letzte Wort hat. Aber auch die „eigenen“ sozialistischen Minister werden bloßgestellt. Im Kapitel „Der Schein siegt“ wird Innenminister Löschnak wegen der Abschiebung von kosovarischen Migranten an den Pranger gestellt. Er bezeichnet den Minister als einen „bürokratischen Apparatschik in eigener Angelegenheit (vergleichbar mit einem Lipizzaner, der sich selbst abrichtet)“ (Seite 114) Auch die Kultur Österreichs kommt an den Pranger. Es ist teilweise ein Rundumschlag. Bruno Kreisky und Thomas Bernhard wird ein eigener Abschnitt mit dem Titel „Sonnenkönig und Menschenfeind“ gewidmet. Als Sozialist definiert Roth Kreisky so: „Kreisky war ein kluger, gebildeter – und auch schlauer Mann. Eine Begegnung mit ihm war immer anregend – auch wenn er monologisierte – man blickte nicht zu ihm auf, sondern man mochte ihn.“ (Seite 140) Der Autor hatte sich viel mit Irrenhäusern und Guggings Bewohnern beschäftigt. Dementsprechend auch ein Niederschlag in diesem Anekdoten-Buch. Dem ehemaligen Jugoslawienkrieg wird das Kapitel „Rat Smrt“ gewidmet, wobei man lernt, dass (sowohl auf Serbisch, als auch auf Kroatisch) Rat Krieg heißt und Smrt Tod. Auch für diesen Krieg gibt der Autor Österreich die Schuld. Die Wurzeln für diese Auseinandersetzung seien von der österreichischen Monarchie gelegt worden. Den Abschluss des Buches bilden dann verschiedenste Interviews mit Gerhard Roth. Es ist also eine Selbstdarstellung und ein Wiederholen von bereits in anderen Medien Publiziertem. Ein Ausdruck der Unzufriedenheit mit dem eigenen Heimatland. |
GANGHOFER, Ludwig Tarantella Buch 2021. @book{GANGHOFER2021, title = {Tarantella}, author = {Ludwig GANGHOFER }, year = {2021}, date = {2021-02-23}, abstract = {GANGHOFER, Ludwig: „Tarantella“, Novelle, Stuttgart 1899 Meine Eltern haben die Bücher Ganghofers mit Leidenschaft gelesen. Daher war es für uns Kinder eine „No Go Literatur“. Erst jetzt im Alter habe ich positive Kritik über Ganghofer gelesen und meine Schwester schenkte mir dieses Buch aus dem Jahr 1899. Eine Novelle, die sich in der Nähe von Neapel abspielt. Die erzählende Person – der Dichter – beschreibt die Region und die Schönheit der Landschaft. Auch sein Kontakt mit den Einheimischen des Dorfes. So lernte er ein bettelndes Mädchen kennen. Er sah sie tanzen. Ihre Mutter war eine berühmte Tänzerin und wurde nach einem Unfall gelähmt. Sie trainierte die Tochter zum typischen Tanz, dem Tarantella. Als in der besten Tanzgruppe ein Streit des Hauptpaares zu einer Trennung führte und die Truppe plötzlich ohne Tänzerin dastand vermittelte der Fremde das Mädchen. Ihr erster Auftritt war ein voller Erfolg. Sie ist dem „Vermittler“ sehr dankbar und prostet ihm zu „Auf eure Gesundheit, Herr! Hundert gesunde Jahre wünsch ich euch … ohne die bösen Tage, die ihr nicht haben wollt!“ (Seite 162) Einer der Künstler der Truppe – Mommino – verliebte sich in sie. Auch sie fühlte sich zu ihm hingezogen und die Tarantella, die sie leidenschaftlich tanzte, widmete sie ihm. Einer der Zuschauer des Abends, ein reicher Ausländer, war begeistert von Nannina, der jungen Tänzerin. Schon während der Vorführung hatte er kräftig applaudiert. Letztlich ging sie mit ihm. Sie fuhren nach Capri. Dort musste sie immer für ihn tanzen. Er beschenkte sie mit Kleidern und gab ihr Geld für die Mutter. Als sie zurück ins Dorf kam, zeigte sie all ihre Erwerbungen Mommino am Hauptplatz, dessen Herz vor Liebe gebrochen war. Nannina trennte sich vom ausländischen Liebhaber. Viel Geld hatte sie von ihm bekommen und alles der Mutter gegeben, die sich neu eingerichtet hatte und sich Dinge leistete, von denen sie lange geträumt hatte. Auch eine Magd stand ihr zur Seite und gegen Bezahlung vertrieb ein Bub die Vögel im Garten, damit sie nicht die Früchte des Hausbesitzers fraßen. Nannina wollte wieder zurück zur Tanzgruppe, aber deren Chef verwehrte es. Nannina suchte Unterstützung beim Erzähler dieser Geschichte. Gemeinsam versuchten sie den Chef der Tanztruppe zu überreden. Ergebnislos. Da tanzte Nannia unaufgefordert. Das Publikum war begeistert. Letztlich sang sie auch noch. Ein Lied vom Tod. Sie hatte es sehr inbrünstig vorgetragen und im Anschluss an die Vorstellung gab es noch einen Streit mit Mommino, der sie aber ablehnte. Dann beging sie Selbstmord. Mommino kündigte seinen Job und ermöglichte durch eine großzügige Spende an die Kirche, dass Nannina als Selbstmörderin ein kirchliches Begräbnis bekam. Letztlich rechnete er noch mit der Mutter ab. Er gab ihr all seine Ersparnisse, damit sie ein schönes Leben führen könne. Im Gegenzug musste sie ihm das Geld des ausländischen Verführers geben. Dieses Geld verbrannte er. Das war – wie er sagte – die halbe Rechnung, denn anschließend ging er ins Hotel, wo sie am Vortag eine Vorführung hatten und ermordete einen Kellner. Als ihn die Polizei abführte sang er ein Liebeslied. Eine sehr romantische Geschichte, die im Ziel der Zeit und in der Ausdrucksform Ganghofers noch emotioneller wirkt. Ich brauchte einige Zeit, um mich in die Art des Buches einzulesen. In die doch verschiedenen Buchstaben, bei denen ein s so ähnlich aussieht wie ein f. Auch die Rechtschreibung ist anders. Ware heißt hier Waare. Die Tat wird noch mit h geschrieben: That. Auch der Stil ist ein anderer als in unserem Jahrhundert. Romantisch und ausgeschmückt werden die Dinge erzählt. Dazu viele Redewendungen und Vergleiche. Als der Maurer Mommino bei Regenwetter, als am Bau nicht gearbeitet wurde, von Zeche zu Zeche eilte sagte er „Da schont man den Sessel zu Hause, aber nicht das Geld im Sack.“ (Seite 278) Nannina bereute, das was sie getan hatte und Ganghofer lässt sie sagen „Denn hätt ichs gewußt … bei meiner ewigen Seele, Seniorr, lieber hätte ich mir das Fleisch aus meinen Armen gebissen und hätt es der Mutter gekocht, wenn ich gewußt hätt, was ich euch anthu … euch und mir!“ (Seite 253) Als das dünne Mädchen in den Kleidern ihrer Vorgängerin stand meinte einer der Tänzer „Sie ist freilich ein Fisch, der nur Gräten hat, aber sie wird schwimmen.“ (Seite 122) Damit meinte er, dass ihr Busen viel kleiner war als jener der Vorgängerin. Als man ihr das Kleid anpasste sagte der Chef der Gruppe „Und jetzt stecken sie das magere Ding hinein! Die wird drin aussehen wie ein Kinderfuß im Schlappschuh der Großmutter!“ (Seite 120/121) Aber, es ist interessant ein 100 Jahre altes Buch zu lesen und zu erfahren, wie man damals formulierte und wie damals der Geschmack der Leser war. Mit über 100 Jahren ist das Buch schon eine Rarität. Ein schöner Einband und geschmackvolle Abbildungen ergänzen den Text. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } GANGHOFER, Ludwig: „Tarantella“, Novelle, Stuttgart 1899 Meine Eltern haben die Bücher Ganghofers mit Leidenschaft gelesen. Daher war es für uns Kinder eine „No Go Literatur“. Erst jetzt im Alter habe ich positive Kritik über Ganghofer gelesen und meine Schwester schenkte mir dieses Buch aus dem Jahr 1899. Eine Novelle, die sich in der Nähe von Neapel abspielt. Die erzählende Person – der Dichter – beschreibt die Region und die Schönheit der Landschaft. Auch sein Kontakt mit den Einheimischen des Dorfes. So lernte er ein bettelndes Mädchen kennen. Er sah sie tanzen. Ihre Mutter war eine berühmte Tänzerin und wurde nach einem Unfall gelähmt. Sie trainierte die Tochter zum typischen Tanz, dem Tarantella. Als in der besten Tanzgruppe ein Streit des Hauptpaares zu einer Trennung führte und die Truppe plötzlich ohne Tänzerin dastand vermittelte der Fremde das Mädchen. Ihr erster Auftritt war ein voller Erfolg. Sie ist dem „Vermittler“ sehr dankbar und prostet ihm zu „Auf eure Gesundheit, Herr! Hundert gesunde Jahre wünsch ich euch … ohne die bösen Tage, die ihr nicht haben wollt!“ (Seite 162) Einer der Künstler der Truppe – Mommino – verliebte sich in sie. Auch sie fühlte sich zu ihm hingezogen und die Tarantella, die sie leidenschaftlich tanzte, widmete sie ihm. Einer der Zuschauer des Abends, ein reicher Ausländer, war begeistert von Nannina, der jungen Tänzerin. Schon während der Vorführung hatte er kräftig applaudiert. Letztlich ging sie mit ihm. Sie fuhren nach Capri. Dort musste sie immer für ihn tanzen. Er beschenkte sie mit Kleidern und gab ihr Geld für die Mutter. Als sie zurück ins Dorf kam, zeigte sie all ihre Erwerbungen Mommino am Hauptplatz, dessen Herz vor Liebe gebrochen war. Nannina trennte sich vom ausländischen Liebhaber. Viel Geld hatte sie von ihm bekommen und alles der Mutter gegeben, die sich neu eingerichtet hatte und sich Dinge leistete, von denen sie lange geträumt hatte. Auch eine Magd stand ihr zur Seite und gegen Bezahlung vertrieb ein Bub die Vögel im Garten, damit sie nicht die Früchte des Hausbesitzers fraßen. Nannina wollte wieder zurück zur Tanzgruppe, aber deren Chef verwehrte es. Nannina suchte Unterstützung beim Erzähler dieser Geschichte. Gemeinsam versuchten sie den Chef der Tanztruppe zu überreden. Ergebnislos. Da tanzte Nannia unaufgefordert. Das Publikum war begeistert. Letztlich sang sie auch noch. Ein Lied vom Tod. Sie hatte es sehr inbrünstig vorgetragen und im Anschluss an die Vorstellung gab es noch einen Streit mit Mommino, der sie aber ablehnte. Dann beging sie Selbstmord. Mommino kündigte seinen Job und ermöglichte durch eine großzügige Spende an die Kirche, dass Nannina als Selbstmörderin ein kirchliches Begräbnis bekam. Letztlich rechnete er noch mit der Mutter ab. Er gab ihr all seine Ersparnisse, damit sie ein schönes Leben führen könne. Im Gegenzug musste sie ihm das Geld des ausländischen Verführers geben. Dieses Geld verbrannte er. Das war – wie er sagte – die halbe Rechnung, denn anschließend ging er ins Hotel, wo sie am Vortag eine Vorführung hatten und ermordete einen Kellner. Als ihn die Polizei abführte sang er ein Liebeslied. Eine sehr romantische Geschichte, die im Ziel der Zeit und in der Ausdrucksform Ganghofers noch emotioneller wirkt. Ich brauchte einige Zeit, um mich in die Art des Buches einzulesen. In die doch verschiedenen Buchstaben, bei denen ein s so ähnlich aussieht wie ein f. Auch die Rechtschreibung ist anders. Ware heißt hier Waare. Die Tat wird noch mit h geschrieben: That. Auch der Stil ist ein anderer als in unserem Jahrhundert. Romantisch und ausgeschmückt werden die Dinge erzählt. Dazu viele Redewendungen und Vergleiche. Als der Maurer Mommino bei Regenwetter, als am Bau nicht gearbeitet wurde, von Zeche zu Zeche eilte sagte er „Da schont man den Sessel zu Hause, aber nicht das Geld im Sack.“ (Seite 278) Nannina bereute, das was sie getan hatte und Ganghofer lässt sie sagen „Denn hätt ichs gewußt … bei meiner ewigen Seele, Seniorr, lieber hätte ich mir das Fleisch aus meinen Armen gebissen und hätt es der Mutter gekocht, wenn ich gewußt hätt, was ich euch anthu … euch und mir!“ (Seite 253) Als das dünne Mädchen in den Kleidern ihrer Vorgängerin stand meinte einer der Tänzer „Sie ist freilich ein Fisch, der nur Gräten hat, aber sie wird schwimmen.“ (Seite 122) Damit meinte er, dass ihr Busen viel kleiner war als jener der Vorgängerin. Als man ihr das Kleid anpasste sagte der Chef der Gruppe „Und jetzt stecken sie das magere Ding hinein! Die wird drin aussehen wie ein Kinderfuß im Schlappschuh der Großmutter!“ (Seite 120/121) Aber, es ist interessant ein 100 Jahre altes Buch zu lesen und zu erfahren, wie man damals formulierte und wie damals der Geschmack der Leser war. Mit über 100 Jahren ist das Buch schon eine Rarität. Ein schöner Einband und geschmackvolle Abbildungen ergänzen den Text. |
EDELBAUER, Raphaela DAVE Buch 2021. @book{EDELBAUER2021, title = {DAVE}, author = {EDELBAUER, Raphaela}, year = {2021}, date = {2021-02-17}, abstract = {EDELBAUER, Raphaela: „DAVE“, Stuttgart 2021 Frau Edelbauer ist eine neue Generation der Schriftstellerzunft. Schon der letzte Roman war anders als alles bisher oder derzeit Geschriebene. Viel Fantasie. Wunderschöne Formulierungen. Bringt so eine junge Dichterin ein gutes Buch heraus zweifeln die Experten oft, ob ein Folgeroman auf diesem Niveau gelingen kann. Mit DAVE hat Edelbauer noch eine Steigerung geliefert. Ja, sie hat ihre Fantasie und ihre Formulierkunst noch weiter gesteigert. Ich habe das Buch andächtig gelesen. Nicht schnell und zwischendurch. Wenn ich nur ein kleines Zeitfenster zum Lesen hatte, ließ ich das Buch liegen. Ich versuchte es ausgeglichen und entspannt zu lesen, ja zu genießen. DAVE ist ein Roman mit einer neuen Dimension. Er ist mit naturwissenschaftlichem Wissen gespickt. Hier hätte ich eine Anregung für den Verlag: Nicht Jeder hat so viel Naturwissenschaftswissen abrufbar. Ein Anhang mit Erklärungen würde einen Beitrag zum besseren Verstehen bieten. Wobei man aber nicht alles verstehen muss. Man kann sich einfach durch die Geschehnisse treiben lassen. Die Hauptakteure des Romans sind ein Mann namens Syz und ein Computer namens DAVE. Der Planet Erde ist unbewohnbar geworden. In einem riesigen Gebäude haben sich elitäre Menschen – wie in eine Arche Noah – zurückgezogen. Sie entwickeln hier einen Supercomputer, eben DAVE. Tausende Menschen programmieren an ihm. Es soll die erste Künstliche Intelligenz werden, die mit einem eigenen Bewusstsein ausgestattet werden soll. Daneben will man auch die umgebende und zerstörte Welt wieder bewohnbar machen. „Unendliche Intelligenz und die Kapazität“ (Seite 15) soll alle Probleme lösen und so eine friedliche Welt erzeugen. Dieser Computer soll Gott ähnlich werden. „Wir haben vergessen, dass wir aus dem einen großen Bewusstsein kommen, können uns nicht an unsere göttliche Natur erinnern. In Jesus wurde Gott Mensch, in DAVE wird der Mensch wieder allmächtig, und zwar durch unendlich gesteigerte Denkleistung …“ (Seite 44) Edelbauer lässt einem der Proponenten des Romans auch sagen, dass wir Menschen kein Schöpfungsakt eines Gottes sind. „Wenn Gott uns zusammengesetzt hätte, Stück für Stück inklusive jenes unverbrüchlichen Kerns, in dem das Selbstbewusstsein schon angelegt ist und er uns jede unserer Geistesfunktionen planvoll verliehen hätte, dann wäre unser Selbstbewusstsein ja gar nicht unseres, sondern seins. Wir wären nur Extensionen seines Geistes.“ (Seite 362) Mit DAVE soll der IQ gegenüber dem eines Menschen mit 100 um das 1000-fache gesteigert werden. Daneben soll das lineare Zeitdenken ersetzt werden. „Orthogonale Zeit ist ein Gegenkonzept zu unserer linearen – Dick meinte, wie die Rillen einer LP gehe Chronologie im Kreis herum und alles, was schon geschehen sei und noch geschehen werde, sei auf der Platte gleichzeitig vorhanden, selbst wenn sie die Nadel gerade an einer anderen Stelle befände.“ (Seite 166) Eine Theorie, die sich an die Jordankurve anlehnt. Vieles soll gelöst werden „Es geht entweder um Unsterblichkeit oder um eine Uranusexpedition, um Robotik, die Heilung von Krebs, das Ende des Alterns, die Transzendent, die Weltschau, die kognitive Allmacht, das Ende der Menschheit, das Ende der Geschichte oder aber alles davon.“ (Seite 181) Als Kind war Syz am Funktionieren von Lebewesen interessiert. In der Schule sezierte er einen Frosch. Er interessierte sich weniger an der „Mechanik“ der Lebewesen als an deren Gehirn, in dem er Ähnlichkeiten zu einem Computer sah. Syz ist nur ein kleiner Programmierer, der aber Karriere machen will. Letztlich wird er – von einem Algorithmus auserwählt – zum Abbild DAVEs. In vielen Sitzungen versucht man das Empfinden, das Bewusstsein von Syz in den Riesencomputer zu programmieren. DAVE wird Syz. Dieser bekommt aber Zweifel. Philosophische und ethische Überlegungen bringen ihn dazu dieses Projekt zu torpedieren. Er trifft auf Freunde und Menschen, die schon vor ihm sich Gedanken gemacht hatten. Er versucht auszubrechen und verlässt auch die „Arche“, um mit neuen Aufträgen, dieses Projekt zum Scheitern zu bringen, zurückzukehren. Ausgestattet mit dem Programm eines Vorgängers, dem man DAVE nachbauen wollte und der ebenfalls Zweifel bekam, will er in letzter Sekunde dieses unmögliche Projekt stürzen. In diesem Aspekt wird das Buch zu einer Abenteuergeschichte. Mit viel Spannung und Dramatik erzählt Edelbauer ein Finale, wie man es als Leser nicht erwarten würde und wie auch ich, der Rezensent, es nicht verraten will. Jeder soll es sich selbst erlesen. Es wäre sonst so, als würde man in einem Kriminalroman den Täter im Vorhinein bekanntgeben. Auf alle Fälle ist es ein interessantes Buch. Eines, das ich wirklich empfehlen kann. Eines, wie ich es schon lange nicht gelesen habe. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } EDELBAUER, Raphaela: „DAVE“, Stuttgart 2021 Frau Edelbauer ist eine neue Generation der Schriftstellerzunft. Schon der letzte Roman war anders als alles bisher oder derzeit Geschriebene. Viel Fantasie. Wunderschöne Formulierungen. Bringt so eine junge Dichterin ein gutes Buch heraus zweifeln die Experten oft, ob ein Folgeroman auf diesem Niveau gelingen kann. Mit DAVE hat Edelbauer noch eine Steigerung geliefert. Ja, sie hat ihre Fantasie und ihre Formulierkunst noch weiter gesteigert. Ich habe das Buch andächtig gelesen. Nicht schnell und zwischendurch. Wenn ich nur ein kleines Zeitfenster zum Lesen hatte, ließ ich das Buch liegen. Ich versuchte es ausgeglichen und entspannt zu lesen, ja zu genießen. DAVE ist ein Roman mit einer neuen Dimension. Er ist mit naturwissenschaftlichem Wissen gespickt. Hier hätte ich eine Anregung für den Verlag: Nicht Jeder hat so viel Naturwissenschaftswissen abrufbar. Ein Anhang mit Erklärungen würde einen Beitrag zum besseren Verstehen bieten. Wobei man aber nicht alles verstehen muss. Man kann sich einfach durch die Geschehnisse treiben lassen. Die Hauptakteure des Romans sind ein Mann namens Syz und ein Computer namens DAVE. Der Planet Erde ist unbewohnbar geworden. In einem riesigen Gebäude haben sich elitäre Menschen – wie in eine Arche Noah – zurückgezogen. Sie entwickeln hier einen Supercomputer, eben DAVE. Tausende Menschen programmieren an ihm. Es soll die erste Künstliche Intelligenz werden, die mit einem eigenen Bewusstsein ausgestattet werden soll. Daneben will man auch die umgebende und zerstörte Welt wieder bewohnbar machen. „Unendliche Intelligenz und die Kapazität“ (Seite 15) soll alle Probleme lösen und so eine friedliche Welt erzeugen. Dieser Computer soll Gott ähnlich werden. „Wir haben vergessen, dass wir aus dem einen großen Bewusstsein kommen, können uns nicht an unsere göttliche Natur erinnern. In Jesus wurde Gott Mensch, in DAVE wird der Mensch wieder allmächtig, und zwar durch unendlich gesteigerte Denkleistung …“ (Seite 44) Edelbauer lässt einem der Proponenten des Romans auch sagen, dass wir Menschen kein Schöpfungsakt eines Gottes sind. „Wenn Gott uns zusammengesetzt hätte, Stück für Stück inklusive jenes unverbrüchlichen Kerns, in dem das Selbstbewusstsein schon angelegt ist und er uns jede unserer Geistesfunktionen planvoll verliehen hätte, dann wäre unser Selbstbewusstsein ja gar nicht unseres, sondern seins. Wir wären nur Extensionen seines Geistes.“ (Seite 362) Mit DAVE soll der IQ gegenüber dem eines Menschen mit 100 um das 1000-fache gesteigert werden. Daneben soll das lineare Zeitdenken ersetzt werden. „Orthogonale Zeit ist ein Gegenkonzept zu unserer linearen – Dick meinte, wie die Rillen einer LP gehe Chronologie im Kreis herum und alles, was schon geschehen sei und noch geschehen werde, sei auf der Platte gleichzeitig vorhanden, selbst wenn sie die Nadel gerade an einer anderen Stelle befände.“ (Seite 166) Eine Theorie, die sich an die Jordankurve anlehnt. Vieles soll gelöst werden „Es geht entweder um Unsterblichkeit oder um eine Uranusexpedition, um Robotik, die Heilung von Krebs, das Ende des Alterns, die Transzendent, die Weltschau, die kognitive Allmacht, das Ende der Menschheit, das Ende der Geschichte oder aber alles davon.“ (Seite 181) Als Kind war Syz am Funktionieren von Lebewesen interessiert. In der Schule sezierte er einen Frosch. Er interessierte sich weniger an der „Mechanik“ der Lebewesen als an deren Gehirn, in dem er Ähnlichkeiten zu einem Computer sah. Syz ist nur ein kleiner Programmierer, der aber Karriere machen will. Letztlich wird er – von einem Algorithmus auserwählt – zum Abbild DAVEs. In vielen Sitzungen versucht man das Empfinden, das Bewusstsein von Syz in den Riesencomputer zu programmieren. DAVE wird Syz. Dieser bekommt aber Zweifel. Philosophische und ethische Überlegungen bringen ihn dazu dieses Projekt zu torpedieren. Er trifft auf Freunde und Menschen, die schon vor ihm sich Gedanken gemacht hatten. Er versucht auszubrechen und verlässt auch die „Arche“, um mit neuen Aufträgen, dieses Projekt zum Scheitern zu bringen, zurückzukehren. Ausgestattet mit dem Programm eines Vorgängers, dem man DAVE nachbauen wollte und der ebenfalls Zweifel bekam, will er in letzter Sekunde dieses unmögliche Projekt stürzen. In diesem Aspekt wird das Buch zu einer Abenteuergeschichte. Mit viel Spannung und Dramatik erzählt Edelbauer ein Finale, wie man es als Leser nicht erwarten würde und wie auch ich, der Rezensent, es nicht verraten will. Jeder soll es sich selbst erlesen. Es wäre sonst so, als würde man in einem Kriminalroman den Täter im Vorhinein bekanntgeben. Auf alle Fälle ist es ein interessantes Buch. Eines, das ich wirklich empfehlen kann. Eines, wie ich es schon lange nicht gelesen habe. |
OBAMA, Michelle BECOMING. Meine Geschichte Buch 2021. @book{OBAMA2021b, title = {BECOMING. Meine Geschichte}, author = {Michelle OBAMA}, year = {2021}, date = {2021-02-05}, abstract = {OBAMA, Michelle: „Becoming. Meine Geschichte“, München 2018 Eine Frau, die aus bescheidenen Verhältnissen kommt und ganz nach oben gelangt. Die Tochter einfacher Leute. Mitglied einer schwarzen Familie und aufgewachsen in einem nicht sehr angesehenen Bezirk von Chicago. Ihr älterer Bruder ist ihr Mentor und Beschützer. Die Familie gibt ihr Nestwärme. Die Eltern engagieren sich für die Kinder und beide studieren an einer angesehenen Universität. Michelle kommt ganz nach oben. Wird Rechtsanwältin und lernt dabei einen Jus-Studenten kennen, der in ihrer Kanzlei ein Praktikum macht. Sie wird seine Betreuerin und letztlich seine Geliebte und spätere Ehefrau. Sie sind zwei gänzlich verschiedene Typen. Michelle ist ein Familienmensch. Sie ist in der heilen Familie aufgewachsen und sieht darin ihr Ideal. Alles muss genau und geordnet sein. Barack, ihr Mann stammt aus einer geschiedenen Ehe. Den Vater aus Kenia, der Student in Hawaii war, lernt er nicht kennen. Er hatte seine Frau, die Mutter Obamas, verlassen und kehrte nach Afrika zurück. Die Mutter heiratete wieder. Diesmal einen Indonesier. Mehrere Jahre lebte sie mit Barack in Indonesien, schickt den Buben aber dann heim zur Großmutter, wo er zur Schule ging. Auch er schlägt sich im Studium durch, verfolgt aber nicht die Rechtsanwaltslaufbahn, sondern engagiert sich in sozialen Organisationen. Als die beiden zusammenziehen verstärkt sich die Verschiedenheit noch. In der gemeinsamen Wohnung bekommt er dann ein eigenes Zimmer für seine vielen Bücher und dort kann es unaufgeräumt sein. Es wird seine Höhle. Eine Höhle, wie er sie in allen Häusern, die sie bewohnten, bekam. Beide wollten aber eine Familie. Zwei Kinder – Mädchen - kamen zur Welt. Barack und Michelle waren liebevolle Eltern. Obwohl Brack weiter seinen eigenen Interessen nachging. Die Familie war ihm wichtig, aber auch sein soziales und später politisches Engagement brauchte Zeit und Energie. Wie Barack Politiker, Senator und dann Präsident Amerikas wurde schildert Michelle Obama in diesem Buch aus dem Blickwinkel einer Frau. Einer Frau, die sich um die Kinder kümmern muss, die ihre Karriere zu Gunsten des Mannes zurückstecken muss, die viele Tage und Wochen allein mit den Kindern ist. Der Mann ist auf Jagd nach Wählerstimmen, bei Versammlungen oder Sitzungen. Daneben schreibt er noch ein Buch, zu dem er sich für einige Wochen nach Indonesien zurückzieht. Die Ehe kriselt. Sie gehen in eine Eheberatung. Michelle erwartet davon, dass ihr Mann wieder mehr zu Hause sein würde. Aber das Gegenteil war der Fall. Sie musste ihren Mann akzeptieren, wie er war und selbst einen neuen Lebenssinn finden. Das Buch beginnt mit einem Prolog. Geschrieben im März 2017; also nach der Zeit im Weißen Haus. Die Familie wohnt in einem eigenen Haus in Washington. Sie sind nicht nach Illinois zurückgekehrt. Sie ist wieder allein. Der Mann ist unterwegs. Umtriebig wie vorher. Den Buchtitel „Becoming“ verwendet die Autorin auch für die einzelnen Kapitel des Buches. In „Becoming Me – Ich werden“ erzählt sie von ihrer Kindheit und Jugend. Mit „Becoming Us – Wir werden“ - über ihre Partnerschaft und Entstehung der Ehe mit Barack. „Becoming More – Mehr werden“ -, dann über die Präsidentschaft und deren Probleme. Das Leben im Weißen Haus wird durch diesen Bericht einer breiten Öffentlichkeit anschaulich gemacht. Es ähnelt mehr einem Gefängnis als einem freien, demokratischen Wohnhaus. Überall sind Sicherheitsbeamte. Kein Weg darf allein gemacht werden. Fenster können nicht geöffnet werde. Selten ist man allein. Der Mann ist kein Familienvater mehr, sondern ein 24-Stunden-Beamter. Michelle will nicht nur die lächelnde Gattin des Präsidenten sein. Sie will selbst Aktivitäten voranbringen und engagiert sich für Jugendliche und Kriegsveteranen. Immer wieder versucht sie aus dem Korsett der Rolle der First Lady auszubrechen, aber sie ist es und muss ihre Rolle erfüllen. Beim Lesen spürt man die Veränderungen dieser Frau. Im letzten Kapitel lernt man eine andere Frau kennen als jene in den ersten Abschnitten. Vor allem im Abschnitt, in dem sie ihren Aufenthalt im Weißen Haus schildert, gibt es viele Rechtfertigungen ihres Lebens. Dinge, die in der Öffentlichkeit anders gesehen wurden, als sie sie geplant hatte. Oder eine nachherige Korrektur. Sie verschweigt aber auch keine Fehler, wie sie etwa der englischen Königin die Hand auf die Schulter gelegt hatte. Eine Rückkehr in ein normales Leben ist nach dem Amt eines amerikanischen Präsidenten nicht möglich. Security Beamte sorgen weiter für die Sicherheit der Familie. Das Buch ist sehr flüssig geschrieben und angenehm zu lesen. Es zeigt den Werdegang einer schwarzen Amerikanerin. Mit welchen Hindernissen diese Menschen noch immer kämpfen müssen. Sie, die es geschafft hat, setzt sich aber für mehr Gerechtigkeit ein; auch wenn dies beim nachfolgenden Präsidenten Trump einen Rückschlag erlitten hat. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } OBAMA, Michelle: „Becoming. Meine Geschichte“, München 2018 Eine Frau, die aus bescheidenen Verhältnissen kommt und ganz nach oben gelangt. Die Tochter einfacher Leute. Mitglied einer schwarzen Familie und aufgewachsen in einem nicht sehr angesehenen Bezirk von Chicago. Ihr älterer Bruder ist ihr Mentor und Beschützer. Die Familie gibt ihr Nestwärme. Die Eltern engagieren sich für die Kinder und beide studieren an einer angesehenen Universität. Michelle kommt ganz nach oben. Wird Rechtsanwältin und lernt dabei einen Jus-Studenten kennen, der in ihrer Kanzlei ein Praktikum macht. Sie wird seine Betreuerin und letztlich seine Geliebte und spätere Ehefrau. Sie sind zwei gänzlich verschiedene Typen. Michelle ist ein Familienmensch. Sie ist in der heilen Familie aufgewachsen und sieht darin ihr Ideal. Alles muss genau und geordnet sein. Barack, ihr Mann stammt aus einer geschiedenen Ehe. Den Vater aus Kenia, der Student in Hawaii war, lernt er nicht kennen. Er hatte seine Frau, die Mutter Obamas, verlassen und kehrte nach Afrika zurück. Die Mutter heiratete wieder. Diesmal einen Indonesier. Mehrere Jahre lebte sie mit Barack in Indonesien, schickt den Buben aber dann heim zur Großmutter, wo er zur Schule ging. Auch er schlägt sich im Studium durch, verfolgt aber nicht die Rechtsanwaltslaufbahn, sondern engagiert sich in sozialen Organisationen. Als die beiden zusammenziehen verstärkt sich die Verschiedenheit noch. In der gemeinsamen Wohnung bekommt er dann ein eigenes Zimmer für seine vielen Bücher und dort kann es unaufgeräumt sein. Es wird seine Höhle. Eine Höhle, wie er sie in allen Häusern, die sie bewohnten, bekam. Beide wollten aber eine Familie. Zwei Kinder – Mädchen - kamen zur Welt. Barack und Michelle waren liebevolle Eltern. Obwohl Brack weiter seinen eigenen Interessen nachging. Die Familie war ihm wichtig, aber auch sein soziales und später politisches Engagement brauchte Zeit und Energie. Wie Barack Politiker, Senator und dann Präsident Amerikas wurde schildert Michelle Obama in diesem Buch aus dem Blickwinkel einer Frau. Einer Frau, die sich um die Kinder kümmern muss, die ihre Karriere zu Gunsten des Mannes zurückstecken muss, die viele Tage und Wochen allein mit den Kindern ist. Der Mann ist auf Jagd nach Wählerstimmen, bei Versammlungen oder Sitzungen. Daneben schreibt er noch ein Buch, zu dem er sich für einige Wochen nach Indonesien zurückzieht. Die Ehe kriselt. Sie gehen in eine Eheberatung. Michelle erwartet davon, dass ihr Mann wieder mehr zu Hause sein würde. Aber das Gegenteil war der Fall. Sie musste ihren Mann akzeptieren, wie er war und selbst einen neuen Lebenssinn finden. Das Buch beginnt mit einem Prolog. Geschrieben im März 2017; also nach der Zeit im Weißen Haus. Die Familie wohnt in einem eigenen Haus in Washington. Sie sind nicht nach Illinois zurückgekehrt. Sie ist wieder allein. Der Mann ist unterwegs. Umtriebig wie vorher. Den Buchtitel „Becoming“ verwendet die Autorin auch für die einzelnen Kapitel des Buches. In „Becoming Me – Ich werden“ erzählt sie von ihrer Kindheit und Jugend. Mit „Becoming Us – Wir werden“ - über ihre Partnerschaft und Entstehung der Ehe mit Barack. „Becoming More – Mehr werden“ -, dann über die Präsidentschaft und deren Probleme. Das Leben im Weißen Haus wird durch diesen Bericht einer breiten Öffentlichkeit anschaulich gemacht. Es ähnelt mehr einem Gefängnis als einem freien, demokratischen Wohnhaus. Überall sind Sicherheitsbeamte. Kein Weg darf allein gemacht werden. Fenster können nicht geöffnet werde. Selten ist man allein. Der Mann ist kein Familienvater mehr, sondern ein 24-Stunden-Beamter. Michelle will nicht nur die lächelnde Gattin des Präsidenten sein. Sie will selbst Aktivitäten voranbringen und engagiert sich für Jugendliche und Kriegsveteranen. Immer wieder versucht sie aus dem Korsett der Rolle der First Lady auszubrechen, aber sie ist es und muss ihre Rolle erfüllen. Beim Lesen spürt man die Veränderungen dieser Frau. Im letzten Kapitel lernt man eine andere Frau kennen als jene in den ersten Abschnitten. Vor allem im Abschnitt, in dem sie ihren Aufenthalt im Weißen Haus schildert, gibt es viele Rechtfertigungen ihres Lebens. Dinge, die in der Öffentlichkeit anders gesehen wurden, als sie sie geplant hatte. Oder eine nachherige Korrektur. Sie verschweigt aber auch keine Fehler, wie sie etwa der englischen Königin die Hand auf die Schulter gelegt hatte. Eine Rückkehr in ein normales Leben ist nach dem Amt eines amerikanischen Präsidenten nicht möglich. Security Beamte sorgen weiter für die Sicherheit der Familie. Das Buch ist sehr flüssig geschrieben und angenehm zu lesen. Es zeigt den Werdegang einer schwarzen Amerikanerin. Mit welchen Hindernissen diese Menschen noch immer kämpfen müssen. Sie, die es geschafft hat, setzt sich aber für mehr Gerechtigkeit ein; auch wenn dies beim nachfolgenden Präsidenten Trump einen Rückschlag erlitten hat. |
HASSLER Silke TURRINI, Peter Jedem das Seine Buch 2021. @book{HASSLER2021, title = {Jedem das Seine}, author = {HASSLER, Silke TURRINI, Peter}, year = {2021}, date = {2021-01-24}, abstract = {HASSLER, Silke, TURRINI, Peter: „Jedem das Seine. Ein Volksstück“, Innsbruck Wien 2016 In den letzten Kriegstagen des Jahres 1945 wurden Gefangene aus verschiedenen Lagern in Richtung Westen getrieben; weg von den anrückenden sowjetischen Militärs. Sie gingen mit der Bezeichnung „Todesmärsche“ in die Geschichte ein. Die beiden Autoren beschäftigte dieses Thema schon länger. Vor allem, weil „diese Greueltaten an Juden geschahen direkt vor den Augen der Menschen und nicht in Konzentrationslagern, von denen angeblich niemand etwas gewusst hat.“ (Seite 102) Sie wählten für die Umsetzung dieses Themas eine Tragikomödie, in der sie die Zuschauer und Leser zuerst zum Lachen bringen, um sie dann am Ende mit den tatsächlichen Schrecknissen zu konfrontieren. Das Stück besteht – so Peter Turrini – aus einer Mischung von Erfundenem und Vorgefundenem. Manche Personen gab es wirklich; andere wurden dazu gedichtet. Das Stück spielt in der Scheune eines Bauern, in der eine Gruppe jüdischer Häftlinge gefangen gehalten wird. Einer von ihnen ist Schauspieler. Er will die triste Stimmung, der zum Tode verurteilten heben und schlägt vor die Operette „Wiener Blut“ aufzuführen. Für die erschöpften und ausgehungerten Menschen ein schier unvorstellbares Unterfangen. Dann tritt eine Magd des Bauernhofs und die Bäuerin auf. Sie bringen den Häftlingen zu essen und beteiligen sich am Einstudieren der Operette. Ein altes Klavier wird hervorgeholt, auf dem ein alter Häftling spielt. Ein Geiger ist unter den Gefangenen und die Magd bringt ihre Gitarre, an der einige Saiten fehlen. Auch die Bäuerin beteiligt sich. Neben einem Suppentopf bringt sie ihre Zither. Der Bauer ist als überzeugter Nationalsozialist beim Volkssturm engagiert. Für ihn ist - als er in den Stadl kommt – die Situation eine Katastrophe. Er ist politisch für die Sache verantwortlich und sieht auch das Risiko, das er und seine Frau eingehen. Heftig opponiert er gegen diese Operettenaufführung. Letztlich überzeugt ihn die Ehefrau und er holt seine Ziehharmonika und spielt mit. Als der Dorfgendarm in den Stadl kommt verteidigt der Bauer die Situation. Es sei sein privater Stadl und da könne er machen, was er wolle. Ein Bub kommt und schreit, dass Hitler gestorben sei. Das bedeute doch, dass der Krieg aus sei. Die Operette wird auszugsweise aufgeführt. Das Stück endet aber anders: „Auf der Rückseite der Bühne erscheint folgender Text: In der Nacht auf den 2. Mai 1945 wurde der Stadel von betrunkenen Nazioffizieren und einigen Dorfbewohnern angezündet. Alle jüdischen Häftlinge sind verbrannt, keiner von ihnen hat überlebt.“ (Seite 67) Silke Hasler argumentiert diesen Schluss so: „Für uns ist der Schluss ganz wichtig, weil er die Realität zeigt, nicht, was wir gerne hätten, sondern was tatsächlich vorgefallen ist.“ (Seite 104) Mit der Magd und der Bäuerin bleibt aber auch ein positiver Aspekt im Raum stehen: „Es gibt Menschen, die helfen, und es gibt Menschen, die sich für das Schicksal anderer nicht interessieren.“ (Turrini, Seite 110) Das Stück wurde von zwei Personen – Hassler und Turrini – geschrieben. Sicher kein einfaches Unterfangen. Turrini sagte dazu „Wir streiten auf Augenhöhe. Anders geht es gar nicht, sonst nimmt man die Argumente des anderen nicht ernst.“ (Seite 105) Die Beiden haben zwar schon lange zusammengearbeitet, aber jeder für sich geschrieben und vom Partner die Anregungen angenommen (oder auch nicht). In diesem Fall musste es aber so sein, dass beide mit einer Formulierung zufrieden waren. Das brachte sicherlich noch eine weitere Qualitätssteigerung; obwohl beide schon auf hohem Niveau schreiben. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } HASSLER, Silke, TURRINI, Peter: „Jedem das Seine. Ein Volksstück“, Innsbruck Wien 2016 In den letzten Kriegstagen des Jahres 1945 wurden Gefangene aus verschiedenen Lagern in Richtung Westen getrieben; weg von den anrückenden sowjetischen Militärs. Sie gingen mit der Bezeichnung „Todesmärsche“ in die Geschichte ein. Die beiden Autoren beschäftigte dieses Thema schon länger. Vor allem, weil „diese Greueltaten an Juden geschahen direkt vor den Augen der Menschen und nicht in Konzentrationslagern, von denen angeblich niemand etwas gewusst hat.“ (Seite 102) Sie wählten für die Umsetzung dieses Themas eine Tragikomödie, in der sie die Zuschauer und Leser zuerst zum Lachen bringen, um sie dann am Ende mit den tatsächlichen Schrecknissen zu konfrontieren. Das Stück besteht – so Peter Turrini – aus einer Mischung von Erfundenem und Vorgefundenem. Manche Personen gab es wirklich; andere wurden dazu gedichtet. Das Stück spielt in der Scheune eines Bauern, in der eine Gruppe jüdischer Häftlinge gefangen gehalten wird. Einer von ihnen ist Schauspieler. Er will die triste Stimmung, der zum Tode verurteilten heben und schlägt vor die Operette „Wiener Blut“ aufzuführen. Für die erschöpften und ausgehungerten Menschen ein schier unvorstellbares Unterfangen. Dann tritt eine Magd des Bauernhofs und die Bäuerin auf. Sie bringen den Häftlingen zu essen und beteiligen sich am Einstudieren der Operette. Ein altes Klavier wird hervorgeholt, auf dem ein alter Häftling spielt. Ein Geiger ist unter den Gefangenen und die Magd bringt ihre Gitarre, an der einige Saiten fehlen. Auch die Bäuerin beteiligt sich. Neben einem Suppentopf bringt sie ihre Zither. Der Bauer ist als überzeugter Nationalsozialist beim Volkssturm engagiert. Für ihn ist - als er in den Stadl kommt – die Situation eine Katastrophe. Er ist politisch für die Sache verantwortlich und sieht auch das Risiko, das er und seine Frau eingehen. Heftig opponiert er gegen diese Operettenaufführung. Letztlich überzeugt ihn die Ehefrau und er holt seine Ziehharmonika und spielt mit. Als der Dorfgendarm in den Stadl kommt verteidigt der Bauer die Situation. Es sei sein privater Stadl und da könne er machen, was er wolle. Ein Bub kommt und schreit, dass Hitler gestorben sei. Das bedeute doch, dass der Krieg aus sei. Die Operette wird auszugsweise aufgeführt. Das Stück endet aber anders: „Auf der Rückseite der Bühne erscheint folgender Text: In der Nacht auf den 2. Mai 1945 wurde der Stadel von betrunkenen Nazioffizieren und einigen Dorfbewohnern angezündet. Alle jüdischen Häftlinge sind verbrannt, keiner von ihnen hat überlebt.“ (Seite 67) Silke Hasler argumentiert diesen Schluss so: „Für uns ist der Schluss ganz wichtig, weil er die Realität zeigt, nicht, was wir gerne hätten, sondern was tatsächlich vorgefallen ist.“ (Seite 104) Mit der Magd und der Bäuerin bleibt aber auch ein positiver Aspekt im Raum stehen: „Es gibt Menschen, die helfen, und es gibt Menschen, die sich für das Schicksal anderer nicht interessieren.“ (Turrini, Seite 110) Das Stück wurde von zwei Personen – Hassler und Turrini – geschrieben. Sicher kein einfaches Unterfangen. Turrini sagte dazu „Wir streiten auf Augenhöhe. Anders geht es gar nicht, sonst nimmt man die Argumente des anderen nicht ernst.“ (Seite 105) Die Beiden haben zwar schon lange zusammengearbeitet, aber jeder für sich geschrieben und vom Partner die Anregungen angenommen (oder auch nicht). In diesem Fall musste es aber so sein, dass beide mit einer Formulierung zufrieden waren. Das brachte sicherlich noch eine weitere Qualitätssteigerung; obwohl beide schon auf hohem Niveau schreiben. |
Peter, TURRINI Tod und Teufel Buch 2021. @book{Peter2021, title = {Tod und Teufel}, author = {TURRINI Peter}, year = {2021}, date = {2021-01-23}, abstract = {TURRINI, Peter: „Tod und Teufel“, Wien 1990 Das Stück ist in einem Theaterheft des Burgtheaters aus dem Jahre 1990 abgedruckt. Am Antiquitätenmarkt bekam ich es zum mehrfachen Neupreis. Turrini setzt sich in diesem Theaterstück mit dem Tod und dem Teufel auseinander. Konkret geht er die Sünde suchen. Dabei landet er bei einer arbeitslosen Kassiererin, die ihn in die sexuelle Sünde einführt. Der Pfarrer ist verrückt danach, die Sünde zu finden. Da er auch seine Predigten im Dorf darauf aufbaut schickt der Bischof einen Pater zu ihm. Eigentlich wollte sich der Pfarrer aufhängen, aber nach dem Gespräch steigt er aus der Schlinge. Rudi, ein arbeitsloser junger Mann verlässt das Dorf. Auch der Pfarrer fährt in die Hauptstadt, wo sich ihre Wege mehrmals kreuzen. In der Stadt kommt er zu einem Nachtklub. Der Türsteher bietet ihm verschiedenste Sexutensilien an. Am frühen Morgen trifft er wieder auf Rudi. Diesmal mit der arbeitslosen Kassiererin, die mehrfach wegen Ladendiebstahls vorbestraft ist. Ein junger Journalist will mit ihnen ein Interview machen. Der Pfarrer zieht bei der Kassiererin ein. Die Wohnung hat keine Möbel. Nur einen Kasten. Zum Schlafen Matratzen am Boden und einen Haufen gestohlener Waren. Es gibt keinen elektrischen Strom. Das E-Werk hat die Lieferung eingestellt, weil keine Rechnungen bezahlt wurden. Sie will ihn verführen, um ihm die Sünde zu zeigen. Nach heftigem Alkoholkonsum gelingt es. Währenddessen trifft Rudi eine Schauspiellehrerin. Er möchte zum Film. Er stellt sich als ungeeignet heraus. In einer Werbeagentur findet eine Party mit namhaften Persönlichkeiten statt. Rudi verschaffte sich als Aushilfskellner einen Zugang und so Kontakt zu einem Filmemacher. Mit seiner Pistole nimmt er die Tochter des Medienmannes als Geisel um engagiert zu werden. Ein Waffenhändler findet Gefallen an ihm. Die Tochter kommt zu Rudi zurück und hantiert mit der Pistole. Versehentlich löst sich ein Schuss und sie stirbt. Rudi flüchtet in die Wohnung der Kassiererin. Der Pfarrer will Rudi helfen und dessen Unschuld beweisen und geht zum Waffenhändler. Dort wird dem Kriegsminister gerade ein neues Gewehr vorgeführt. Ein Gewehr, das sich selbst das Ziel sucht, egal wie genau der Schütze zielt. Es wird auf die Pupille eingestellt. In einem Menü kann man wählen welcher Menschentyp erschossen werden soll. Man stellt ein „Araber“ und ein Araber wird getroffen. Alle versuchen sich am Gewehr. Auch der Pfarrer wird gebeten. Letztlich haben sie sieben Menschen ermordet, die von Dienern ins Zimmer gebracht werden, wo dann ein Essen abgehalten wird. Der Pfarrer wird immer verrückter und er verschanzt sich nackt in einem offenen Schließfach am Bahnhof. Die Polizei will ihn festnehmen. Rudi eilt zu Hilfe und zückt seine Pistole. Dabei erschießt er einen der zwei Polizisten. Mit dem Pfarrer flüchtet er in die Wohnung der Kassiererin. Das Haus wird von Polizisten und Scharfschützen umstellt. In einem Gefecht stirbt Rudi. Der Pfarrer nagelt sich an einen Kasten wie ein gekreuzigter Christus. Die Kassiererin flüchtet. Obwohl das Stück streckenweise sehr skurril wirkt, enthält es viel Wahres. Der verrückte Pfarrer sagt etwa „Der Himmel ist auf die Erde gefallen. Es gibt keine Sünde, es gibt keine Vergebung mehr. Die Menschen haben Gott die Sünde abgekauft, er kann ihnen nichts mehr vergeben. Gott ist zu seinen Ebenbildern herabgekommen. Die Säulen des Himmels sind zerbrochen. Der Himmel ist auf die Erde gefallen. Das Himmelreich ist unter uns.“ (Seite 75) }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } TURRINI, Peter: „Tod und Teufel“, Wien 1990 Das Stück ist in einem Theaterheft des Burgtheaters aus dem Jahre 1990 abgedruckt. Am Antiquitätenmarkt bekam ich es zum mehrfachen Neupreis. Turrini setzt sich in diesem Theaterstück mit dem Tod und dem Teufel auseinander. Konkret geht er die Sünde suchen. Dabei landet er bei einer arbeitslosen Kassiererin, die ihn in die sexuelle Sünde einführt. Der Pfarrer ist verrückt danach, die Sünde zu finden. Da er auch seine Predigten im Dorf darauf aufbaut schickt der Bischof einen Pater zu ihm. Eigentlich wollte sich der Pfarrer aufhängen, aber nach dem Gespräch steigt er aus der Schlinge. Rudi, ein arbeitsloser junger Mann verlässt das Dorf. Auch der Pfarrer fährt in die Hauptstadt, wo sich ihre Wege mehrmals kreuzen. In der Stadt kommt er zu einem Nachtklub. Der Türsteher bietet ihm verschiedenste Sexutensilien an. Am frühen Morgen trifft er wieder auf Rudi. Diesmal mit der arbeitslosen Kassiererin, die mehrfach wegen Ladendiebstahls vorbestraft ist. Ein junger Journalist will mit ihnen ein Interview machen. Der Pfarrer zieht bei der Kassiererin ein. Die Wohnung hat keine Möbel. Nur einen Kasten. Zum Schlafen Matratzen am Boden und einen Haufen gestohlener Waren. Es gibt keinen elektrischen Strom. Das E-Werk hat die Lieferung eingestellt, weil keine Rechnungen bezahlt wurden. Sie will ihn verführen, um ihm die Sünde zu zeigen. Nach heftigem Alkoholkonsum gelingt es. Währenddessen trifft Rudi eine Schauspiellehrerin. Er möchte zum Film. Er stellt sich als ungeeignet heraus. In einer Werbeagentur findet eine Party mit namhaften Persönlichkeiten statt. Rudi verschaffte sich als Aushilfskellner einen Zugang und so Kontakt zu einem Filmemacher. Mit seiner Pistole nimmt er die Tochter des Medienmannes als Geisel um engagiert zu werden. Ein Waffenhändler findet Gefallen an ihm. Die Tochter kommt zu Rudi zurück und hantiert mit der Pistole. Versehentlich löst sich ein Schuss und sie stirbt. Rudi flüchtet in die Wohnung der Kassiererin. Der Pfarrer will Rudi helfen und dessen Unschuld beweisen und geht zum Waffenhändler. Dort wird dem Kriegsminister gerade ein neues Gewehr vorgeführt. Ein Gewehr, das sich selbst das Ziel sucht, egal wie genau der Schütze zielt. Es wird auf die Pupille eingestellt. In einem Menü kann man wählen welcher Menschentyp erschossen werden soll. Man stellt ein „Araber“ und ein Araber wird getroffen. Alle versuchen sich am Gewehr. Auch der Pfarrer wird gebeten. Letztlich haben sie sieben Menschen ermordet, die von Dienern ins Zimmer gebracht werden, wo dann ein Essen abgehalten wird. Der Pfarrer wird immer verrückter und er verschanzt sich nackt in einem offenen Schließfach am Bahnhof. Die Polizei will ihn festnehmen. Rudi eilt zu Hilfe und zückt seine Pistole. Dabei erschießt er einen der zwei Polizisten. Mit dem Pfarrer flüchtet er in die Wohnung der Kassiererin. Das Haus wird von Polizisten und Scharfschützen umstellt. In einem Gefecht stirbt Rudi. Der Pfarrer nagelt sich an einen Kasten wie ein gekreuzigter Christus. Die Kassiererin flüchtet. Obwohl das Stück streckenweise sehr skurril wirkt, enthält es viel Wahres. Der verrückte Pfarrer sagt etwa „Der Himmel ist auf die Erde gefallen. Es gibt keine Sünde, es gibt keine Vergebung mehr. Die Menschen haben Gott die Sünde abgekauft, er kann ihnen nichts mehr vergeben. Gott ist zu seinen Ebenbildern herabgekommen. Die Säulen des Himmels sind zerbrochen. Der Himmel ist auf die Erde gefallen. Das Himmelreich ist unter uns.“ (Seite 75) |
CANETTI, Elias Das Augenspiel. Lebensgeschichte 1931 - 1937 Buch 2021. @book{CANETTI2021, title = {Das Augenspiel. Lebensgeschichte 1931 - 1937}, author = {CANETTI, Elias}, year = {2021}, date = {2021-01-21}, abstract = {CANETTI, Elias: „Das Augenspiel, Lebensgeschichte 1931-1937“, Frankfurt 2015 Drei autobiografische Bücher hat Canetti geschrieben. „Das Augenspiel“ ist das letzte und zeigt den Schriftsteller, wie er ein etwas selbstbewusster Autor geworden ist. In den Jahren 1931 bis 1937 – auf die sich dieses Buch bezieht – wohnte und wirkte Canetti in Wien. In den vorliegenden Berichten wird Wien als eine kulturell pulsierende Stadt beschrieben. Namhaften Künstler und Persönlichkeiten ist Canetti begegnet und in diesen Erzählungen charakterisiert er sie. „Es gab etliche Menschen in Wien, mit denen ich damals umging, die ich öfters sah, denen ich mich nicht verweigerte, und sie zerfielen in zwei einander entgegengesetzte Gruppen. Die einen, es waren vielleicht sechs oder sieben, bewunderte ich für ihre Arbeit und den Ernst, mit dem sie zu ihr standen.“ (Seite 119) Die anderen waren „die eben das Entgegengesetzte vertraten, die für Geld, Ruhm und Macht zu allem bereit waren. Auch von ihnen war ich fasziniert, allerdings auf ganz andere Weise.“ (Seite 120) Viel Respekt hatte er vor Hermann Broch und wurde letztlich zu seinem Freund. Anna Mahler, die Tochter des Musikers Mahler, war seine Geliebte. Sie, eine Bildhauerin, verließ ihn aber. Die Freundschaft aber blieb bestehen. So machte sie ihn mit dem Bildhauer Wotruba bekannt, der letztlich ein guter Freunde Canettis wurde. Die Mutter Anna Mahlers wird als arrogant und überheblich dargestellt. Sie war es auch, die ihn Canetti keinen würdigen Schwiegersohn und Mann für ihre Tochter sah. Auch nach der Trennung verehrte Canetti Anna: „Die Leuchtkraft des Ruhms, der um Anna lag, war so groß, dass ich nichts Übles von ihr geglaubt hätte.“ (Seite 74) Annas Atelier lag in der Operngasse, gegenüber der Wiener Oper. Viele Künstler kamen bei ihr vorbei und viele von ihnen hat sie in Portrait-Köpfen verewigt. Fritz Wotruba wer ein „harter“ Mensch. So wie er feste Steine bearbeitete war auch sein Umgang mit der Sprache. Er verwendete tiefen Wiener Dialekt. Canetti besuchte ihn oft in seinem Atelier unter den Stadtbahnbögen. Auch bei ihm zu Hause – er wohnte bei der Mutter und kleinen Schwester – war er geladen. Wotrubas Lebensgefährtin war sprachlich das Gegenteil. Sie sprach nur Hochdeutsch und auch nach Jahrzehnten in Wien nahm sie keinen Wiener Akzent an. Verehrung und Respekt brachte Canetti Herrn Dr. Sonne entgegen, dem das zweite Kapitel des Buches gewidmet ist. Seine Freundin Veza war von Dr. Sonne nicht so begeistert und nannte ihn „Siebenmonatskind“, weil „er nicht voll ausgebildet war, dass ihm zu einem kompletten, normalen Menschen etwas fehle.“ (Seite 134) Trotzdem blieb er Canettis Vorbild. 1933 führten ihn dann Reisen nach Straßburg – wo er sich länger aufhielt -, Zürich und Paris. Hitler war inzwischen in Deutschland an die Macht gekommen und Bücher wurden öffentlich verbrannt. Dies brachte Canetti zu einem Werk, in dem er Spiegel verbietet. In Zürich lernte er bei einer Lesung James Joyes kennen und verachten. Die in diesem Buch behandelte Zeitspanne betrifft jene, in der Canetti in Wien wohnte. Mit dem Teil 4 führt er in seinen Wohnbezirk Grinzing ein. Unabhängig von den biografischen Informationen bekommt man einen Einblick in das Leben der Intellektuellen dieser Zeit. So traf er Alban Berg noch wenige Wochen vor dessen Tod im Café. In unmittelbarer Nachbarschaft zu seinem Haus wohnte die Familie des Zeitungsherausgebers Benedikt. Die Familie war ihm anfangs suspekt und unsympathisch. Durch den Kontakt mit der Tochter wird er von der Familie aufgenommen. Man „köderte“ ihn mit einer Einladung, an der auch „das Dreigestirn der Wiener Décadence um die Jahrhundertwende: Schnitzler, Hofmannsthal und Beer-Hofmann“ (Seite 238) teilnahmen. Thomas Mann gab er ein Manuskript für ein Buch zur Begutachtung. Nach vier Jahren bekam er eine Antwort. Grinzing, in dem Stadtteil er wohnte, war und ist das Heurigendorf Wiens. Das hatte auch auf Canetti Einfluss: „In die Heurigen ging ich – von Zeit zu Zeit, nicht häufig – mit Freunden und besonders mit Besuchern, die aus dem Ausland kamen.“ (Seite 258) Die Fahrt mit der Straßenbahn der Nummer 38 in das Stadtzentrum liebte er. „Es war keine lange Strecke, ich befuhr sie von Endstation zu Endstation, keine halbe Stunde lang. Aber die Fahrt hätte auch länger dauern können, es war eine interessante Strecke…“ (Seite 259) Im letzten Abschnitt des Buches wird seine Bekanntschaft mit dem Maler Kokoschka in Prag und der Tod seiner Mutter in Paris beschrieben. Die biografische Beschreibung endet 1937. Wien wurde dann mit dem Anschluss ans Deutsche Reich um all diese Persönlichkeiten, die man im Buch kennenlernt, beraubt. So auch Canetti, der sich nach London absetzte. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } CANETTI, Elias: „Das Augenspiel, Lebensgeschichte 1931-1937“, Frankfurt 2015 Drei autobiografische Bücher hat Canetti geschrieben. „Das Augenspiel“ ist das letzte und zeigt den Schriftsteller, wie er ein etwas selbstbewusster Autor geworden ist. In den Jahren 1931 bis 1937 – auf die sich dieses Buch bezieht – wohnte und wirkte Canetti in Wien. In den vorliegenden Berichten wird Wien als eine kulturell pulsierende Stadt beschrieben. Namhaften Künstler und Persönlichkeiten ist Canetti begegnet und in diesen Erzählungen charakterisiert er sie. „Es gab etliche Menschen in Wien, mit denen ich damals umging, die ich öfters sah, denen ich mich nicht verweigerte, und sie zerfielen in zwei einander entgegengesetzte Gruppen. Die einen, es waren vielleicht sechs oder sieben, bewunderte ich für ihre Arbeit und den Ernst, mit dem sie zu ihr standen.“ (Seite 119) Die anderen waren „die eben das Entgegengesetzte vertraten, die für Geld, Ruhm und Macht zu allem bereit waren. Auch von ihnen war ich fasziniert, allerdings auf ganz andere Weise.“ (Seite 120) Viel Respekt hatte er vor Hermann Broch und wurde letztlich zu seinem Freund. Anna Mahler, die Tochter des Musikers Mahler, war seine Geliebte. Sie, eine Bildhauerin, verließ ihn aber. Die Freundschaft aber blieb bestehen. So machte sie ihn mit dem Bildhauer Wotruba bekannt, der letztlich ein guter Freunde Canettis wurde. Die Mutter Anna Mahlers wird als arrogant und überheblich dargestellt. Sie war es auch, die ihn Canetti keinen würdigen Schwiegersohn und Mann für ihre Tochter sah. Auch nach der Trennung verehrte Canetti Anna: „Die Leuchtkraft des Ruhms, der um Anna lag, war so groß, dass ich nichts Übles von ihr geglaubt hätte.“ (Seite 74) Annas Atelier lag in der Operngasse, gegenüber der Wiener Oper. Viele Künstler kamen bei ihr vorbei und viele von ihnen hat sie in Portrait-Köpfen verewigt. Fritz Wotruba wer ein „harter“ Mensch. So wie er feste Steine bearbeitete war auch sein Umgang mit der Sprache. Er verwendete tiefen Wiener Dialekt. Canetti besuchte ihn oft in seinem Atelier unter den Stadtbahnbögen. Auch bei ihm zu Hause – er wohnte bei der Mutter und kleinen Schwester – war er geladen. Wotrubas Lebensgefährtin war sprachlich das Gegenteil. Sie sprach nur Hochdeutsch und auch nach Jahrzehnten in Wien nahm sie keinen Wiener Akzent an. Verehrung und Respekt brachte Canetti Herrn Dr. Sonne entgegen, dem das zweite Kapitel des Buches gewidmet ist. Seine Freundin Veza war von Dr. Sonne nicht so begeistert und nannte ihn „Siebenmonatskind“, weil „er nicht voll ausgebildet war, dass ihm zu einem kompletten, normalen Menschen etwas fehle.“ (Seite 134) Trotzdem blieb er Canettis Vorbild. 1933 führten ihn dann Reisen nach Straßburg – wo er sich länger aufhielt -, Zürich und Paris. Hitler war inzwischen in Deutschland an die Macht gekommen und Bücher wurden öffentlich verbrannt. Dies brachte Canetti zu einem Werk, in dem er Spiegel verbietet. In Zürich lernte er bei einer Lesung James Joyes kennen und verachten. Die in diesem Buch behandelte Zeitspanne betrifft jene, in der Canetti in Wien wohnte. Mit dem Teil 4 führt er in seinen Wohnbezirk Grinzing ein. Unabhängig von den biografischen Informationen bekommt man einen Einblick in das Leben der Intellektuellen dieser Zeit. So traf er Alban Berg noch wenige Wochen vor dessen Tod im Café. In unmittelbarer Nachbarschaft zu seinem Haus wohnte die Familie des Zeitungsherausgebers Benedikt. Die Familie war ihm anfangs suspekt und unsympathisch. Durch den Kontakt mit der Tochter wird er von der Familie aufgenommen. Man „köderte“ ihn mit einer Einladung, an der auch „das Dreigestirn der Wiener Décadence um die Jahrhundertwende: Schnitzler, Hofmannsthal und Beer-Hofmann“ (Seite 238) teilnahmen. Thomas Mann gab er ein Manuskript für ein Buch zur Begutachtung. Nach vier Jahren bekam er eine Antwort. Grinzing, in dem Stadtteil er wohnte, war und ist das Heurigendorf Wiens. Das hatte auch auf Canetti Einfluss: „In die Heurigen ging ich – von Zeit zu Zeit, nicht häufig – mit Freunden und besonders mit Besuchern, die aus dem Ausland kamen.“ (Seite 258) Die Fahrt mit der Straßenbahn der Nummer 38 in das Stadtzentrum liebte er. „Es war keine lange Strecke, ich befuhr sie von Endstation zu Endstation, keine halbe Stunde lang. Aber die Fahrt hätte auch länger dauern können, es war eine interessante Strecke…“ (Seite 259) Im letzten Abschnitt des Buches wird seine Bekanntschaft mit dem Maler Kokoschka in Prag und der Tod seiner Mutter in Paris beschrieben. Die biografische Beschreibung endet 1937. Wien wurde dann mit dem Anschluss ans Deutsche Reich um all diese Persönlichkeiten, die man im Buch kennenlernt, beraubt. So auch Canetti, der sich nach London absetzte. |
STREERUWITZ, Marlene Der Abe3nd nach dem Begräbnis der besten Freundin Buch 2021. @book{STREERUWITZ2021, title = {Der Abe3nd nach dem Begräbnis der besten Freundin}, author = {STREERUWITZ, Marlene}, year = {2021}, date = {2021-01-15}, abstract = {STREERUWITZ, Marlene: „Der Abend nach dem Begräbnis der besten Freundin“, Frankfurt 2008 Als ihre beste Freundin starb war sie in Amerika. Sie wollte nicht heimfahren, weil die Freundin sonst das nahende Ende registrieren würde. Das Buch beginnt mit der Heimfahrt vom Begräbnis. Im Auto kommen ihr Gedanken zum Begräbnis. Warum etwa der Mann das Lied „I did it my way“ spielen ließ. Wollte er ihr damit sagen, dass der Krebs durch ihr vieles Rauchen kam; also ihre Schuld? Sie ging nicht zum Leichenschmaus. Dem Schweinsbratenessen und lustig sein wollte sie entgehen und fuhr heim, obwohl sie dort hungrig ankam. Viele Gedanken zum Tod der Freundin. Lilli – so hieß die Freundin – hatte „das Sterben gelernt wie eine Fremdsprache. Sie hat das gemacht wie alles andere auch. Begabt und mit Einsatz.“ (Seite 12) Die Freundin hatte viele Liebhaber. Sie weiß nicht wie viele es waren, hat aber alle im Tagebuch vermerkt. Sie, die Autorin, war ihr Schmiere gestanden. Hat Ausstellungen besucht und einen Bericht geschrieben, während die Andere mit einem Liebhaber in einem Bett lag. Um zu Hause vor dem Ehemann zu rechtfertigen wo sie war, las sie die Zusammenfassung der Freundin über die Ausstellung. Die chauvinistischen Unternehmen der Freundin unterstützte sie, weil sie sich selbst nicht traute auch so etwas zu machen. Die Freundin hatte viele Liebhaber gehabt. Einen hätte „sie den Kindern vorstellen wollen. Mit diesem Mann hatte sie das Gefühl gehabt, sie müsse das alles in Eines zusammenführen. In einen Lebensstrom. In dem hätte der Ehemann dann keinen Platz gehabt.“ (Seite 20) Jetzt war sie „gegangen“. „Voran. Sie hat es hinter sich. Hinter sich gebracht. Und warum man so viel Angst vor etwas hat, was niemand anderer je erfahren wird. Zu ihren vielen Geheimnissen noch dieses eine. Wie war das. Der letzte Gedanke. Das letzte Gefühl. Eine letzte Empfindung. Und wusste sie. Weiß man. Dass es das ist. Und schlief sie wirklich. Oder war sie in das Sterben gelähmt nur ruhig in ihrem Bett.“ (Seite 46) Zwei Jahre und sieben Monate hatte sie gegen den Krebs angekämpft. Großartig der Satz „Sie war so damit beschäftigt, das Sterben ernst zu nehmen, dass sie den Tod übersehen hat.“ (Seite 26) Zwölf Stunden wollte die Autorin an die verstorbene Freundin denken und am Ende der zwölften Stunde steht ein Gedicht, das so endet: mein lieber bruder besuche mich verlorenes kind und nimm mich mit und heim in meiner mutter silbermatte scheibe und zeige mir wo ich ein bleiben find }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } STREERUWITZ, Marlene: „Der Abend nach dem Begräbnis der besten Freundin“, Frankfurt 2008 Als ihre beste Freundin starb war sie in Amerika. Sie wollte nicht heimfahren, weil die Freundin sonst das nahende Ende registrieren würde. Das Buch beginnt mit der Heimfahrt vom Begräbnis. Im Auto kommen ihr Gedanken zum Begräbnis. Warum etwa der Mann das Lied „I did it my way“ spielen ließ. Wollte er ihr damit sagen, dass der Krebs durch ihr vieles Rauchen kam; also ihre Schuld? Sie ging nicht zum Leichenschmaus. Dem Schweinsbratenessen und lustig sein wollte sie entgehen und fuhr heim, obwohl sie dort hungrig ankam. Viele Gedanken zum Tod der Freundin. Lilli – so hieß die Freundin – hatte „das Sterben gelernt wie eine Fremdsprache. Sie hat das gemacht wie alles andere auch. Begabt und mit Einsatz.“ (Seite 12) Die Freundin hatte viele Liebhaber. Sie weiß nicht wie viele es waren, hat aber alle im Tagebuch vermerkt. Sie, die Autorin, war ihr Schmiere gestanden. Hat Ausstellungen besucht und einen Bericht geschrieben, während die Andere mit einem Liebhaber in einem Bett lag. Um zu Hause vor dem Ehemann zu rechtfertigen wo sie war, las sie die Zusammenfassung der Freundin über die Ausstellung. Die chauvinistischen Unternehmen der Freundin unterstützte sie, weil sie sich selbst nicht traute auch so etwas zu machen. Die Freundin hatte viele Liebhaber gehabt. Einen hätte „sie den Kindern vorstellen wollen. Mit diesem Mann hatte sie das Gefühl gehabt, sie müsse das alles in Eines zusammenführen. In einen Lebensstrom. In dem hätte der Ehemann dann keinen Platz gehabt.“ (Seite 20) Jetzt war sie „gegangen“. „Voran. Sie hat es hinter sich. Hinter sich gebracht. Und warum man so viel Angst vor etwas hat, was niemand anderer je erfahren wird. Zu ihren vielen Geheimnissen noch dieses eine. Wie war das. Der letzte Gedanke. Das letzte Gefühl. Eine letzte Empfindung. Und wusste sie. Weiß man. Dass es das ist. Und schlief sie wirklich. Oder war sie in das Sterben gelähmt nur ruhig in ihrem Bett.“ (Seite 46) Zwei Jahre und sieben Monate hatte sie gegen den Krebs angekämpft. Großartig der Satz „Sie war so damit beschäftigt, das Sterben ernst zu nehmen, dass sie den Tod übersehen hat.“ (Seite 26) Zwölf Stunden wollte die Autorin an die verstorbene Freundin denken und am Ende der zwölften Stunde steht ein Gedicht, das so endet: mein lieber bruder besuche mich verlorenes kind und nimm mich mit und heim in meiner mutter silbermatte scheibe und zeige mir wo ich ein bleiben find |
(Hg), Kulturregion Niederösterreich (Hrsg.) Wunderwelt Ötscher. Kostbares aus Kultur und Natur Buch 2021. @book{(Hg)2021, title = {Wunderwelt Ötscher. Kostbares aus Kultur und Natur}, editor = {Kulturregion Niederösterreich (Hg)}, year = {2021}, date = {2021-01-14}, abstract = {Kulturregion Niederösterreich (Hg): „Wunderwelt Ötscher. Kostbares aus Kultur und Natur“, Sankt Pölten 2015 Der Ötscher hat mich immer schon fasziniert. Ich weiß nicht warum. Er steht so mächtig über seinen ihn umgebenden kleineren Bergen und ist weithin sichtbar. Wenn ich von Krems nach Sankt Pölten fahre sehe ich ihn schon. Fährt man die Westautobahn nach begleitet er die Autofahrer. Im Alpenhotel in Gösing, wo ich schon mehrere Urlaube gemacht hatte, steht er schon beim Aufstehen vor dem Hotelfenster. Ein mystischer Berg. Pfarrer Franz Jantsch zählte ihn zu einem Punkt eines magischen Dreiecks. Im vorliegenden Bildband wird er aus verschiedensten Blickwinkeln beschrieben. Da geht es um die Holzfäller der Gegend, die erste Besteigung mit einer sehr interessanten schriftlichen Dokumentation, die Mariazellerbahn und deren Bau und Bräuche der Region. Viele Abbildungen – alte und neue – vermitteln dann noch mehr, als es Worte können. Ein sehr schönes Buch. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } Kulturregion Niederösterreich (Hg): „Wunderwelt Ötscher. Kostbares aus Kultur und Natur“, Sankt Pölten 2015 Der Ötscher hat mich immer schon fasziniert. Ich weiß nicht warum. Er steht so mächtig über seinen ihn umgebenden kleineren Bergen und ist weithin sichtbar. Wenn ich von Krems nach Sankt Pölten fahre sehe ich ihn schon. Fährt man die Westautobahn nach begleitet er die Autofahrer. Im Alpenhotel in Gösing, wo ich schon mehrere Urlaube gemacht hatte, steht er schon beim Aufstehen vor dem Hotelfenster. Ein mystischer Berg. Pfarrer Franz Jantsch zählte ihn zu einem Punkt eines magischen Dreiecks. Im vorliegenden Bildband wird er aus verschiedensten Blickwinkeln beschrieben. Da geht es um die Holzfäller der Gegend, die erste Besteigung mit einer sehr interessanten schriftlichen Dokumentation, die Mariazellerbahn und deren Bau und Bräuche der Region. Viele Abbildungen – alte und neue – vermitteln dann noch mehr, als es Worte können. Ein sehr schönes Buch. |
OBAMA, Barack Ein verheißenes Land Buch 2021. @book{OBAMA2021, title = {Ein verheißenes Land}, author = {OBAMA, Barack}, year = {2021}, date = {2021-01-12}, abstract = {OBAMA, Barack: „Ein verheißenes Land“, München 2020 Obama ist kein Anfänger beim Schreiben eines Buches. Er tat es schon in Zeiten, in denen er noch nicht so populär war. Er tat es, um Geld zu verdienen. Bei diesem Buch verdient er noch mehr. Das typische Einkommen eines Ex-Politikers. Noch dazu erschien dieses Buch gemeinsam mit einem seiner Frau. Die deutschsprachige Ausgabe stimmte sie aufeinander im Designe ab; ja, der deutsche Verlag verkaufte die beiden Bücher auch im Paket. Um es spannend zu machen beginnt der Autor bei dieser, seiner Selbstbiografie, mit ersten Eindrücken aus dem Präsidentenbüro, aus dem White House. Erst langsam nähert er sich seiner eigenen Geschichte und erzählt aus seinem Elternhaus, woher er kommt (Hawaii), dass sein Vater ein Afrikaner war, den er aber nicht kannte, weil er seine Mutter früh verließ und nach Kenia zurückkehrte. Er wurde von seiner berufstätigen Mutter und hauptsächlich von seiner Großmutter aufgezogen. Dazwischen war er – seine Mutter wurde dorthin versetzt – in Indonesien, wo seine Mutter wieder einen Einheimischen heiratete. Auch diese Ehe ging zu Bruche und die Mutter kehrte mit ihm und seiner Halbschwester wieder nach Hause zur Großmutter zurück. Obama erzählt dann von all seinen Jobs und seiner Familie. Wie er seine Frau kennengelernt hat, wie sie eine Familie gründeten und wie er dann zur Politik kam. Beide – Herr und Frau Obama – haben sich aus einfachen Verhältnissen hochgearbeitet und gute Positionen erreicht. Barack aber wollte mehr. In einer „Zeit, in der der bloße Gedanke an einen Schwarzen US-Präsidenten genauso abwegig erschienen wäre wie die Vorstellung von einem Schwein, das fliegt.“ (Seite 291) Aber sein Ehrgeiz führte ihn über die Position eines Senators letztlich zum Sieger als Präsidentschaftsanwärter der Demokraten und als solcher auch ins Weiße Haus. Er rechtfertigte dieses sein Ziel damit, dass „wir alle tief in unserem Inneren die Ersten sein und für große Leistungen gefeiert werden wollen.“ (Seite 111) Die Übersiedlung der Familie mit zwei Mädchen war ein tiefer Einschnitt im Leben. Viele Dinge konnten nicht mehr gemacht werden. Im Weißen Haus stand ihnen zwar eine Infrastruktur zur Verfügung, die an ein Märchenschloss erinnerte: mehrere Tausend Quadratmeter Wohnraum, ein Fitnesscenter, ein Pool, ein Tennisplatz, ein Kino, eine Kegelbahn, eine Arztpraxis … ABER sie konnten sich nicht mehr frei bewegen und waren immer überwacht. Ein Lebensabschnitt auf 1000 Seiten geschildert ist schon ein Stück harter Arbeit für den Leser. Viele Details und Namen sind für Europäer nichtssagend und unverständlich. Aber man bekommt ein Gefühl für den Hergang und die Entwicklung des Menschen Barack Obama. Wie es keine leichte Entscheidung für ihn und seine Frau war, dass er in die Politik ging. Zuerst als Senator von Illinois und erst später – als Unbekannter – als Präsidentschaftskandidat. Neu für uns Europäer ist auch der Hergang der Vorwahlen, die innerhalb der eigenen Partei ausgefochten wird. Mit welcher Härte Gleichgesinnte gegeneinander antreten. Wieviel Geld schon für diese interne Auswahl aufgewendet wird. Obama begann mit etwa 200 Mitarbeitern. Am Ende der mehrjährigen Wahlkampagne hatte er mehr als 1000 Mitarbeiter. Bei Themen, wie der Gesundheitsreform gibt Obama in diesem Buch auch eine historische Einführung, wie sich dieses Gebiet in Amerika und international entwickelt hat. Gleich nach Antritt seines Amtes muss er landesinterne Probleme, wie eine Wirtschaftskrise lösen. Die amerikanische Autoindustrie braucht riesige Beträge um vor dem Aus gerettet zu werden. Die Banken müssen unterstützt werden. Hilfeleistungen kamen den Reichen zugute. Alles Aktionen, die er als „sozialistischer“ Kandidat nur schwer mit seiner Überzeugung vereinbaren konnte. Ein soziales Gesundheitssystem – „Obamacare“ – war nur schwer und mit vielen Abstrichen durchzusetzen. Die Benachteiligung der „Nichtweißen Bevölkerung“ war ein anderes Anliegen, das er aus eigener Erfahrung kannte. Bei seinen internationalen Berichten gibt er zu jedem Land einleitend einen Überblick. Hier zeigt sich – trotz der Sympathien dieses Präsidenten – die Überheblichkeit der USA gegenüber dem Rest der Welt. Über europäische Politiker wie Angela Merkel und Sarkozy spricht er etwas abschätzig. Auch stellt er viele Dinge als Erfolg seines Einsatzes dar. So etwa die Bewältigung der europäischen Finanz- und Immobilienkrise mit der Verschuldung Griechenlands. Irgendwie ist es eine „Coca-Cola Politik“, bei der alle Länder so sein müssten, wie es sich Amerika vorstellt. Vieles hatte er sich als Präsident vorgenommen, aber in der Realität musste er Kompromisse eingehen und Abstriche machen. Obama lernte erst im Amt, dass Fakten weniger erfolgreich in der öffentlichen Meinung sind als Emotionen, was ihm als zielgerichteter Realist schwerfiel. Er, der keine Kriege wollte, war dann mehrfach verwickelt: im Irakkrieg, der zehn Milliarden Dollar pro Monat kostete, in Afghanistan, im Libyen, Jemen. Die USA standen im Konflikt zwischen Israel und Palästina auf der Seite Israels. Viele der Sponsoren für den Wahlkampf Obamas kamen aus diesen Wirtschaftskreisen. Er wusste aber, dass da ein Unrecht gegenüber den Palästinensern passierte. Ein innerer Konflikt, den er, jetzt wo er nicht mehr verantwortlicher Präsident ist, öffentlich definiert. Trotz der 1000 Seiten hält der Autor den Leser bei der Sache und baute immer wieder Spannung auf, die zum Weiterlesen animiert. Irgendwie liest sich das Buch wie eine Rechtfertigung des Ex-Präsidenten. Was er weswegen gemacht hat und wie es angenommen wurde. Auch Misslungenes wird angesprochen. Es ging ihm auch um die nachträgliche Auslobung von Erfolgen, die öffentlich nicht gefeiert wurden. In den ersten Jahren der Präsidentschaft Obamas trat der Bauunternehmer Trump durchaus positiv für ihn auf, wenn er sagte „Alles in allem glaube ich, dass er einen sehr guten Job gemacht hat.“ (Seite 935) Als aber dann klar wurde, dass er selbst Präsident werden will, änderte sich sein Ton und er kam – so wie wir es auch dann später während seiner eigenen Präsidentschaft kennengelernt haben – mit Lügen und unwahren Behauptungen. So sagte er zu den Medien, dass nur ein in Amerika geborener Staatsbürger amerikanischer Präsident werden könne. Obama sei kein amerikanischer Staatsbürger. Auf niedrigem Niveau wurden hier Behauptungen aufgestellt, die die Boulevardmedien aufgriffen. Er berichtete, dass die Geburtsurkunde verschwunden sei. „Unser gegenwärtiger Präsident kam aus dem Nichts … Die Personen, die angeblich mit ihm zur Schule gingen, haben ihn dort nie gesehen, sie wissen nicht, wer er ist.“ (Seite 934) Auch seine Aufnahme in die Universität wurde angezweifelt, weil er nur miese Noten in der Schule gehabt habe. Trotz großer Verantwortung musste sich Präsident Obama gegenüber diesen Lügen rechtfertigen. Das Buch gliedert sich in 7 Kapitel, die mit dem Wahlkampf als Senator beginnen und mit einem Kapitel über internationale Konflikte endet. Ganz am Schluss kommt es zur militärischen Operation, in der Osama bin Laden ermordet wird. Viele Menschen sind dem Autor beim Erstellen des Buches beigestanden. In der Danksagung werden über 5 Seiten Namen aufgezählt, die geholfen haben. Das Buch endet – trotz 1000 Seiten Länge – nach zwei Jahren Amtszeit als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Das zeigt schon, dass weitere dicke Bücher von Barack Obama erscheinen werden. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } OBAMA, Barack: „Ein verheißenes Land“, München 2020 Obama ist kein Anfänger beim Schreiben eines Buches. Er tat es schon in Zeiten, in denen er noch nicht so populär war. Er tat es, um Geld zu verdienen. Bei diesem Buch verdient er noch mehr. Das typische Einkommen eines Ex-Politikers. Noch dazu erschien dieses Buch gemeinsam mit einem seiner Frau. Die deutschsprachige Ausgabe stimmte sie aufeinander im Designe ab; ja, der deutsche Verlag verkaufte die beiden Bücher auch im Paket. Um es spannend zu machen beginnt der Autor bei dieser, seiner Selbstbiografie, mit ersten Eindrücken aus dem Präsidentenbüro, aus dem White House. Erst langsam nähert er sich seiner eigenen Geschichte und erzählt aus seinem Elternhaus, woher er kommt (Hawaii), dass sein Vater ein Afrikaner war, den er aber nicht kannte, weil er seine Mutter früh verließ und nach Kenia zurückkehrte. Er wurde von seiner berufstätigen Mutter und hauptsächlich von seiner Großmutter aufgezogen. Dazwischen war er – seine Mutter wurde dorthin versetzt – in Indonesien, wo seine Mutter wieder einen Einheimischen heiratete. Auch diese Ehe ging zu Bruche und die Mutter kehrte mit ihm und seiner Halbschwester wieder nach Hause zur Großmutter zurück. Obama erzählt dann von all seinen Jobs und seiner Familie. Wie er seine Frau kennengelernt hat, wie sie eine Familie gründeten und wie er dann zur Politik kam. Beide – Herr und Frau Obama – haben sich aus einfachen Verhältnissen hochgearbeitet und gute Positionen erreicht. Barack aber wollte mehr. In einer „Zeit, in der der bloße Gedanke an einen Schwarzen US-Präsidenten genauso abwegig erschienen wäre wie die Vorstellung von einem Schwein, das fliegt.“ (Seite 291) Aber sein Ehrgeiz führte ihn über die Position eines Senators letztlich zum Sieger als Präsidentschaftsanwärter der Demokraten und als solcher auch ins Weiße Haus. Er rechtfertigte dieses sein Ziel damit, dass „wir alle tief in unserem Inneren die Ersten sein und für große Leistungen gefeiert werden wollen.“ (Seite 111) Die Übersiedlung der Familie mit zwei Mädchen war ein tiefer Einschnitt im Leben. Viele Dinge konnten nicht mehr gemacht werden. Im Weißen Haus stand ihnen zwar eine Infrastruktur zur Verfügung, die an ein Märchenschloss erinnerte: mehrere Tausend Quadratmeter Wohnraum, ein Fitnesscenter, ein Pool, ein Tennisplatz, ein Kino, eine Kegelbahn, eine Arztpraxis … ABER sie konnten sich nicht mehr frei bewegen und waren immer überwacht. Ein Lebensabschnitt auf 1000 Seiten geschildert ist schon ein Stück harter Arbeit für den Leser. Viele Details und Namen sind für Europäer nichtssagend und unverständlich. Aber man bekommt ein Gefühl für den Hergang und die Entwicklung des Menschen Barack Obama. Wie es keine leichte Entscheidung für ihn und seine Frau war, dass er in die Politik ging. Zuerst als Senator von Illinois und erst später – als Unbekannter – als Präsidentschaftskandidat. Neu für uns Europäer ist auch der Hergang der Vorwahlen, die innerhalb der eigenen Partei ausgefochten wird. Mit welcher Härte Gleichgesinnte gegeneinander antreten. Wieviel Geld schon für diese interne Auswahl aufgewendet wird. Obama begann mit etwa 200 Mitarbeitern. Am Ende der mehrjährigen Wahlkampagne hatte er mehr als 1000 Mitarbeiter. Bei Themen, wie der Gesundheitsreform gibt Obama in diesem Buch auch eine historische Einführung, wie sich dieses Gebiet in Amerika und international entwickelt hat. Gleich nach Antritt seines Amtes muss er landesinterne Probleme, wie eine Wirtschaftskrise lösen. Die amerikanische Autoindustrie braucht riesige Beträge um vor dem Aus gerettet zu werden. Die Banken müssen unterstützt werden. Hilfeleistungen kamen den Reichen zugute. Alles Aktionen, die er als „sozialistischer“ Kandidat nur schwer mit seiner Überzeugung vereinbaren konnte. Ein soziales Gesundheitssystem – „Obamacare“ – war nur schwer und mit vielen Abstrichen durchzusetzen. Die Benachteiligung der „Nichtweißen Bevölkerung“ war ein anderes Anliegen, das er aus eigener Erfahrung kannte. Bei seinen internationalen Berichten gibt er zu jedem Land einleitend einen Überblick. Hier zeigt sich – trotz der Sympathien dieses Präsidenten – die Überheblichkeit der USA gegenüber dem Rest der Welt. Über europäische Politiker wie Angela Merkel und Sarkozy spricht er etwas abschätzig. Auch stellt er viele Dinge als Erfolg seines Einsatzes dar. So etwa die Bewältigung der europäischen Finanz- und Immobilienkrise mit der Verschuldung Griechenlands. Irgendwie ist es eine „Coca-Cola Politik“, bei der alle Länder so sein müssten, wie es sich Amerika vorstellt. Vieles hatte er sich als Präsident vorgenommen, aber in der Realität musste er Kompromisse eingehen und Abstriche machen. Obama lernte erst im Amt, dass Fakten weniger erfolgreich in der öffentlichen Meinung sind als Emotionen, was ihm als zielgerichteter Realist schwerfiel. Er, der keine Kriege wollte, war dann mehrfach verwickelt: im Irakkrieg, der zehn Milliarden Dollar pro Monat kostete, in Afghanistan, im Libyen, Jemen. Die USA standen im Konflikt zwischen Israel und Palästina auf der Seite Israels. Viele der Sponsoren für den Wahlkampf Obamas kamen aus diesen Wirtschaftskreisen. Er wusste aber, dass da ein Unrecht gegenüber den Palästinensern passierte. Ein innerer Konflikt, den er, jetzt wo er nicht mehr verantwortlicher Präsident ist, öffentlich definiert. Trotz der 1000 Seiten hält der Autor den Leser bei der Sache und baute immer wieder Spannung auf, die zum Weiterlesen animiert. Irgendwie liest sich das Buch wie eine Rechtfertigung des Ex-Präsidenten. Was er weswegen gemacht hat und wie es angenommen wurde. Auch Misslungenes wird angesprochen. Es ging ihm auch um die nachträgliche Auslobung von Erfolgen, die öffentlich nicht gefeiert wurden. In den ersten Jahren der Präsidentschaft Obamas trat der Bauunternehmer Trump durchaus positiv für ihn auf, wenn er sagte „Alles in allem glaube ich, dass er einen sehr guten Job gemacht hat.“ (Seite 935) Als aber dann klar wurde, dass er selbst Präsident werden will, änderte sich sein Ton und er kam – so wie wir es auch dann später während seiner eigenen Präsidentschaft kennengelernt haben – mit Lügen und unwahren Behauptungen. So sagte er zu den Medien, dass nur ein in Amerika geborener Staatsbürger amerikanischer Präsident werden könne. Obama sei kein amerikanischer Staatsbürger. Auf niedrigem Niveau wurden hier Behauptungen aufgestellt, die die Boulevardmedien aufgriffen. Er berichtete, dass die Geburtsurkunde verschwunden sei. „Unser gegenwärtiger Präsident kam aus dem Nichts … Die Personen, die angeblich mit ihm zur Schule gingen, haben ihn dort nie gesehen, sie wissen nicht, wer er ist.“ (Seite 934) Auch seine Aufnahme in die Universität wurde angezweifelt, weil er nur miese Noten in der Schule gehabt habe. Trotz großer Verantwortung musste sich Präsident Obama gegenüber diesen Lügen rechtfertigen. Das Buch gliedert sich in 7 Kapitel, die mit dem Wahlkampf als Senator beginnen und mit einem Kapitel über internationale Konflikte endet. Ganz am Schluss kommt es zur militärischen Operation, in der Osama bin Laden ermordet wird. Viele Menschen sind dem Autor beim Erstellen des Buches beigestanden. In der Danksagung werden über 5 Seiten Namen aufgezählt, die geholfen haben. Das Buch endet – trotz 1000 Seiten Länge – nach zwei Jahren Amtszeit als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Das zeigt schon, dass weitere dicke Bücher von Barack Obama erscheinen werden. |
2020 |
Albert Gerhards, Stephan Winter In Church, Leo Zogmayer – Kunst für liturgische Räume Buch 2020. @book{Gerhards2020, title = {In Church, Leo Zogmayer – Kunst für liturgische Räume}, author = {Albert Gerhards, Stephan Winter}, editor = {Albert Gerhards, Stephan Winter}, year = {2020}, date = {2020-12-31}, abstract = {GERHARDS, Albert; WINTER, Stephan (Hg): „In Church, Leo Zogmayer – Kunst für liturgische Räume“, Regensburg 2020 Ich habe eine Biografie des Künstlerfreunds Leo Zogmayer schon im Vorjahr zu seinem 70. Geburtstag erwartet. Aber wie sich mit dem vorliegenden Buch zeigt ist Leo auch in dieser Beziehung anders. Es ist keine Beschreibung seiner Person, sondern seiner Kunst. Schon im Vorwort stellen die beiden Herausgeber klar, dass Leo Zogmayer anders ist. Auf die Frage, wie er an ein neues Werk herangeht sagte er: „Der Dirigent Sergiu Celibidache wurde gefragt, wie er sich vorbereitet, bevor er auf die Bühne geht, um ein Konzert zu dirigieren; und er hat gesagt: `Ich mache mich leer.´ Für wirklich kreatives Agieren ist es nötig, dass ich offen bin und frei bin für etwas, das sich zeigt. Für Intuition, Inspiration, für die Hilfe, die ich da brauche. Das ist aus meiner Sicht `Kreativ´. Nicht was ich schon gut kann. Es geht ums Schauen, Hören – so frei wie möglich.“ (Seite 5) Im ersten Kapitel kommt es zu einem Dialog zwischen Leo Zogmayer und dem Bischof von Innsbruck Hermann Glettler, in dem man viel von Zogmayer s Einstellung zur Kunst und zum Leben generell. Etwa, dass man nur im Jetzt und nicht in der Vergangenheit oder Zukunft leben kann. Das drückte er auch mit seiner Uhr „Jetzt“ aus. Was immer die Zeiger anzeigen: es ist das Jetzt. Er sieht seine Kunst als Realität. Schon zu Beginn des Studiums hat er sich für eine Akademie entschieden, die nicht im Surrealismus lehrte. Er bevorzugte schon immer die wirkliche Welt und hier sind ihm auch die Pausen wichtig, die Leere. Etwas „schön“ zu bezeichnen findet er nicht als Anerkennung. Für ihn kommt „schön“ von schauen und meint sichtbar machen. Also etwas Reales darstellen. Der Theologe Albert Gerhards geht dann auf die einzelnen sakralen Projekte von Leo Zogmayer ein. Bei all den Projekten „geht es keineswegs um Accessoires, sondern um etwas Umfassendes oder um das Ganze.“ (Seite 26) Für ihn, den Autor dieses Kapitels, ist das 20. Jahrhundert das spannendste in der Geschichte des sakralen Bauens. Es ist schwierig hier in all die einzelnen Projekte einzugehen. Es geht vom Umbau der gotischen Kirche Maria Geburt in Aschaffenburg über die Kirche Sankt Franziskus in Bonn über zwei Projekte in Brüssel Nicht immer sind seine Projekte so geblieben, wie er sie installiert hatte. Die Gemeinschaft des Klosters Karmel Sankt Josef in Innsbruck hat später den Sakralraum wieder umgestaltet. „Der Konvent war offensichtlich anderer Meinung. Ein Jahr nach Fertigstellung wurde schon wieder umgebaut. Anstelle der Stühle baute man ein massives Chorgestühl ein, eine Art Lettner mit Kreuz und Tabernakel in der Mitte teilt nun den Raum, der völlig zugestellt wirkt.“ (Seite 74) Aus vielen Langhauskirchen und Basilikas machte er durch seine Einrichtung Zentralbauten, bei denen das Geschene, der Altar, in der Mitte unter den Gläubigen ist. Seine Räume werden schlicht gestaltet und geben den Kirchenbesuchern Platz um Mystischen und zum Nachdenken ohne abgelenkt zu werden. Das größte Projekt Zogmayers geht auf das Jahr 2013 zurück und ist immer noch nicht umgesetzt. Es ist der Umbau der Sankt Hedwigs Kathedrale in Berlin. Bei einem öffentlichen Wettbewerb hat Zogmayer mit den Architekten Sichau & Walterunter mehrreren hundert eingereichten Vorschlägen den ersten Platz errungen. Und das sehr klar, weil dser zweite Platz nicht vergeben wurde. Dafür der dritte Platz an zwei Bewerber. Leo Zogmayer bringt die Kuppelkirche wieder in eine zentrale Form zurück. Viele Diskussionen mit der Kirchengemeinde und in der Öffentlichkeit verzögern die Umsetzung. Im Kapitel „Wie nach einer langen Reise“ setzt sich der 2018 verstorbene Kardinal Karl Lehmann mit dem Verhältnis von Religion und Kunst auseinander. Zogmayer hat sich viel mit Worten als Kunstinstrument auseinandergesetzt. Dem trägt der Autor Stephan Winter im Kapitel „If you celebrate it, it´s art“ auseinander. „Eine Kunst wie die Leo Zogmayers wirkt in einem Zeitalter wachsender, zunehmend perfider organisierter Abgrenzungs- und Exklusionsmechanismen zwischen Individuen, sozialen Gruppen, Gesellschaften und Kulturen eminent humanisierend.“ (Seite 133) Abschließend muss ich sagen, dass all diese meine Worte nicht ausreichen, um das vorliegende Buch zu beschreiben. Eine Rezension ist ungeeignet Kunst darzustellen. Kunst braucht Bilder. Ein Buch – wie dieses – kann dem gerecht werde. Es bringt Abbildungen, die mehr sagen als viele Worte. Eine textliche Zusammenfassung, wie es eine Rezension sein sollte, kann dies schon gar nicht. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } GERHARDS, Albert; WINTER, Stephan (Hg): „In Church, Leo Zogmayer – Kunst für liturgische Räume“, Regensburg 2020 Ich habe eine Biografie des Künstlerfreunds Leo Zogmayer schon im Vorjahr zu seinem 70. Geburtstag erwartet. Aber wie sich mit dem vorliegenden Buch zeigt ist Leo auch in dieser Beziehung anders. Es ist keine Beschreibung seiner Person, sondern seiner Kunst. Schon im Vorwort stellen die beiden Herausgeber klar, dass Leo Zogmayer anders ist. Auf die Frage, wie er an ein neues Werk herangeht sagte er: „Der Dirigent Sergiu Celibidache wurde gefragt, wie er sich vorbereitet, bevor er auf die Bühne geht, um ein Konzert zu dirigieren; und er hat gesagt: `Ich mache mich leer.´ Für wirklich kreatives Agieren ist es nötig, dass ich offen bin und frei bin für etwas, das sich zeigt. Für Intuition, Inspiration, für die Hilfe, die ich da brauche. Das ist aus meiner Sicht `Kreativ´. Nicht was ich schon gut kann. Es geht ums Schauen, Hören – so frei wie möglich.“ (Seite 5) Im ersten Kapitel kommt es zu einem Dialog zwischen Leo Zogmayer und dem Bischof von Innsbruck Hermann Glettler, in dem man viel von Zogmayer s Einstellung zur Kunst und zum Leben generell. Etwa, dass man nur im Jetzt und nicht in der Vergangenheit oder Zukunft leben kann. Das drückte er auch mit seiner Uhr „Jetzt“ aus. Was immer die Zeiger anzeigen: es ist das Jetzt. Er sieht seine Kunst als Realität. Schon zu Beginn des Studiums hat er sich für eine Akademie entschieden, die nicht im Surrealismus lehrte. Er bevorzugte schon immer die wirkliche Welt und hier sind ihm auch die Pausen wichtig, die Leere. Etwas „schön“ zu bezeichnen findet er nicht als Anerkennung. Für ihn kommt „schön“ von schauen und meint sichtbar machen. Also etwas Reales darstellen. Der Theologe Albert Gerhards geht dann auf die einzelnen sakralen Projekte von Leo Zogmayer ein. Bei all den Projekten „geht es keineswegs um Accessoires, sondern um etwas Umfassendes oder um das Ganze.“ (Seite 26) Für ihn, den Autor dieses Kapitels, ist das 20. Jahrhundert das spannendste in der Geschichte des sakralen Bauens. Es ist schwierig hier in all die einzelnen Projekte einzugehen. Es geht vom Umbau der gotischen Kirche Maria Geburt in Aschaffenburg über die Kirche Sankt Franziskus in Bonn über zwei Projekte in Brüssel Nicht immer sind seine Projekte so geblieben, wie er sie installiert hatte. Die Gemeinschaft des Klosters Karmel Sankt Josef in Innsbruck hat später den Sakralraum wieder umgestaltet. „Der Konvent war offensichtlich anderer Meinung. Ein Jahr nach Fertigstellung wurde schon wieder umgebaut. Anstelle der Stühle baute man ein massives Chorgestühl ein, eine Art Lettner mit Kreuz und Tabernakel in der Mitte teilt nun den Raum, der völlig zugestellt wirkt.“ (Seite 74) Aus vielen Langhauskirchen und Basilikas machte er durch seine Einrichtung Zentralbauten, bei denen das Geschene, der Altar, in der Mitte unter den Gläubigen ist. Seine Räume werden schlicht gestaltet und geben den Kirchenbesuchern Platz um Mystischen und zum Nachdenken ohne abgelenkt zu werden. Das größte Projekt Zogmayers geht auf das Jahr 2013 zurück und ist immer noch nicht umgesetzt. Es ist der Umbau der Sankt Hedwigs Kathedrale in Berlin. Bei einem öffentlichen Wettbewerb hat Zogmayer mit den Architekten Sichau & Walterunter mehrreren hundert eingereichten Vorschlägen den ersten Platz errungen. Und das sehr klar, weil dser zweite Platz nicht vergeben wurde. Dafür der dritte Platz an zwei Bewerber. Leo Zogmayer bringt die Kuppelkirche wieder in eine zentrale Form zurück. Viele Diskussionen mit der Kirchengemeinde und in der Öffentlichkeit verzögern die Umsetzung. Im Kapitel „Wie nach einer langen Reise“ setzt sich der 2018 verstorbene Kardinal Karl Lehmann mit dem Verhältnis von Religion und Kunst auseinander. Zogmayer hat sich viel mit Worten als Kunstinstrument auseinandergesetzt. Dem trägt der Autor Stephan Winter im Kapitel „If you celebrate it, it´s art“ auseinander. „Eine Kunst wie die Leo Zogmayers wirkt in einem Zeitalter wachsender, zunehmend perfider organisierter Abgrenzungs- und Exklusionsmechanismen zwischen Individuen, sozialen Gruppen, Gesellschaften und Kulturen eminent humanisierend.“ (Seite 133) Abschließend muss ich sagen, dass all diese meine Worte nicht ausreichen, um das vorliegende Buch zu beschreiben. Eine Rezension ist ungeeignet Kunst darzustellen. Kunst braucht Bilder. Ein Buch – wie dieses – kann dem gerecht werde. Es bringt Abbildungen, die mehr sagen als viele Worte. Eine textliche Zusammenfassung, wie es eine Rezension sein sollte, kann dies schon gar nicht. |
RIGLER, Christine Diese Komödie ist eine Tragödie. Werk und Leben des Schriftstellers Peter Turrini Buch 2020. @book{RIGLER2020, title = {Diese Komödie ist eine Tragödie. Werk und Leben des Schriftstellers Peter Turrini}, author = {Christine RIGLER}, year = {2020}, date = {2020-12-27}, abstract = {RIGLER, Christine: „Diese Komödie ist eine Tragödie. Werk und Leben des Schriftstellers Peter Turrini“, Innsbruck Wien 2019 Ich glaubte vieles über Peter Turrini zu kennen. Unsere Wege kreuzten sich mehrmals im Leben und ich versuchte kein Theaterstück ungesehen und kein Buch von ihm ungelesen zu lassen. Aber hier habe ich wieder viel Neues gelernt und gelesen. Nun ja, die Autorin – Christine Rigler – ist als Literaturwissenschafterin und Leiterin des Archivs der Zeitgenossen an der Donau-Universität Krems sehr nahe an Peter Turrinis Werken dran, denn sie verwaltet in diesem Archiv auch den Vorlass von Peter Turrini. Noch in meiner Zeit als Vizerektor der Donau-Universität hatte ich Peter Turrini zu einer Lesung nach Krems geholt. Jetzt sind all seine Manuskripte und Werke dort gelandet. So schließt sich der Kreis – die Jordankurve. Die hier vorliegende Biografie ist sehr gut gelungen. Das sage ich, auch wenn ich als Fan von Turrini voreingenommen bin. Die Autorin gliedert sie in acht Kapitel, beginnt aber nicht auf der Zeitachse mit der Geburt und Kindheit des zu Beschreibenden, sondern mit der Geburt seiner Dichterschaft und dem Entstehen seiner ersten Werke. Ende der 60er Jahre begab er sich zu einem typischen Hippieleben auf die griechische Insel Rhodos. Dort erprobte er aber nicht nur die damalige Drogenszene, sondern schrieb auch sein erstes Stück „Rozznjogd“. Schlagartig (deswegen der Vergleich mit einer Geburt) wurde er bekannt und zum Dichter. Das Stück provozierte. Im Programmheft stellte er sich vor: „ich komme aus maria saal in kärnten. Wer bei uns kalbsbraten ißt stößt zweimal, wer schweinsbraten ißt, dreimal auf. Dies brachte mich auf die idee, vom katholizismus zum free jazz zu konvertieren. um dem würgegriff der ländlichen liebenswürdigkeit zu entgehen, ging ich nach wien.“ (Seite 15) Das Stück war ein Schock für die Wiener Theaterwelt, obwohl es Turrini nicht so gewollt hatte: „Nein, ich will das Publikum nicht schockieren, sondern durch den Schock zu einem Denkvorgang anregen.“ (Seite 23) In die Jugend und Kindheit geht die Autorin erst im zweiten Kapitel ein und beschränkt sich nicht nur in der Erzählung von Fakten des zu Biografierenden und dessen Vorfahren, sondern auch welche Eindrücke und Erfahrungen seinen Werdegang als Dichter beeinflussten. So die Familie Lampersberg, die ihm eine andere Welt erschloss. Sein Vater, ein aus Italien stammender Kunsttischler, hatte nie Anschluss an die Dorfgemeinschaft bekommen. Er blieb ein Fremder. Peter definierte es so, dass sein Vater ein italienischer Einwanderer war, „welcher es nie bis an den Stammtisch der Einheimischen schaffte.“ (Seite 215) Darin ist auch begründet, dass es in vielen Stücken den Bezug zu Flüchtlingen und Fremden gibt. Aber auch die Klassengesellschaft findet sich in späteren Werken wieder. Sein Vater gehörte nicht der konservativen Bauernschaft an. Er war dem linken Lager zuzuschreiben. Nach der Hauptschule besucht Peter Turrini die Handelsakademie, deren Fachgebiet ihn absolut nicht interessiert, aber die Eltern in diesem Beruf – vor allem im Bankensektor – eine sichere Einkunftsquelle sahen. Mehr interessierte sich der Schüler Turrini für Projekte wie seine Schülerzeitung, in der er etwa die nationalsozialistischen Lehrer anprangerte und fast aus der Schule geworfen wurde. Er aber gibt nicht auf und schrieb in einer Folgeausgabe „Niemals sind wir jedoch gewillt, in die Fußstapfen demokratischer Leisetreter zu steigen.“ (Seite 58) Peter Turrini hatte immer einige Jahre mit einem bestimmten Wiener Theater intensiver zusammengearbeitet. Dem trägt auch die Autorin dieser Biografie Rechnung, indem sie jeweils ein Kapitel dem Volkstheater (1963-1973), eines dem Burgtheater unter Claus Peymann und letztlich eines dem Theater in der Josefstadt widmet. Zu Beginn muss der junge Schriftsteller auch noch jobben und nimmt die verschiedensten Berufe an. Bei einem, dem italienischen Schreibmaschinenhersteller Olivetti, kreuzten sich unsere Wege. Turrini – er war Schreibmaschinenvertreter - sagte später zu mir „Beim Schreiben der Verkaufsberichte habe ich das Dichten gelernt.“ Turrini war inzwischen mit einer jungen Schauspielerin (Susanne Liebermann) verheiratet und sie trat in seinem Einpersonenstück „Kindsmord“ auf. Mit seinen ersten Stücken – darunter auch „Sauschlachten“ erlangte er Bekanntheit, zweifelte aber an der gesellschaftspolitischen Wirksamkeit des Theaters. Er wandte sich dem Schreiben für Film und Fernsehen zu. Christine Rigler widmet dieser Epoche (1973 – 1980) das vierte Kapitel des Buches. In dieser Phase entstanden die beiden Fernsehserien „Alpensaga“ und „Arbeitersaga“. Als Sympathisant der KPÖ kritisiert er einerseits in der Alpensaga den Bauernstand mit deren politischer Heimat und in der Arbeitersaga auch die sozialistische Partei. Die „Alpensaga“ entstand durch kollektives Schreiben und Zusammenleben mit Wilhelm Pevny und dem Filmregisseur Dieter Berner. Sie gründeten eine Wohngemeinschaft, um dem Konzept der traditionellen Kleinfamilie zu entkommen. Die Zusammenarbeit der Künstler hielt länger als die Wohngemeinschaft. Die Produktion der „Alpensaga“ war mit vielen Stolpersteinen und Schwierigkeiten bestückt. „Es war ein Kulturkampf, den wir uns heute nicht mehr vorstellen können.“ (Seite 115) Enttäuscht kam er 1980 wieder zum Theaterschreiben zurück: „Reumütig stehe ich vor der verlassenen Geliebten Theater und bitte um Gnade.“ (Seite 125) Freunde stellten ihm ein Landhaus im Weinviertel zur Verfügung, wo neue Stücke wie „Josef und Maria“ entstanden. In der Abgeschiedenheit wurde er wieder kreativ. Dazwischen kam es zu einer Amerika- und Russlandreise mit Dichterkollegen wie H.C. Artmann und Helmut Qualtinger. Nach Israel reist er zur Aufführung seines Stücks „Der tollste Tag“. An einen Freund in Amerika schrieb er in der Nachschau, dass ihn die Sowjetunion mehr beeindruckte als Amerika und er die Menschen dort ehrlicher empfand. 1983 schuf sich Turrini einen eigenen Rückzugsort am Rand der Stadt Retz, wo er gemeinsam mit dem Ehepaar Berner, Hilde Berger und Rudi Palla ein Renaissancehaus erwarb. Um der Gemeinschaft beim Schreiben zu entkommen, stellte ihm ein Pater – der spätere Erzbischof von Wien Kardinal Christoph Schönborn eine Zelle im Dominikanerkloster Retz zur Verfügung. Politische Engagements brachten ihn nach Wien: die Protestbewegung gegen den Bau eines Kraftwerks in den Hainburger Donauauen und die Wahl von Kurt Waldheim zum Bundespräsidenten. Mit Claus Peymann kam die Schaffensperiode am Burgtheater. Obwohl Peymann ein schwieriger „eckiger“ Mensch ist, engagierte sich Turrini für seine Vertragsverlängerung. Peymann kam nach Wien, als sich Turrini dem Film und Fernsehen abwandte. Die Interessen der Beiden trafen sich und brachten viele Stücke hervor. Auch hier blieb die Kritik der konservativen Gesellschaft nicht aus. In diese Phase fiel auch ein Libretto zu einer Oper, die Friedrich Cerha komponierte und die in der Wiener Staatsoper aufgeführt wurde. Nachdem Peymann Wien verlassen hatte suchte auch Turrini eine neue Schaffensstätte und fand sie mit dem neuen Direktor des Theaters an der Josefstadt Herbert Föttinger. Das konservative Vorstadttheater wandelte sich und engagierte sich für zeitgenössische Gegenwartsdramatik. In dieser Zeit trat auch seine langjährige Gefährtin Silke Hassler in sein Leben. Sie ist auch seine Dichterkollegin, mit der gemeinsam viele Stücke und Texte entstanden. „Wir streiten nie über Alltagsfragen. Aber der Silke und mir ist jede Formulierung, die wir noch nicht gut finden, jede Leidenschaftlichkeit wert. Lieber schneide ich mir einen Finger ab, als dass ich einen Satz stehen lasse, von dem ich nicht überzeugt bin.“ (Seite 201) Letztlich kommt in den letzten Seiten des Buches auch das Archiv der Zeitgenossen an der Donau-Universität und deren Leiterin, die die Autorin dieser Biografie ist, zu Wort. Sie beherbergt den Vorlass von Peter Turrini und das war die Basis für das vorliegende Buch. Turrini – jetzt auch Großvater – zog sich vollständig ins Weinviertel und ein eigenes, umgebautes Presshaus zurück. Selbst bei gesundheitlichen Problemen, wie nach einem Herzinfarkt und einer Operation diktierte er noch im Krankenhaus Texte für das Stück „Fremdenzimmer“. Das Buch ist sehr zeitnah und erwähnt auch die Aufführung der Oper „Schuberts Reise nach Atzenbrugg“ im April 2020 in München, zu der Turrini das Libretto schrieb. Aufgehört hat er auch nicht sich politisch zu engagieren und zeigt nicht zu goutierende politische Bewegungen kritisch auf. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } RIGLER, Christine: „Diese Komödie ist eine Tragödie. Werk und Leben des Schriftstellers Peter Turrini“, Innsbruck Wien 2019 Ich glaubte vieles über Peter Turrini zu kennen. Unsere Wege kreuzten sich mehrmals im Leben und ich versuchte kein Theaterstück ungesehen und kein Buch von ihm ungelesen zu lassen. Aber hier habe ich wieder viel Neues gelernt und gelesen. Nun ja, die Autorin – Christine Rigler – ist als Literaturwissenschafterin und Leiterin des Archivs der Zeitgenossen an der Donau-Universität Krems sehr nahe an Peter Turrinis Werken dran, denn sie verwaltet in diesem Archiv auch den Vorlass von Peter Turrini. Noch in meiner Zeit als Vizerektor der Donau-Universität hatte ich Peter Turrini zu einer Lesung nach Krems geholt. Jetzt sind all seine Manuskripte und Werke dort gelandet. So schließt sich der Kreis – die Jordankurve. Die hier vorliegende Biografie ist sehr gut gelungen. Das sage ich, auch wenn ich als Fan von Turrini voreingenommen bin. Die Autorin gliedert sie in acht Kapitel, beginnt aber nicht auf der Zeitachse mit der Geburt und Kindheit des zu Beschreibenden, sondern mit der Geburt seiner Dichterschaft und dem Entstehen seiner ersten Werke. Ende der 60er Jahre begab er sich zu einem typischen Hippieleben auf die griechische Insel Rhodos. Dort erprobte er aber nicht nur die damalige Drogenszene, sondern schrieb auch sein erstes Stück „Rozznjogd“. Schlagartig (deswegen der Vergleich mit einer Geburt) wurde er bekannt und zum Dichter. Das Stück provozierte. Im Programmheft stellte er sich vor: „ich komme aus maria saal in kärnten. Wer bei uns kalbsbraten ißt stößt zweimal, wer schweinsbraten ißt, dreimal auf. Dies brachte mich auf die idee, vom katholizismus zum free jazz zu konvertieren. um dem würgegriff der ländlichen liebenswürdigkeit zu entgehen, ging ich nach wien.“ (Seite 15) Das Stück war ein Schock für die Wiener Theaterwelt, obwohl es Turrini nicht so gewollt hatte: „Nein, ich will das Publikum nicht schockieren, sondern durch den Schock zu einem Denkvorgang anregen.“ (Seite 23) In die Jugend und Kindheit geht die Autorin erst im zweiten Kapitel ein und beschränkt sich nicht nur in der Erzählung von Fakten des zu Biografierenden und dessen Vorfahren, sondern auch welche Eindrücke und Erfahrungen seinen Werdegang als Dichter beeinflussten. So die Familie Lampersberg, die ihm eine andere Welt erschloss. Sein Vater, ein aus Italien stammender Kunsttischler, hatte nie Anschluss an die Dorfgemeinschaft bekommen. Er blieb ein Fremder. Peter definierte es so, dass sein Vater ein italienischer Einwanderer war, „welcher es nie bis an den Stammtisch der Einheimischen schaffte.“ (Seite 215) Darin ist auch begründet, dass es in vielen Stücken den Bezug zu Flüchtlingen und Fremden gibt. Aber auch die Klassengesellschaft findet sich in späteren Werken wieder. Sein Vater gehörte nicht der konservativen Bauernschaft an. Er war dem linken Lager zuzuschreiben. Nach der Hauptschule besucht Peter Turrini die Handelsakademie, deren Fachgebiet ihn absolut nicht interessiert, aber die Eltern in diesem Beruf – vor allem im Bankensektor – eine sichere Einkunftsquelle sahen. Mehr interessierte sich der Schüler Turrini für Projekte wie seine Schülerzeitung, in der er etwa die nationalsozialistischen Lehrer anprangerte und fast aus der Schule geworfen wurde. Er aber gibt nicht auf und schrieb in einer Folgeausgabe „Niemals sind wir jedoch gewillt, in die Fußstapfen demokratischer Leisetreter zu steigen.“ (Seite 58) Peter Turrini hatte immer einige Jahre mit einem bestimmten Wiener Theater intensiver zusammengearbeitet. Dem trägt auch die Autorin dieser Biografie Rechnung, indem sie jeweils ein Kapitel dem Volkstheater (1963-1973), eines dem Burgtheater unter Claus Peymann und letztlich eines dem Theater in der Josefstadt widmet. Zu Beginn muss der junge Schriftsteller auch noch jobben und nimmt die verschiedensten Berufe an. Bei einem, dem italienischen Schreibmaschinenhersteller Olivetti, kreuzten sich unsere Wege. Turrini – er war Schreibmaschinenvertreter - sagte später zu mir „Beim Schreiben der Verkaufsberichte habe ich das Dichten gelernt.“ Turrini war inzwischen mit einer jungen Schauspielerin (Susanne Liebermann) verheiratet und sie trat in seinem Einpersonenstück „Kindsmord“ auf. Mit seinen ersten Stücken – darunter auch „Sauschlachten“ erlangte er Bekanntheit, zweifelte aber an der gesellschaftspolitischen Wirksamkeit des Theaters. Er wandte sich dem Schreiben für Film und Fernsehen zu. Christine Rigler widmet dieser Epoche (1973 – 1980) das vierte Kapitel des Buches. In dieser Phase entstanden die beiden Fernsehserien „Alpensaga“ und „Arbeitersaga“. Als Sympathisant der KPÖ kritisiert er einerseits in der Alpensaga den Bauernstand mit deren politischer Heimat und in der Arbeitersaga auch die sozialistische Partei. Die „Alpensaga“ entstand durch kollektives Schreiben und Zusammenleben mit Wilhelm Pevny und dem Filmregisseur Dieter Berner. Sie gründeten eine Wohngemeinschaft, um dem Konzept der traditionellen Kleinfamilie zu entkommen. Die Zusammenarbeit der Künstler hielt länger als die Wohngemeinschaft. Die Produktion der „Alpensaga“ war mit vielen Stolpersteinen und Schwierigkeiten bestückt. „Es war ein Kulturkampf, den wir uns heute nicht mehr vorstellen können.“ (Seite 115) Enttäuscht kam er 1980 wieder zum Theaterschreiben zurück: „Reumütig stehe ich vor der verlassenen Geliebten Theater und bitte um Gnade.“ (Seite 125) Freunde stellten ihm ein Landhaus im Weinviertel zur Verfügung, wo neue Stücke wie „Josef und Maria“ entstanden. In der Abgeschiedenheit wurde er wieder kreativ. Dazwischen kam es zu einer Amerika- und Russlandreise mit Dichterkollegen wie H.C. Artmann und Helmut Qualtinger. Nach Israel reist er zur Aufführung seines Stücks „Der tollste Tag“. An einen Freund in Amerika schrieb er in der Nachschau, dass ihn die Sowjetunion mehr beeindruckte als Amerika und er die Menschen dort ehrlicher empfand. 1983 schuf sich Turrini einen eigenen Rückzugsort am Rand der Stadt Retz, wo er gemeinsam mit dem Ehepaar Berner, Hilde Berger und Rudi Palla ein Renaissancehaus erwarb. Um der Gemeinschaft beim Schreiben zu entkommen, stellte ihm ein Pater – der spätere Erzbischof von Wien Kardinal Christoph Schönborn eine Zelle im Dominikanerkloster Retz zur Verfügung. Politische Engagements brachten ihn nach Wien: die Protestbewegung gegen den Bau eines Kraftwerks in den Hainburger Donauauen und die Wahl von Kurt Waldheim zum Bundespräsidenten. Mit Claus Peymann kam die Schaffensperiode am Burgtheater. Obwohl Peymann ein schwieriger „eckiger“ Mensch ist, engagierte sich Turrini für seine Vertragsverlängerung. Peymann kam nach Wien, als sich Turrini dem Film und Fernsehen abwandte. Die Interessen der Beiden trafen sich und brachten viele Stücke hervor. Auch hier blieb die Kritik der konservativen Gesellschaft nicht aus. In diese Phase fiel auch ein Libretto zu einer Oper, die Friedrich Cerha komponierte und die in der Wiener Staatsoper aufgeführt wurde. Nachdem Peymann Wien verlassen hatte suchte auch Turrini eine neue Schaffensstätte und fand sie mit dem neuen Direktor des Theaters an der Josefstadt Herbert Föttinger. Das konservative Vorstadttheater wandelte sich und engagierte sich für zeitgenössische Gegenwartsdramatik. In dieser Zeit trat auch seine langjährige Gefährtin Silke Hassler in sein Leben. Sie ist auch seine Dichterkollegin, mit der gemeinsam viele Stücke und Texte entstanden. „Wir streiten nie über Alltagsfragen. Aber der Silke und mir ist jede Formulierung, die wir noch nicht gut finden, jede Leidenschaftlichkeit wert. Lieber schneide ich mir einen Finger ab, als dass ich einen Satz stehen lasse, von dem ich nicht überzeugt bin.“ (Seite 201) Letztlich kommt in den letzten Seiten des Buches auch das Archiv der Zeitgenossen an der Donau-Universität und deren Leiterin, die die Autorin dieser Biografie ist, zu Wort. Sie beherbergt den Vorlass von Peter Turrini und das war die Basis für das vorliegende Buch. Turrini – jetzt auch Großvater – zog sich vollständig ins Weinviertel und ein eigenes, umgebautes Presshaus zurück. Selbst bei gesundheitlichen Problemen, wie nach einem Herzinfarkt und einer Operation diktierte er noch im Krankenhaus Texte für das Stück „Fremdenzimmer“. Das Buch ist sehr zeitnah und erwähnt auch die Aufführung der Oper „Schuberts Reise nach Atzenbrugg“ im April 2020 in München, zu der Turrini das Libretto schrieb. Aufgehört hat er auch nicht sich politisch zu engagieren und zeigt nicht zu goutierende politische Bewegungen kritisch auf. |
HEILMANN, Sebastian 2020. @book{HEILMANN2020, title = {Die Seidenstrassen-Illusion. Mythen und Realitäten eines eurasischen Superkontinents unter chinesischer Vorherrschaft}, author = {HEILMANN, Sebastian}, year = {2020}, date = {2020-12-22}, abstract = {HEILMANN, Sebastian: „Die Seidenstrassen-Illusion. Mythen und Realitäten eines eurasischen Superkontinents unter chinesischer Vorherrschaft“, Zürich 2020 Der Titel klingt kritisch und typisch europäisches mit dem Hinweis „das böse China“. Der Autor der in der Vontobel Stiftung erschienen Publikation ist aber ein ausgewiesener Chinaexperte. An der Universität Trier hat er einen Lehrstuhl für „Politik und Wirtschaft Chinas“ inne. Von 2013 bis 2018 war er Gründungsrektor eines der angesehensten Chinaforschungsinstitute, dem MERCIS (Mercator Institute for China Studies) in Berlin. Das zog mich an die Studie zu lesen und ich wurde überrascht. Sie ist einerseits kritisch, wägt aber alle Alternativen ab und gibt so einen informativen Überblick über Chinas Expansionspolitik. Es beginnt mit einem historischen Rückblick. China verwendet den Begriff „Seidenstraße“. Dieser wurde 1838 von einem deutschen Geographen geprägt. Chinas Präsident Xi Jinping griff den alten Begriff wieder auf. Erstmals erwähnte er ihn bei einer Rede in Kasachstan. Die alte Handelsstraße – die nie eine durchgehende war – soll mit modernen Mitteln wiederbelebt werden. Der Name verbindet viele Projekte unter einem Umbrella. Von der Definition gibt es mehrere „Seidenstraßen“: • die landbasierte Seidenstraße, • eine maritime Seidenstraße, • eine digitale Seidenstraße und • eine Weltraum-Seidenstraße mit einem chinesischen Satellitennetz. Dabei geht es nicht nur um den Handel und Transport von Gütern, sondern auch um Kooperationen, Förderungen der Wohlfahrt der Staaten entlang der Seidenstraße. Dazu bedient sich China verschiedener Instrumente: ungehinderter Handel, Finanzkooperationen, Vernetzung, Infrastrukturausbau. Dieses Projekt erhielt 2017 durch die Aufnahme in die Parteiverfassung höchste Priorität. Der Studienautor kommt zu dem Schluss, dass es sich primär um eine wirtschaftliche Aktivität handelt. Die außenpolitischen Organisationen Chinas sind nicht beteiligt und das Militär würde nur im Fall von Spannungsfällen zugezogen. Typisch auch die Vorgehensweise für China: das Projekt ist nicht detailliert im Voraus definiert. Dadurch hat es die Möglichkeit laufenden Änderungen angepasst zu werden. Eine Vorgangsweise, wie sie auch innerhalb Chinas oft angewendet wird. Man behält sich Flexibilität in der Hinterhand. Klar ist aber, dass China damit seine Vormachtstellung auf der Welt dokumentieren will. Man will auf Augenhöhe der USA agieren und dies mit einer intensiven Industrie- und Handelspolitik. Daher gibt es viel Gegenpropaganda speziell aus den USA, die von einer Schuldenfalle Chinas spricht. Heilmann kann dem aber nicht folgen, da das Risiko mehr auf chinesischer Seite liegt, weil die Hauptinvestitionen in ärmeren Staaten passiert. Da chinesische Betriebe diese Aktivitäten auch für ihre Geschäfte nützt und ihre interne Situation aufbessert wird der Umweltgedanke vorerst noch unterbelichtet behandelt. China hat landesintern strenge Umweltauflagen verordnet unter denen viele Technologien nicht mehr verwendet werden dürfen. Firmen exportieren diese jetzt in arme Länder. So wie in China selbst Kohlekraftwerke stillgelegt werden, baute man neue in Ländern wie Pakistan. Klar ist aber auch, dass durch eine Hebung des Lebensstandards in Entwicklungsländern die Abgaswerte unserer Erde steigen. Der wirtschaftliche Aufstieg Chinas, der in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts begann ist einzigartig. Dieses Modell versucht man auch auf andere Entwicklungsländer umzulegen. Dabei ist die Umwelt – so wie landesintern –zweite Priorität. China rollt seinen Einflussbereich über Eurasien auf. Dabei geht sie um wirtschaftliche Komplementarität unter Wahrung des gegenseitigen Respekts. Bedingt durch den Konflikt mit den USA kam es zunehmend zu mehr Kooperationen mit Russland. Bei der Uneinigkeit der EU werden individuelle Verträge mit einzelnen Staaten wie Portugal, Griechenland und Italien abgeschlossen. Alles in allem eine sehr ausgewogene und faktenbezogene Darstellung der Situation. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } HEILMANN, Sebastian: „Die Seidenstrassen-Illusion. Mythen und Realitäten eines eurasischen Superkontinents unter chinesischer Vorherrschaft“, Zürich 2020 Der Titel klingt kritisch und typisch europäisches mit dem Hinweis „das böse China“. Der Autor der in der Vontobel Stiftung erschienen Publikation ist aber ein ausgewiesener Chinaexperte. An der Universität Trier hat er einen Lehrstuhl für „Politik und Wirtschaft Chinas“ inne. Von 2013 bis 2018 war er Gründungsrektor eines der angesehensten Chinaforschungsinstitute, dem MERCIS (Mercator Institute for China Studies) in Berlin. Das zog mich an die Studie zu lesen und ich wurde überrascht. Sie ist einerseits kritisch, wägt aber alle Alternativen ab und gibt so einen informativen Überblick über Chinas Expansionspolitik. Es beginnt mit einem historischen Rückblick. China verwendet den Begriff „Seidenstraße“. Dieser wurde 1838 von einem deutschen Geographen geprägt. Chinas Präsident Xi Jinping griff den alten Begriff wieder auf. Erstmals erwähnte er ihn bei einer Rede in Kasachstan. Die alte Handelsstraße – die nie eine durchgehende war – soll mit modernen Mitteln wiederbelebt werden. Der Name verbindet viele Projekte unter einem Umbrella. Von der Definition gibt es mehrere „Seidenstraßen“: • die landbasierte Seidenstraße, • eine maritime Seidenstraße, • eine digitale Seidenstraße und • eine Weltraum-Seidenstraße mit einem chinesischen Satellitennetz. Dabei geht es nicht nur um den Handel und Transport von Gütern, sondern auch um Kooperationen, Förderungen der Wohlfahrt der Staaten entlang der Seidenstraße. Dazu bedient sich China verschiedener Instrumente: ungehinderter Handel, Finanzkooperationen, Vernetzung, Infrastrukturausbau. Dieses Projekt erhielt 2017 durch die Aufnahme in die Parteiverfassung höchste Priorität. Der Studienautor kommt zu dem Schluss, dass es sich primär um eine wirtschaftliche Aktivität handelt. Die außenpolitischen Organisationen Chinas sind nicht beteiligt und das Militär würde nur im Fall von Spannungsfällen zugezogen. Typisch auch die Vorgehensweise für China: das Projekt ist nicht detailliert im Voraus definiert. Dadurch hat es die Möglichkeit laufenden Änderungen angepasst zu werden. Eine Vorgangsweise, wie sie auch innerhalb Chinas oft angewendet wird. Man behält sich Flexibilität in der Hinterhand. Klar ist aber, dass China damit seine Vormachtstellung auf der Welt dokumentieren will. Man will auf Augenhöhe der USA agieren und dies mit einer intensiven Industrie- und Handelspolitik. Daher gibt es viel Gegenpropaganda speziell aus den USA, die von einer Schuldenfalle Chinas spricht. Heilmann kann dem aber nicht folgen, da das Risiko mehr auf chinesischer Seite liegt, weil die Hauptinvestitionen in ärmeren Staaten passiert. Da chinesische Betriebe diese Aktivitäten auch für ihre Geschäfte nützt und ihre interne Situation aufbessert wird der Umweltgedanke vorerst noch unterbelichtet behandelt. China hat landesintern strenge Umweltauflagen verordnet unter denen viele Technologien nicht mehr verwendet werden dürfen. Firmen exportieren diese jetzt in arme Länder. So wie in China selbst Kohlekraftwerke stillgelegt werden, baute man neue in Ländern wie Pakistan. Klar ist aber auch, dass durch eine Hebung des Lebensstandards in Entwicklungsländern die Abgaswerte unserer Erde steigen. Der wirtschaftliche Aufstieg Chinas, der in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts begann ist einzigartig. Dieses Modell versucht man auch auf andere Entwicklungsländer umzulegen. Dabei ist die Umwelt – so wie landesintern –zweite Priorität. China rollt seinen Einflussbereich über Eurasien auf. Dabei geht sie um wirtschaftliche Komplementarität unter Wahrung des gegenseitigen Respekts. Bedingt durch den Konflikt mit den USA kam es zunehmend zu mehr Kooperationen mit Russland. Bei der Uneinigkeit der EU werden individuelle Verträge mit einzelnen Staaten wie Portugal, Griechenland und Italien abgeschlossen. Alles in allem eine sehr ausgewogene und faktenbezogene Darstellung der Situation. |
ROTH, Gerhard Eine Reise in das Innere von Wien. Die Archive des Schweigens Buch 2020. @book{ROTH2020, title = {Eine Reise in das Innere von Wien. Die Archive des Schweigens}, author = {Gerhard ROTH}, year = {2020}, date = {2020-12-16}, abstract = {ROTH, Gerhard: „Eine Reise in das Innere von Wien. Die Archive des Schweigens“, Frankfurt 2015 Es ist dies der letzte Band des siebenbändigen Zyklus „Die Archive des Schweigens“. Mit viel Recherchearbeit präsentiert der Autor Wien im Untergrund in neun Kapitel. Wien aus einer anderen Perspektive. Unbekannt und „untergründig“. So sind die k.u.k. Hetztheater in Vergessenheit geraten. In Anlehnung an die römischen Gladiatorenspiele wurden hier verschiedene Tiere gegeneinandergehetzt. Die Arena war aber nicht so pompös als im antiken Rom. Lediglich Holzbauten, die im 18. Jahrhundert entstanden und später wieder verschwanden. In der Geschichte „Die zweite Stadt“ geht Roth auf die unterirdischen Gänge Wiens ein, die in manchen Belagerungen, wie den Türkenkriegen, die Stadt gerettet hatten. Heute sind es die weitverzweigten Kanalanlagen, die Wien unterminieren. Roth geht in seinen Schilderungen auch in die Umgebung und berichtet über die Seegrotte, dem unterirdischen See eines ehemaligen Gipsbergwerks in der Hinterbrühl. Den Künstler der psychiatrischen Anstalt Gugging wird ein eigenes Kapitel gewidmet. Vielen Besuchen waren notwendig, um diese Geschichte zu schreiben. Mit dem Juden Berger wandert Gerhard Roth durch die Wiener Leopoldstadt und lässt sich ehemalige, jüdische Einrichtungen zeigen und erklären. Ein Stadtbezirk, der (fast) verschwunden ist. So weiß Roth zu berichten, dass nur mehr 500 Juden in der Leopoldstadt leben. Während des 3. Reiches waren 100.000 ausgewandert und 60.000 wurden in KZs ermordet. Immer wieder gab es Verbote und Verfolgungen der Juden in Wien, aber immer wieder wurden sie gebraucht und bekamen eingegrenzte Rechte zugesprochen. Manchmal gab es auch innenpolitische Zwiste, wie etwa der Wiener Bürgermeister Karl Lueger judenfeindlich vorging („Wer a Jud ist, bestimm i“) und ihnen Kaiser Franz Josef dagegen freundlich gegenüberstand. In der Reichskristallnacht wurden von den 95 Bethäuser 49 zerstört und heute existieren nur mehr elf. Im Kapitel „Das Graue Haus“ wird man als Leser in die Vorgänge eines Gefängnisses eingeweiht. So erlebt man den Weg der Aufnahme eines Untersuchungssträflings. Aber auch alte Einrichtungen, wie die Köpfmaschine wird beschrieben. Von 1938 bis 1945 wurden noch 1184 Hinrichtungen vorgenommen. „Die Hitlervilla“ ist ein Obdachlosenheim, in dem auch Adolf Hitler während seines jugendlichen Wienaufenthalts wohnte. Heute beherbergt es etwa 400 Männer. Nach vielen Besuchen erzählt Roth die Schicksale einzelner Insassen und deren Leben. Auch die „Aufseher“, deren Job kein leichter ist, kommen zu Wort. Alkohol, Drogen und Raufereien müssen sie schlichten. Im ehemaligen „Narrenturm“, den 1784 Kaiser Josef II zur Unterbringung von abnormen Menschen bauen ließ, befindet sich heute das „Pathologisch-Anatomische Bundesmuseum“. Es beherbergt über 42.000 menschliche, aber auch tierische Präparate. Im Mittelalter galten Missbildungen noch als Wunder. Später wurden sie in Schaubuden vermarktet oder – wie im Dritten Reich – ermordet. Die ausgefallensten Kreaturen werden hier im Museum zur Schau gestellt: Menschen mit drei Köpfen, mehreren Armen, zusammengewachsene Kinder etc. Eine sehr übersichtliche Geschichte des Stephansdom wird auf zirka 50 Seiten geboten. Baugeschichtliches und Theologisches, aber auch Sagen und Überlieferungen werden wiedergegeben. Der umfangreichste Teil des Buches wird dem Heeresgeschichtlichen Museum gewidmet. Gleich zu Beginn erfährt man, dass es als Kaserne und Produktionsstätte für Kriegsmaterial nach der Revolution von 1848 gebaut wurde. Heute beherbergt es ein Kriegsmuseum, wo man vieles über Waffen und Kriege erfahren kann. Dieser Abschnitt vermittelt Informationen auf mehreren Ebenen: • Mit dem Autor erlebt man eine virtuelle Führung durch das Museum. • Er erzählt über die Geschichte Österreichs und ihrer Kriege. • Die Geschichte des Museums selbst wird ebenfalls ausführlich abgehandelt. Also eine mehrfache Information. Einige Beispiele: - Zwischen dem Kaiser und seinem Feldherrn Wallenstein gab es Eifersüchteleien. Der Kaiser setzte ihn ab, musste ihn aber bei neuerlicher Kriegsgefahr wieder in den Dienst rufen. „Als Wallenstein geheime Friedenverhandlungen mit dem Gegner aufnahm, wurde er das zweite Mal abgesetzt, diesmal geächtet und aufgrund einer Verschwörung, die man in Wien gegen ihn anzettelte, am 25.2.1634 zu Eger ermordet.“ (Seite 201) - Im 30-jährigen Krieg überlebten von den 18 Millionen Einwohnern des deutschsprachigen Raums nur 7 Millionen! - Unter Maria Theresia wurde das Heer in Österreich verstaatlicht. Dadurch mussten Unterkünfte (=Kasernen) gebaut werden. Der Sohn Maria Theresias, Josef II, löste das teilweise durch Umwidmung von Klöstern in Kasernen. - In der 23-jährigen Kriegsführung Napoleons starben vier bis fünf Millionen Menschen. Napoleon war der Schwiegersohn des österreichischen Kaisers und gleichzeitig sein Feind, gegen den er Krieg führte. - Kaiser Franz Joseph hatte 51 Titeln. - Im ersten Weltkrieg kämpften auf österreichischer Seite 8 Millionen Soldaten, von denen eine Million „fiel“ und zwei Millionen verwundet wurden. Alleine an der Front in den Dolomiten fielen 500.000 Österreicher und eine Millio0n Italiener. Beachtlich auch die Größe des Museumsareals. 1908 bestand es aus 138 Steinbauten, 93 Baracken. Es beherbergte 18 Fabriken, die Militärprodukte erzeugten. Nach dem Ende der Monarchie überlegte man das Museum den USA zu verkaufen. Letztlich zerstörte man aber die vielen unterirdischen Gänge, die eine Verbindung zur Hofburg und nach Schönbrunn herstellten und führte die Anlage nach dem Zweiten Weltkrieg zivilen Zwecken wie der Post- und Telegraphenverwaltung und den Bundestheatern für Kulissenwerkstätten zu. Ja, es gab sogar Tennisplätze, auf denen ich selbst noch spielte. Über vieles macht sich Roth auch lustig. So bringt er einen Vergleich der exerzierenden Soldaten mit Gruß- und Demutsbewegungen von Vögeln. Das Buch ist kein Roman und auch literarisch nicht so hochstehend, aber es vermittelt viele Informationen, die in mühevoller Kleinarbeit zusammengetragen wurden. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } ROTH, Gerhard: „Eine Reise in das Innere von Wien. Die Archive des Schweigens“, Frankfurt 2015 Es ist dies der letzte Band des siebenbändigen Zyklus „Die Archive des Schweigens“. Mit viel Recherchearbeit präsentiert der Autor Wien im Untergrund in neun Kapitel. Wien aus einer anderen Perspektive. Unbekannt und „untergründig“. So sind die k.u.k. Hetztheater in Vergessenheit geraten. In Anlehnung an die römischen Gladiatorenspiele wurden hier verschiedene Tiere gegeneinandergehetzt. Die Arena war aber nicht so pompös als im antiken Rom. Lediglich Holzbauten, die im 18. Jahrhundert entstanden und später wieder verschwanden. In der Geschichte „Die zweite Stadt“ geht Roth auf die unterirdischen Gänge Wiens ein, die in manchen Belagerungen, wie den Türkenkriegen, die Stadt gerettet hatten. Heute sind es die weitverzweigten Kanalanlagen, die Wien unterminieren. Roth geht in seinen Schilderungen auch in die Umgebung und berichtet über die Seegrotte, dem unterirdischen See eines ehemaligen Gipsbergwerks in der Hinterbrühl. Den Künstler der psychiatrischen Anstalt Gugging wird ein eigenes Kapitel gewidmet. Vielen Besuchen waren notwendig, um diese Geschichte zu schreiben. Mit dem Juden Berger wandert Gerhard Roth durch die Wiener Leopoldstadt und lässt sich ehemalige, jüdische Einrichtungen zeigen und erklären. Ein Stadtbezirk, der (fast) verschwunden ist. So weiß Roth zu berichten, dass nur mehr 500 Juden in der Leopoldstadt leben. Während des 3. Reiches waren 100.000 ausgewandert und 60.000 wurden in KZs ermordet. Immer wieder gab es Verbote und Verfolgungen der Juden in Wien, aber immer wieder wurden sie gebraucht und bekamen eingegrenzte Rechte zugesprochen. Manchmal gab es auch innenpolitische Zwiste, wie etwa der Wiener Bürgermeister Karl Lueger judenfeindlich vorging („Wer a Jud ist, bestimm i“) und ihnen Kaiser Franz Josef dagegen freundlich gegenüberstand. In der Reichskristallnacht wurden von den 95 Bethäuser 49 zerstört und heute existieren nur mehr elf. Im Kapitel „Das Graue Haus“ wird man als Leser in die Vorgänge eines Gefängnisses eingeweiht. So erlebt man den Weg der Aufnahme eines Untersuchungssträflings. Aber auch alte Einrichtungen, wie die Köpfmaschine wird beschrieben. Von 1938 bis 1945 wurden noch 1184 Hinrichtungen vorgenommen. „Die Hitlervilla“ ist ein Obdachlosenheim, in dem auch Adolf Hitler während seines jugendlichen Wienaufenthalts wohnte. Heute beherbergt es etwa 400 Männer. Nach vielen Besuchen erzählt Roth die Schicksale einzelner Insassen und deren Leben. Auch die „Aufseher“, deren Job kein leichter ist, kommen zu Wort. Alkohol, Drogen und Raufereien müssen sie schlichten. Im ehemaligen „Narrenturm“, den 1784 Kaiser Josef II zur Unterbringung von abnormen Menschen bauen ließ, befindet sich heute das „Pathologisch-Anatomische Bundesmuseum“. Es beherbergt über 42.000 menschliche, aber auch tierische Präparate. Im Mittelalter galten Missbildungen noch als Wunder. Später wurden sie in Schaubuden vermarktet oder – wie im Dritten Reich – ermordet. Die ausgefallensten Kreaturen werden hier im Museum zur Schau gestellt: Menschen mit drei Köpfen, mehreren Armen, zusammengewachsene Kinder etc. Eine sehr übersichtliche Geschichte des Stephansdom wird auf zirka 50 Seiten geboten. Baugeschichtliches und Theologisches, aber auch Sagen und Überlieferungen werden wiedergegeben. Der umfangreichste Teil des Buches wird dem Heeresgeschichtlichen Museum gewidmet. Gleich zu Beginn erfährt man, dass es als Kaserne und Produktionsstätte für Kriegsmaterial nach der Revolution von 1848 gebaut wurde. Heute beherbergt es ein Kriegsmuseum, wo man vieles über Waffen und Kriege erfahren kann. Dieser Abschnitt vermittelt Informationen auf mehreren Ebenen: • Mit dem Autor erlebt man eine virtuelle Führung durch das Museum. • Er erzählt über die Geschichte Österreichs und ihrer Kriege. • Die Geschichte des Museums selbst wird ebenfalls ausführlich abgehandelt. Also eine mehrfache Information. Einige Beispiele: - Zwischen dem Kaiser und seinem Feldherrn Wallenstein gab es Eifersüchteleien. Der Kaiser setzte ihn ab, musste ihn aber bei neuerlicher Kriegsgefahr wieder in den Dienst rufen. „Als Wallenstein geheime Friedenverhandlungen mit dem Gegner aufnahm, wurde er das zweite Mal abgesetzt, diesmal geächtet und aufgrund einer Verschwörung, die man in Wien gegen ihn anzettelte, am 25.2.1634 zu Eger ermordet.“ (Seite 201) - Im 30-jährigen Krieg überlebten von den 18 Millionen Einwohnern des deutschsprachigen Raums nur 7 Millionen! - Unter Maria Theresia wurde das Heer in Österreich verstaatlicht. Dadurch mussten Unterkünfte (=Kasernen) gebaut werden. Der Sohn Maria Theresias, Josef II, löste das teilweise durch Umwidmung von Klöstern in Kasernen. - In der 23-jährigen Kriegsführung Napoleons starben vier bis fünf Millionen Menschen. Napoleon war der Schwiegersohn des österreichischen Kaisers und gleichzeitig sein Feind, gegen den er Krieg führte. - Kaiser Franz Joseph hatte 51 Titeln. - Im ersten Weltkrieg kämpften auf österreichischer Seite 8 Millionen Soldaten, von denen eine Million „fiel“ und zwei Millionen verwundet wurden. Alleine an der Front in den Dolomiten fielen 500.000 Österreicher und eine Millio0n Italiener. Beachtlich auch die Größe des Museumsareals. 1908 bestand es aus 138 Steinbauten, 93 Baracken. Es beherbergte 18 Fabriken, die Militärprodukte erzeugten. Nach dem Ende der Monarchie überlegte man das Museum den USA zu verkaufen. Letztlich zerstörte man aber die vielen unterirdischen Gänge, die eine Verbindung zur Hofburg und nach Schönbrunn herstellten und führte die Anlage nach dem Zweiten Weltkrieg zivilen Zwecken wie der Post- und Telegraphenverwaltung und den Bundestheatern für Kulissenwerkstätten zu. Ja, es gab sogar Tennisplätze, auf denen ich selbst noch spielte. Über vieles macht sich Roth auch lustig. So bringt er einen Vergleich der exerzierenden Soldaten mit Gruß- und Demutsbewegungen von Vögeln. Das Buch ist kein Roman und auch literarisch nicht so hochstehend, aber es vermittelt viele Informationen, die in mühevoller Kleinarbeit zusammengetragen wurden. |
INNERHOFER, Franz Schöne Tage Buch 2020. @book{INNERHOFER2020, title = {Schöne Tage}, author = {Franz INNERHOFER}, year = {2020}, date = {2020-12-10}, abstract = {INNERHOFER, Franz: „Schöne Tage“, München 2020 In diesem Roman arbeitet der Autor seine eigene Kindheit auf. Als uneheliches Kind kommt der Protagonist Holl zu seinem Vater. Die Mutter kann ihn nicht erhalten, obwohl sein Stiefvater nett zu ihm wäre. Er muss zum Großbauern, dem leiblichen Vater. Der benützt ihn aber als billige Arbeitskraft. Nicht nur das Schicksal des Kindes wird beschrieben, auch die Zustände auf einem Bauernhof Mitte des 20. Jahrhunderts. Der 6-jährige hat Angst vor den Tieren und die ihm angeordnete Arbeit ist ihm eigentlich zu schwer. Nicht nur, dass er von seinem Vater schlechter behandelt wird als seine Halbbrüder, die ehelichen Kinder des Vaters, muss er sich für Prügel noch bedanken. Elf Jahre arbeitet er als Hilfsarbeiter am Bauernhof. Oft darf er nicht in die Schule gehen, weil er arbeiten muss. War er als Kind oft nahe daran sein Leben zu beenden, weil es so elend war, bekam er mit zunehmendem Alter mehr Selbstbewusstsein und widersprach seinem Vater und der Stiefmutter bis er sich letztlich mit 17 Jahren lossagt und eine Lehre als Schmied annimmt. Eine neue Welt öffnet sich für ihn. Man erlebt durch dieses Kind aber auch das Leben am Bauernhof. Welchen Status wer hatte. Dass Knechte und Mägde wie Sklaven behandelt wurden. Als aber ein neuer Knecht als Arbeiter an den Hof kommt, der bei der Gewerkschaft war, gab es mehr Widerstand und Arbeitsbedingungen werden verbessert. Dies brachte auch das Kind Holl aus der Tretmühle des Sklaventums zur Selbstständigkeit. Dieses Buch ist nicht nur ein Roman, sondern auch ein Zeitdokument. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } INNERHOFER, Franz: „Schöne Tage“, München 2020 In diesem Roman arbeitet der Autor seine eigene Kindheit auf. Als uneheliches Kind kommt der Protagonist Holl zu seinem Vater. Die Mutter kann ihn nicht erhalten, obwohl sein Stiefvater nett zu ihm wäre. Er muss zum Großbauern, dem leiblichen Vater. Der benützt ihn aber als billige Arbeitskraft. Nicht nur das Schicksal des Kindes wird beschrieben, auch die Zustände auf einem Bauernhof Mitte des 20. Jahrhunderts. Der 6-jährige hat Angst vor den Tieren und die ihm angeordnete Arbeit ist ihm eigentlich zu schwer. Nicht nur, dass er von seinem Vater schlechter behandelt wird als seine Halbbrüder, die ehelichen Kinder des Vaters, muss er sich für Prügel noch bedanken. Elf Jahre arbeitet er als Hilfsarbeiter am Bauernhof. Oft darf er nicht in die Schule gehen, weil er arbeiten muss. War er als Kind oft nahe daran sein Leben zu beenden, weil es so elend war, bekam er mit zunehmendem Alter mehr Selbstbewusstsein und widersprach seinem Vater und der Stiefmutter bis er sich letztlich mit 17 Jahren lossagt und eine Lehre als Schmied annimmt. Eine neue Welt öffnet sich für ihn. Man erlebt durch dieses Kind aber auch das Leben am Bauernhof. Welchen Status wer hatte. Dass Knechte und Mägde wie Sklaven behandelt wurden. Als aber ein neuer Knecht als Arbeiter an den Hof kommt, der bei der Gewerkschaft war, gab es mehr Widerstand und Arbeitsbedingungen werden verbessert. Dies brachte auch das Kind Holl aus der Tretmühle des Sklaventums zur Selbstständigkeit. Dieses Buch ist nicht nur ein Roman, sondern auch ein Zeitdokument. |
ELSNER, Wolfram Das chinesische Jahrhundert. Die neue Nummer eins ist anders Buch 2020. @book{ELSNER2020, title = {Das chinesische Jahrhundert. Die neue Nummer eins ist anders}, author = {Wolfram ELSNER}, year = {2020}, date = {2020-11-30}, abstract = {ELSNER, Wolfram: „Das chinesische Jahrhundert. Die neue Nummer eins ist anders“, Frankfurt 2020 Gleich in der Einleitung macht der Autor klar, dass er lange kein Interesse an China hatte und auch sehr skeptisch war. „Noch vor etwa 15 Jahren hätte ich keinen Cent auf Chinas Zukunft gewettet.“ (Seite 13) So wie er sich langsam an dieses Thema annäherte und aus westlicher Sicht fast ausschließlich negativen Statement begegnete, führt er den Leser des Buches heran. Er stellte bewusst die negativen Schlagzeilen der europäischen und amerikanischen Zeitungen als Titel einzelnen Abschnitten voran, um diese dann mit Fakten und Zahlen zu hinterlegen. Dabei habe ich viel gelernt, obwohl ich glaubte vieles über China zu wissen, war ich doch in den letzten Jahrzehnten jedes Jahr ein oder mehrmals dort. Bei jedem meiner Besuche hatte ich zwar schon den Eindruck, dass sich vieles geändert hatte. Dass nach einem halben Jahr schon wieder einige neue Hochhäuser standen und der Bau der Metro in „meiner“ Stadt Wuhan in wenigen Jahren durchgezogen wurde. Ein Wiener Studienkollege, der bei den Wiener Stadtbetrieben arbeitet meinte „Da brauchen wir in Europa länger für die Planung, als dort für die Umsetzung des Projekts.“ Aber all meine Eindrücke waren gefühlsmäßig. Dieses Buch untermauerte dieses, mein Gefühl mit Fakten. Auch habe ich daraus gelernt, dass man mit eigenen Erfahrungen, die einige Zeit zurückliegen, vorsichtig sein muss. Sie sind überholt. Wenn Jemand vor Jahren in China war, der glaubt oft, China zu kennen und erzählt seine Erfahrungen weiter. Diese Erfahrungen sind aber meist schon lange überholt und China schaut nach 3 oder 5 Jahren anders aus. Wir westlichen Menschen können uns eine so schnelle Veränderung gar nicht vorstellen. Deswegen empfehle ich dieses Buch und möchte einige Erkenntnis exemplarisch wiedergeben. Es sind durchwegs Fakten. Dies ist auch deswegen wichtig, weil westliche Journalisten generell nur an negativen Meldungen interessiert sind und demnach auch über China (fast) nur Negatives berichten. Das ist schade, weil wir Europäer dadurch wenig über die wirklichen Veränderungen erfahren. Auch ist die Betrachtungsweise aus westlicher Sicht immer so, dass ein Abgleich der Kulturen stattfindet und sich die im Osten denen im Westen angleichen sollen. Aber welche Kultur ist besser? Der Autor bringt sehr sachlich die Situation der Uiguren und Tibeter und damit eine andere Sichtweise als die meisten europäischen und amerikanischen Medien. Aber auch keine propagandistische der Chinesen. Und jetzt einige Fakten, die ich bisher vermisste: • 2017 wurden 1000 Kohlekraftwerke geschlossen. • In 4 Jahren wurden 150 Kohlekraftwerke stillgelegt und durch Gas- und Solarenergie ersetzt. • 400.000 Elektrobusse waren 2019 in Betrieb. • 2017 waren weltweit mehr als die Hälfte der E-Autos in China zugelassen. In großen Städten werden keine Autos mit Verbrennungsmotoren zugelassen. In 2 Jahren wurde 1 Million Diesel-LKWs aus dem Verkehr gezogen. Ab 2050 soll es keine Autos mit Verbrennungsmotoren mehr geben. • 200 – 300 Millionen E-Bikes und 4 Millionen Low-Speed-Elektrofahrzeuge. • China arbeitet an batteriefreien E-Mobilitätskonzepten. Z.B. Induktionsstrom in der Fahrbahn aus Solarenergie. • Stahlkapazität im Umfang von 65 Millionen Tonnen wurde zurückgenommen. • Städte sind fast durchgehend mit WLAN versorgt. 92% aller Einkäufe werden mit dem Mobiltelefon getätigt. • Humanressourcen in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften mit 4,7 Millionen Absolventen (USA 600.000). • Zu den Schulden des chinesischen Staates: diese sind durch eigene Bankeinlagen gedeckt. Chinas Zentralbank ist um 50% geringer verschuldet als alle westlichen Industrieländer. Chinesen sparen 45% ihres Arbeitseinkommens. China verschuldet sich bei den eigenen Banken mit eigener chinesischer Währung. China hat keine nennenswerten Schulden bei der Weltbank und IWF. • Ist China verlässlicher Handelspartner? Das Forsa-Institut hat dazu 2019 2000 Führungskräfte befragt, die China verlässlicher als die USA oder Großbritannien einstuften. • Zwischen 2013 und 2016 wurden 13 Millionen nachhaltige, neue Arbeitsplätze geschaffen • Die Chinesen kopieren den Westen? Dazu die Firma Bosch: aus den chinesischen Niederlassungen bekommen wir mehr Innovationen als aus europäischen. • Steuern sind niedrig: 1300 Euro Monatseinkommen = 3%; Spitzensteuersatz ab 14.000 Euro pro Monat = 28%. Steuereinnahmen über Körperschaftssteuern der Unternehmen sind höher als Lohn- und Einkommenssteuereinnahmen. • 2050 = kohlenstofffreie Wirtschaft. 2020 = weltgrößter Erzeuger erneuerbarer Energie. 2022 40% der weltweiten sauberen Energie (WEF). Pariser Klimaziele für 2020 wurden bereits 2017 erreicht. • China ist das streikfreudigste Land der Welt. Streiks zu verschiedensten Themen: Einkommen, Lebensbedingungen, fehlende Innovation in einem Betrieb, etc. • 60% der Bevölkerung soll zukünftig in Städten wohnen. Eine Dezentralisierung von Behörden hat begonnen. • Aufforstung: 4 Millionen Hektar Wald neu pro Jahr. • Erste Null Energie Häuser aus dem 3D Drucker aus recycelten und natürlichen Materialien. • 30 Kategorien von Inhalten sind offiziell im chinesischen Netz verboten. Darunter Pornografie, Gewaltverherrlichung, Kriegsspiele, Rassismus, Nationalismus. Google, Facebook u.a. wurden gesperrt, weil sie diese Verbote nicht umsetzen konnten. Auf Grund der unterschiedlichen Kultur sind auch die Zugänge zu Problemlösungen unterschiedlich. In China wird etwas Neues einmal ohne Regulierung gestartet und dann mit praktischen Erfahrungen reguliert. Im Westen wird vorab reguliert. Generell hat sich die Zensur verändert. Internetplattformen sind voll mit Kritik, die dann von den Behörden aufgearbeitet wird. Im letzten Kapitel versucht der Autor Schlüsse zu ziehen. Warum gelang es in nur 35 Jahren (1978- 2012) China von einem Entwicklungsland zu einer führenden Industrienation zu werden? Was ist China? Kommunismus? Kapitalismus? Diktatur? Sozialistische Marktwirtschaft? Marktwirtschaftlicher Sozialismus? Chinesische Kapitalisten unterliegen den Vorgaben der Politik. Sie müssen sich den nationalen Entwicklungszielen unterordnen. Obwohl die größten und strategisch wichtigsten Unternehmen staatlich sind, werden KMUs wegen ihrer Innovationsfähigkeit gefördert. „Die politischen Vorgaben für die Märkte sind es, die die Märkte in China flexibel, innovativ, funktionsfähig und nützlich machen…“ (Seite 310) Zur Frage der Diktatur meint der Autor, dass „die chinesische Gesellschaft auf Netzwerk-Strukturen beruht, von der Familie über den Clan, die Dorfgemeinschaft, das persönliche berufliche Netzwerk (Guanxi), die älteren arbeitsbezogenen Netzwerke (Shequ), und natürlich darüberliegend die digitalen sozialen Netzwerke, und wie damit eine außergewöhnliche soziale Mobilisierung und politische Partizipation in einwohnerbezogenen, arbeitsplatzbezogenen, sozialpolitischen und eben auch allgemeinen politischen Fragen hervorgebracht und systematisch gefördert wurde.“ (Seite 311) Das Aufrechterhalten der Todesstrafe wird noch mit der konfuzianischen Ethik begründet: „Ein Mörder muss seine Tat mit dem eigenen Leben bezahlen.“ Generell wurde mit dem neuen Punktesystem ein Bestrafungs- und durch Gutpunkteerwerbung Wiedergutmachungssystem eingeführten. Wie kann es weitergehen? Man ist sich bewusst, dass eine Konsumökologie westlichen Stils mit 1,3 Milliarden Menschen nicht möglich ist. Unsere Erde würde das nicht aushalten. Xi Jinping beantwortet das selbst: „Wir wollen kein luxuriöses, verschwenderisches Leben. Wir wollen ein gutes Leben für alle.“ Dem Buchtitel entsprechend endet das letzte Kapitel mit der Definition „Peking muss lernen, in einer Zeit zu führen, in der die USA konfus und paranoid sind. Dazu mag gehören, Angriffe von einigen US-Politikern zu tolerieren, während man heimische Reformen durchführt und den Klimaschutz vorantreibt.“ (Seite 335) Ich habe schon lange kein Buch mehr mit so vielen Innovationen und Ideen gelesen. Dabei waren es keine Zukunftsabsichten, sondern Fakten über das Land China. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } ELSNER, Wolfram: „Das chinesische Jahrhundert. Die neue Nummer eins ist anders“, Frankfurt 2020 Gleich in der Einleitung macht der Autor klar, dass er lange kein Interesse an China hatte und auch sehr skeptisch war. „Noch vor etwa 15 Jahren hätte ich keinen Cent auf Chinas Zukunft gewettet.“ (Seite 13) So wie er sich langsam an dieses Thema annäherte und aus westlicher Sicht fast ausschließlich negativen Statement begegnete, führt er den Leser des Buches heran. Er stellte bewusst die negativen Schlagzeilen der europäischen und amerikanischen Zeitungen als Titel einzelnen Abschnitten voran, um diese dann mit Fakten und Zahlen zu hinterlegen. Dabei habe ich viel gelernt, obwohl ich glaubte vieles über China zu wissen, war ich doch in den letzten Jahrzehnten jedes Jahr ein oder mehrmals dort. Bei jedem meiner Besuche hatte ich zwar schon den Eindruck, dass sich vieles geändert hatte. Dass nach einem halben Jahr schon wieder einige neue Hochhäuser standen und der Bau der Metro in „meiner“ Stadt Wuhan in wenigen Jahren durchgezogen wurde. Ein Wiener Studienkollege, der bei den Wiener Stadtbetrieben arbeitet meinte „Da brauchen wir in Europa länger für die Planung, als dort für die Umsetzung des Projekts.“ Aber all meine Eindrücke waren gefühlsmäßig. Dieses Buch untermauerte dieses, mein Gefühl mit Fakten. Auch habe ich daraus gelernt, dass man mit eigenen Erfahrungen, die einige Zeit zurückliegen, vorsichtig sein muss. Sie sind überholt. Wenn Jemand vor Jahren in China war, der glaubt oft, China zu kennen und erzählt seine Erfahrungen weiter. Diese Erfahrungen sind aber meist schon lange überholt und China schaut nach 3 oder 5 Jahren anders aus. Wir westlichen Menschen können uns eine so schnelle Veränderung gar nicht vorstellen. Deswegen empfehle ich dieses Buch und möchte einige Erkenntnis exemplarisch wiedergeben. Es sind durchwegs Fakten. Dies ist auch deswegen wichtig, weil westliche Journalisten generell nur an negativen Meldungen interessiert sind und demnach auch über China (fast) nur Negatives berichten. Das ist schade, weil wir Europäer dadurch wenig über die wirklichen Veränderungen erfahren. Auch ist die Betrachtungsweise aus westlicher Sicht immer so, dass ein Abgleich der Kulturen stattfindet und sich die im Osten denen im Westen angleichen sollen. Aber welche Kultur ist besser? Der Autor bringt sehr sachlich die Situation der Uiguren und Tibeter und damit eine andere Sichtweise als die meisten europäischen und amerikanischen Medien. Aber auch keine propagandistische der Chinesen. Und jetzt einige Fakten, die ich bisher vermisste: • 2017 wurden 1000 Kohlekraftwerke geschlossen. • In 4 Jahren wurden 150 Kohlekraftwerke stillgelegt und durch Gas- und Solarenergie ersetzt. • 400.000 Elektrobusse waren 2019 in Betrieb. • 2017 waren weltweit mehr als die Hälfte der E-Autos in China zugelassen. In großen Städten werden keine Autos mit Verbrennungsmotoren zugelassen. In 2 Jahren wurde 1 Million Diesel-LKWs aus dem Verkehr gezogen. Ab 2050 soll es keine Autos mit Verbrennungsmotoren mehr geben. • 200 – 300 Millionen E-Bikes und 4 Millionen Low-Speed-Elektrofahrzeuge. • China arbeitet an batteriefreien E-Mobilitätskonzepten. Z.B. Induktionsstrom in der Fahrbahn aus Solarenergie. • Stahlkapazität im Umfang von 65 Millionen Tonnen wurde zurückgenommen. • Städte sind fast durchgehend mit WLAN versorgt. 92% aller Einkäufe werden mit dem Mobiltelefon getätigt. • Humanressourcen in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften mit 4,7 Millionen Absolventen (USA 600.000). • Zu den Schulden des chinesischen Staates: diese sind durch eigene Bankeinlagen gedeckt. Chinas Zentralbank ist um 50% geringer verschuldet als alle westlichen Industrieländer. Chinesen sparen 45% ihres Arbeitseinkommens. China verschuldet sich bei den eigenen Banken mit eigener chinesischer Währung. China hat keine nennenswerten Schulden bei der Weltbank und IWF. • Ist China verlässlicher Handelspartner? Das Forsa-Institut hat dazu 2019 2000 Führungskräfte befragt, die China verlässlicher als die USA oder Großbritannien einstuften. • Zwischen 2013 und 2016 wurden 13 Millionen nachhaltige, neue Arbeitsplätze geschaffen • Die Chinesen kopieren den Westen? Dazu die Firma Bosch: aus den chinesischen Niederlassungen bekommen wir mehr Innovationen als aus europäischen. • Steuern sind niedrig: 1300 Euro Monatseinkommen = 3%; Spitzensteuersatz ab 14.000 Euro pro Monat = 28%. Steuereinnahmen über Körperschaftssteuern der Unternehmen sind höher als Lohn- und Einkommenssteuereinnahmen. • 2050 = kohlenstofffreie Wirtschaft. 2020 = weltgrößter Erzeuger erneuerbarer Energie. 2022 40% der weltweiten sauberen Energie (WEF). Pariser Klimaziele für 2020 wurden bereits 2017 erreicht. • China ist das streikfreudigste Land der Welt. Streiks zu verschiedensten Themen: Einkommen, Lebensbedingungen, fehlende Innovation in einem Betrieb, etc. • 60% der Bevölkerung soll zukünftig in Städten wohnen. Eine Dezentralisierung von Behörden hat begonnen. • Aufforstung: 4 Millionen Hektar Wald neu pro Jahr. • Erste Null Energie Häuser aus dem 3D Drucker aus recycelten und natürlichen Materialien. • 30 Kategorien von Inhalten sind offiziell im chinesischen Netz verboten. Darunter Pornografie, Gewaltverherrlichung, Kriegsspiele, Rassismus, Nationalismus. Google, Facebook u.a. wurden gesperrt, weil sie diese Verbote nicht umsetzen konnten. Auf Grund der unterschiedlichen Kultur sind auch die Zugänge zu Problemlösungen unterschiedlich. In China wird etwas Neues einmal ohne Regulierung gestartet und dann mit praktischen Erfahrungen reguliert. Im Westen wird vorab reguliert. Generell hat sich die Zensur verändert. Internetplattformen sind voll mit Kritik, die dann von den Behörden aufgearbeitet wird. Im letzten Kapitel versucht der Autor Schlüsse zu ziehen. Warum gelang es in nur 35 Jahren (1978- 2012) China von einem Entwicklungsland zu einer führenden Industrienation zu werden? Was ist China? Kommunismus? Kapitalismus? Diktatur? Sozialistische Marktwirtschaft? Marktwirtschaftlicher Sozialismus? Chinesische Kapitalisten unterliegen den Vorgaben der Politik. Sie müssen sich den nationalen Entwicklungszielen unterordnen. Obwohl die größten und strategisch wichtigsten Unternehmen staatlich sind, werden KMUs wegen ihrer Innovationsfähigkeit gefördert. „Die politischen Vorgaben für die Märkte sind es, die die Märkte in China flexibel, innovativ, funktionsfähig und nützlich machen…“ (Seite 310) Zur Frage der Diktatur meint der Autor, dass „die chinesische Gesellschaft auf Netzwerk-Strukturen beruht, von der Familie über den Clan, die Dorfgemeinschaft, das persönliche berufliche Netzwerk (Guanxi), die älteren arbeitsbezogenen Netzwerke (Shequ), und natürlich darüberliegend die digitalen sozialen Netzwerke, und wie damit eine außergewöhnliche soziale Mobilisierung und politische Partizipation in einwohnerbezogenen, arbeitsplatzbezogenen, sozialpolitischen und eben auch allgemeinen politischen Fragen hervorgebracht und systematisch gefördert wurde.“ (Seite 311) Das Aufrechterhalten der Todesstrafe wird noch mit der konfuzianischen Ethik begründet: „Ein Mörder muss seine Tat mit dem eigenen Leben bezahlen.“ Generell wurde mit dem neuen Punktesystem ein Bestrafungs- und durch Gutpunkteerwerbung Wiedergutmachungssystem eingeführten. Wie kann es weitergehen? Man ist sich bewusst, dass eine Konsumökologie westlichen Stils mit 1,3 Milliarden Menschen nicht möglich ist. Unsere Erde würde das nicht aushalten. Xi Jinping beantwortet das selbst: „Wir wollen kein luxuriöses, verschwenderisches Leben. Wir wollen ein gutes Leben für alle.“ Dem Buchtitel entsprechend endet das letzte Kapitel mit der Definition „Peking muss lernen, in einer Zeit zu führen, in der die USA konfus und paranoid sind. Dazu mag gehören, Angriffe von einigen US-Politikern zu tolerieren, während man heimische Reformen durchführt und den Klimaschutz vorantreibt.“ (Seite 335) Ich habe schon lange kein Buch mehr mit so vielen Innovationen und Ideen gelesen. Dabei waren es keine Zukunftsabsichten, sondern Fakten über das Land China. |
KASPER Walter; AUGUSTIN, George (Hg) (Hrsg.) 2020. @book{KASPER2020, title = {Christsein und die Corona-Krise. Das Leben bezeugen in einer sterblichen Welt. Mit einem Geleitwort von Papst Franziskus}, editor = {KASPER, Walter; AUGUSTIN, George (Hg)}, year = {2020}, date = {2020-11-22}, abstract = {KASPER, Walter; AUGUSTIN, George (Hg): „Christsein und die Corona-Krise. Das Leben bezeugen in einer sterblichen Welt. Mit einem Geleitwort von Papst Franziskus“, Ostfildern 2020 Corona. Da müssen sich alle zu Wort melden und ihre Meinung wiedergeben. Auch Theologen. Hier eine christliche Gruppe. Gott sei Dank nicht zu konservativ. Keine Verschwörungstheorien und Gottesstrafdrohungen. Sachliche Darstellungen, die teilweise auch in anderen Fachbereichen und Wissenschaften verwendet werden könnten. Manche der Autoren nützen die Pandemie um auf die katholischen Messages hinzuweisen und diese durch Corona zu verstärken. Interessant einer – Mark-David Janus aus New York -, der selbst erkrankt war und seine Eindrücke schildert, wie er es erlebt hat. Davon erfährt man ja wenig. Die Regierungen vermitteln uns nur täglich Daten von Verstorbenen, Erkrankten und Hospitalisierten. Wie das aber für den Einzelnen aussieht erfährt man selten. Ich denke, das wäre auch das Effizientere. Wir sind alle Individuen. Und wie wir etwas erleben können, das ist wichtiger als Zahlen, zu denen ohnehin der Bezug fehlt. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } KASPER, Walter; AUGUSTIN, George (Hg): „Christsein und die Corona-Krise. Das Leben bezeugen in einer sterblichen Welt. Mit einem Geleitwort von Papst Franziskus“, Ostfildern 2020 Corona. Da müssen sich alle zu Wort melden und ihre Meinung wiedergeben. Auch Theologen. Hier eine christliche Gruppe. Gott sei Dank nicht zu konservativ. Keine Verschwörungstheorien und Gottesstrafdrohungen. Sachliche Darstellungen, die teilweise auch in anderen Fachbereichen und Wissenschaften verwendet werden könnten. Manche der Autoren nützen die Pandemie um auf die katholischen Messages hinzuweisen und diese durch Corona zu verstärken. Interessant einer – Mark-David Janus aus New York -, der selbst erkrankt war und seine Eindrücke schildert, wie er es erlebt hat. Davon erfährt man ja wenig. Die Regierungen vermitteln uns nur täglich Daten von Verstorbenen, Erkrankten und Hospitalisierten. Wie das aber für den Einzelnen aussieht erfährt man selten. Ich denke, das wäre auch das Effizientere. Wir sind alle Individuen. Und wie wir etwas erleben können, das ist wichtiger als Zahlen, zu denen ohnehin der Bezug fehlt. |
TURRINI, Peter C´est la vie. Ein Lebens-Lauf Buch 2020. @book{TURRINI2020d, title = {C´est la vie. Ein Lebens-Lauf}, author = {Peter TURRINI}, year = {2020}, date = {2020-11-20}, abstract = {TURRINI, Peter: „C´est la vie. Ein Lebens-Lauf“, Wien 2014 Eine Autobiografie des Dichters Peter Turrini. Es wäre nicht Turrini, wenn dies nicht nur ein normaler Lebenslauf wäre. Die Lebensbeschreibung setzt sich aus verschiedensten Textsorten zusammen: Texten, Gedichten, Tagebucheintragungen, Briefen und Gesprächen. Dem Untertitel „Lebens-Lauf“ werden seine Tiefs und Hochs des Lebens gerecht. Turrinis Lebensgefährtin Silke Hassler definiert es so: „Ein Begriff, der durchaus mehrdeutig ist, denn es ist nicht nur der Lauf eines Lebens mit all seinen Höhen und Tiefen, es ist vor allem die Geschwindigkeit, der Höllenritt eines Künstlers zwischen Triumph und Niederlage, Euphorie und Depression, Demütigung und Glücklichsein.“ (Seite 173) Silke Hassler ist nicht nur die Lebensgefährtin und Geliebte Turrinis, sie ist auch eine ausgezeichnete Kennerin des Schriftstellers Turrini. Schon als Schülerin las sie unter der Schulbank Turrinis „Rozznjogd“. In einem Nachwort zum Buch gibt sie eine ebenso geniale Beschreibung des Lebens von Turrini – wenn auch auf andere Art – wieder. Sie legt ihren Schwerpunkt auf die verschiedenen Werke. Sie beschreibt seine Phasen als Dramatiker, Gedichteschreiber, Romanautor und Fernsehfilmautor. „Zehn Jahre lang machte Turrini Fernsehfilme, aber am Ende war er ein Resignierender. Er, der den Menschen schreckliche, aufrüttelnde, traurige und komische Geschichten erzählen wollte, landete mit diesen zwischen Wetternachrichten, Lkw-Staus und Werbung für Fischstäbchen. Die Fernbedienung, dieses Mordinstrument gegen alles Literarische, unterbrach seine Geschichten, zerstückelte sie. Keine Chronologie, keine Biographie, kein Anfang, kein Höhepunkt, kein Finale, war mehr möglich.“ (Seite 168) Reumütig kehrte er zum Theater zurück, weil er da zumindest für ein oder zwei Stunden das Publikum alleine hatte. Er meint auch „Das Schönste am Theater ist, dass man immer wieder alles neu erfinden kann. Am Theater kann man alles behaupten, es muss nur interessant weitergehen. … Im Theater ist alles möglich, besonders das Gegenteil. Es ist keine Ordnung zu bringen.“ (Seite 139) Turrini beschreibt sein Leben von der Geburt weg – deren Uhrzeit nicht gesichert ist – bis zu einem möglichen Tod. Normalerweise kann eine Autobiografie nicht den Tod des Beschriebenen enthalten, weil er sein Leben ja selbst schreibt. Turrini wendet aber den Trick an und beschreibt einen möglichen Tod. So werden die letzten Eindrücke vor dem Aus-der-Weltscheiden beschrieben: „Die einzige Frage, die mich jetzt noch beschäftigt, ist ob ich dem Anlass entsprechend angezogen bin. Ist der Anzug, den ich anhabe, nicht zu salopp für meinen nahenden Tod? Wirkt dieses Hemd nicht etwas zu sportlich? Soll ich die Schuhe ausziehen und ein eleganteres Paar anziehen? Soll ich mich vorher noch rasieren oder gehört das zum Service des Beerdigungsunternehmens? Soll ich vorher noch aufs Klo gehen?“ (Seite 154) Von Kindheitserzählungen, Jugendträumen, ersten Liebeserfahrungen und ersten dichterischen Erfahrungen, die durch einen Komponisten des Dorfes unterstützt wurden, wird ein bunter Bogen über Gelegenheitsarbeiten hin zum Theater gezogen. Die Beschreibung eines Lebens, die kein Anderer besser und origineller hätte schreiben können als er selbst. Man erfährt auch Neues und Privates über Turrini. Trotzdem warnt Silke Hassler den Leser am Schluss: „Aber verfallen sie nicht in den Irrtum, dem Dichter Peter Turrini alles über den Dichter Peter Turrini zu glauben. Seine Sätze sind nicht immer ganz wahr, mitunter übertrieben, oftmals dramatisch, aber eines sind sie ganz gewiss: Sie sind immer wahrhaftig!“ }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } TURRINI, Peter: „C´est la vie. Ein Lebens-Lauf“, Wien 2014 Eine Autobiografie des Dichters Peter Turrini. Es wäre nicht Turrini, wenn dies nicht nur ein normaler Lebenslauf wäre. Die Lebensbeschreibung setzt sich aus verschiedensten Textsorten zusammen: Texten, Gedichten, Tagebucheintragungen, Briefen und Gesprächen. Dem Untertitel „Lebens-Lauf“ werden seine Tiefs und Hochs des Lebens gerecht. Turrinis Lebensgefährtin Silke Hassler definiert es so: „Ein Begriff, der durchaus mehrdeutig ist, denn es ist nicht nur der Lauf eines Lebens mit all seinen Höhen und Tiefen, es ist vor allem die Geschwindigkeit, der Höllenritt eines Künstlers zwischen Triumph und Niederlage, Euphorie und Depression, Demütigung und Glücklichsein.“ (Seite 173) Silke Hassler ist nicht nur die Lebensgefährtin und Geliebte Turrinis, sie ist auch eine ausgezeichnete Kennerin des Schriftstellers Turrini. Schon als Schülerin las sie unter der Schulbank Turrinis „Rozznjogd“. In einem Nachwort zum Buch gibt sie eine ebenso geniale Beschreibung des Lebens von Turrini – wenn auch auf andere Art – wieder. Sie legt ihren Schwerpunkt auf die verschiedenen Werke. Sie beschreibt seine Phasen als Dramatiker, Gedichteschreiber, Romanautor und Fernsehfilmautor. „Zehn Jahre lang machte Turrini Fernsehfilme, aber am Ende war er ein Resignierender. Er, der den Menschen schreckliche, aufrüttelnde, traurige und komische Geschichten erzählen wollte, landete mit diesen zwischen Wetternachrichten, Lkw-Staus und Werbung für Fischstäbchen. Die Fernbedienung, dieses Mordinstrument gegen alles Literarische, unterbrach seine Geschichten, zerstückelte sie. Keine Chronologie, keine Biographie, kein Anfang, kein Höhepunkt, kein Finale, war mehr möglich.“ (Seite 168) Reumütig kehrte er zum Theater zurück, weil er da zumindest für ein oder zwei Stunden das Publikum alleine hatte. Er meint auch „Das Schönste am Theater ist, dass man immer wieder alles neu erfinden kann. Am Theater kann man alles behaupten, es muss nur interessant weitergehen. … Im Theater ist alles möglich, besonders das Gegenteil. Es ist keine Ordnung zu bringen.“ (Seite 139) Turrini beschreibt sein Leben von der Geburt weg – deren Uhrzeit nicht gesichert ist – bis zu einem möglichen Tod. Normalerweise kann eine Autobiografie nicht den Tod des Beschriebenen enthalten, weil er sein Leben ja selbst schreibt. Turrini wendet aber den Trick an und beschreibt einen möglichen Tod. So werden die letzten Eindrücke vor dem Aus-der-Weltscheiden beschrieben: „Die einzige Frage, die mich jetzt noch beschäftigt, ist ob ich dem Anlass entsprechend angezogen bin. Ist der Anzug, den ich anhabe, nicht zu salopp für meinen nahenden Tod? Wirkt dieses Hemd nicht etwas zu sportlich? Soll ich die Schuhe ausziehen und ein eleganteres Paar anziehen? Soll ich mich vorher noch rasieren oder gehört das zum Service des Beerdigungsunternehmens? Soll ich vorher noch aufs Klo gehen?“ (Seite 154) Von Kindheitserzählungen, Jugendträumen, ersten Liebeserfahrungen und ersten dichterischen Erfahrungen, die durch einen Komponisten des Dorfes unterstützt wurden, wird ein bunter Bogen über Gelegenheitsarbeiten hin zum Theater gezogen. Die Beschreibung eines Lebens, die kein Anderer besser und origineller hätte schreiben können als er selbst. Man erfährt auch Neues und Privates über Turrini. Trotzdem warnt Silke Hassler den Leser am Schluss: „Aber verfallen sie nicht in den Irrtum, dem Dichter Peter Turrini alles über den Dichter Peter Turrini zu glauben. Seine Sätze sind nicht immer ganz wahr, mitunter übertrieben, oftmals dramatisch, aber eines sind sie ganz gewiss: Sie sind immer wahrhaftig!“ |
THALLER Heribert; KOLLER, Sepp 2020. @book{THALLER2020, title = {Land und Leute. Eine zeitgeschichtliche Photodokumentation über die Gemeinden Großsölk, Kleinsölk und St. Nikolai}, author = {THALLER, Heribert; KOLLER, Sepp}, year = {2020}, date = {2020-11-19}, abstract = {THALLER, Heribert; KOLLER, Sepp: „Land und Leute. Eine zeitgeschichtliche Photodokumentation über die Gemeinden Großsölk, Kleinsölk und St. Nikolai“, Schladming 2003 Eine sehr gute Dokumentation über dieses Tauerntal, das erst sehr spät erschlossen wurde. Ein sehr gutes Geschichtsdokument über die Art, wie die Leute dort lebten und heute leben. Die beiden Autoren haben viel Arbeit im Zusammentragen der vielen Fotografien investiert. Sachlich wurden sie gegliedert nach den Gemeindeteilen Stein an der Enns, Großsölk, Kleinsölk und Sankt Nikolai. In den einzelnen Kapiteln wurde die Forstwirtschaft, der Bauernstand, die Jagd und Fischerei, das Handwerk, das Gewerbe und der Handel und Katastrophen abgehandelt und schön mit Bildern illustriert. Es zeigt auch, dass die Bevölkerung der Sölktäler bereitwillig mitgearbeitet hat und Material zur Verfügung gestellt hat. So entstand dieses schöne Zeitdokument, wo ich auch viele Ahnen und Verwandte finden konnte, ist doch mein Vater 1919 in der Sölk geboren. }, keywords = {}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} } THALLER, Heribert; KOLLER, Sepp: „Land und Leute. Eine zeitgeschichtliche Photodokumentation über die Gemeinden Großsölk, Kleinsölk und St. Nikolai“, Schladming 2003 Eine sehr gute Dokumentation über dieses Tauerntal, das erst sehr spät erschlossen wurde. Ein sehr gutes Geschichtsdokument über die Art, wie die Leute dort lebten und heute leben. Die beiden Autoren haben viel Arbeit im Zusammentragen der vielen Fotografien investiert. Sachlich wurden sie gegliedert nach den Gemeindeteilen Stein an der Enns, Großsölk, Kleinsölk und Sankt Nikolai. In den einzelnen Kapiteln wurde die Forstwirtschaft, der Bauernstand, die Jagd und Fischerei, das Handwerk, das Gewerbe und der Handel und Katastrophen abgehandelt und schön mit Bildern illustriert. Es zeigt auch, dass die Bevölkerung der Sölktäler bereitwillig mitgearbeitet hat und Material zur Verfügung gestellt hat. So entstand dieses schöne Zeitdokument, wo ich auch viele Ahnen und Verwandte finden konnte, ist doch mein Vater 1919 in der Sölk geboren. |